Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Weberlied.
Frühmorgens, wenn der Tag bricht an,
Hört man uns schon mit Freuden
Ein schönes Liedlein stimmen an,
Und wacker drauf arbeiten.
Die Spule die ist unser Pflug,
Das Schifflein ist das Pferde,
Und damit machen mir gar klug
Das schönste Werk auf Erden.
Gar manche Jungfrau freundlich spricht:
Mach mir gut Tuch zu Betten,
Das Garn ist auch schon zugericht,
Zu Tischtuch und Servietten.
Webt mir die schönsten Bilder drein,
Macht mir darin kein Neste,
Das Trinkgeld sollt ihr haben fein,
Webt mirs aufs allerbeste.
Und wenn ein Kriegsheld zieht ins Feld
Mit seinen Wehr und Waffen,
So schlägt er auf ein Leinwandzelt,
Darunter thut er schlafen.
Die schönste Arbeit weben wir
Von Seiden, Flachs und Wolle,
Dem Fähndrich weben wir's Panier,
Daß ers erhalten solle.
Und ist die Leinwand nichts mehr werth,
Und ist die Fahn verloren,
So kömmt sie erst in rechten Werth,
Das Weberlied.
Fruͤhmorgens, wenn der Tag bricht an,
Hoͤrt man uns ſchon mit Freuden
Ein ſchoͤnes Liedlein ſtimmen an,
Und wacker drauf arbeiten.
Die Spule die iſt unſer Pflug,
Das Schifflein iſt das Pferde,
Und damit machen mir gar klug
Das ſchoͤnſte Werk auf Erden.
Gar manche Jungfrau freundlich ſpricht:
Mach mir gut Tuch zu Betten,
Das Garn iſt auch ſchon zugericht,
Zu Tiſchtuch und Servietten.
Webt mir die ſchoͤnſten Bilder drein,
Macht mir darin kein Neſte,
Das Trinkgeld ſollt ihr haben fein,
Webt mirs aufs allerbeſte.
Und wenn ein Kriegsheld zieht ins Feld
Mit ſeinen Wehr und Waffen,
So ſchlaͤgt er auf ein Leinwandzelt,
Darunter thut er ſchlafen.
Die ſchoͤnſte Arbeit weben wir
Von Seiden, Flachs und Wolle,
Dem Faͤhndrich weben wir's Panier,
Daß ers erhalten ſolle.
Und iſt die Leinwand nichts mehr werth,
Und iſt die Fahn verloren,
So koͤmmt ſie erſt in rechten Werth,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0410" n="398"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Das Weberlied</hi>.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">F</hi>ru&#x0364;hmorgens, wenn der Tag bricht an,</l><lb/>
              <l>Ho&#x0364;rt man uns &#x017F;chon mit Freuden</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;cho&#x0364;nes Liedlein &#x017F;timmen an,</l><lb/>
              <l>Und wacker drauf arbeiten.</l><lb/>
              <l>Die Spule die i&#x017F;t un&#x017F;er Pflug,</l><lb/>
              <l>Das Schifflein i&#x017F;t das Pferde,</l><lb/>
              <l>Und damit machen mir gar klug</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Werk auf Erden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Gar manche Jungfrau freundlich &#x017F;pricht:</l><lb/>
              <l>Mach mir gut Tuch zu Betten,</l><lb/>
              <l>Das Garn i&#x017F;t auch &#x017F;chon zugericht,</l><lb/>
              <l>Zu Ti&#x017F;chtuch und Servietten.</l><lb/>
              <l>Webt mir die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Bilder drein,</l><lb/>
              <l>Macht mir darin kein Ne&#x017F;te,</l><lb/>
              <l>Das Trinkgeld &#x017F;ollt ihr haben fein,</l><lb/>
              <l>Webt mirs aufs allerbe&#x017F;te.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Und wenn ein Kriegsheld zieht ins Feld</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;einen Wehr und Waffen,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;chla&#x0364;gt er auf ein Leinwandzelt,</l><lb/>
              <l>Darunter thut er &#x017F;chlafen.</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Arbeit weben wir</l><lb/>
              <l>Von Seiden, Flachs und Wolle,</l><lb/>
              <l>Dem Fa&#x0364;hndrich weben wir's Panier,</l><lb/>
              <l>Daß ers erhalten &#x017F;olle.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und i&#x017F;t die Leinwand nichts mehr werth,</l><lb/>
              <l>Und i&#x017F;t die Fahn verloren,</l><lb/>
              <l>So ko&#x0364;mmt &#x017F;ie er&#x017F;t in rechten Werth,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[398/0410] Das Weberlied. Fruͤhmorgens, wenn der Tag bricht an, Hoͤrt man uns ſchon mit Freuden Ein ſchoͤnes Liedlein ſtimmen an, Und wacker drauf arbeiten. Die Spule die iſt unſer Pflug, Das Schifflein iſt das Pferde, Und damit machen mir gar klug Das ſchoͤnſte Werk auf Erden. Gar manche Jungfrau freundlich ſpricht: Mach mir gut Tuch zu Betten, Das Garn iſt auch ſchon zugericht, Zu Tiſchtuch und Servietten. Webt mir die ſchoͤnſten Bilder drein, Macht mir darin kein Neſte, Das Trinkgeld ſollt ihr haben fein, Webt mirs aufs allerbeſte. Und wenn ein Kriegsheld zieht ins Feld Mit ſeinen Wehr und Waffen, So ſchlaͤgt er auf ein Leinwandzelt, Darunter thut er ſchlafen. Die ſchoͤnſte Arbeit weben wir Von Seiden, Flachs und Wolle, Dem Faͤhndrich weben wir's Panier, Daß ers erhalten ſolle. Und iſt die Leinwand nichts mehr werth, Und iſt die Fahn verloren, So koͤmmt ſie erſt in rechten Werth,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/410
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/410>, abgerufen am 19.11.2024.