Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.Was zog er aus der Taschen? Ein Messer, war scharf und spitz, Er stachs seiner Lieben durchs Herze, Das rothe Blut gegen ihn spritzt. Und da ers wieder herausser zog, Von Blut war es so roth: "Ach reicher Gott vom Himmel, "Wie bitter wird mir der Tod!" Was zog er ihr abe vom Finger? Ein rothes Goldringelein, Er warfs in fliessend Wasser, Es gab seinen klaren Schein: "Schwimm hin, schwimm her, Goldringelein! "Bis an den tiefen See! "Mein Feinslieb ist mir gestorben, "Jzt hab ich kein Feinslieb mehr." So gehts, wenn ein Mädel zwei Knaben lieb hat, Thut wunderselten gut; Das haben wir Beyd' erfahren, Was falsche Liebe thut. Der Herr am Oelberg und der Himmelsschäfer. Trutz Nachtigal von Spee. S. 211. Der Schäfer. Mond des Himmels treib zur Weide Deine Schäflein gülden gelb, Was zog er aus der Taſchen? Ein Meſſer, war ſcharf und ſpitz, Er ſtachs ſeiner Lieben durchs Herze, Das rothe Blut gegen ihn ſpritzt. Und da ers wieder herauſſer zog, Von Blut war es ſo roth: „Ach reicher Gott vom Himmel, „Wie bitter wird mir der Tod!“ Was zog er ihr abe vom Finger? Ein rothes Goldringelein, Er warfs in flieſſend Waſſer, Es gab ſeinen klaren Schein: „Schwimm hin, ſchwimm her, Goldringelein! „Bis an den tiefen See! „Mein Feinslieb iſt mir geſtorben, „Jzt hab ich kein Feinslieb mehr.“ So gehts, wenn ein Maͤdel zwei Knaben lieb hat, Thut wunderſelten gut; Das haben wir Beyd' erfahren, Was falſche Liebe thut. Der Herr am Oelberg und der Himmelsſchaͤfer. Trutz Nachtigal von Spee. S. 211. Der Schaͤfer. Mond des Himmels treib zur Weide Deine Schaͤflein guͤlden gelb, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0302" n="283[293]"/> <lg n="4"> <l>Was zog er aus der Taſchen?</l><lb/> <l>Ein Meſſer, war ſcharf und ſpitz,</l><lb/> <l>Er ſtachs ſeiner Lieben durchs Herze,</l><lb/> <l>Das rothe Blut gegen ihn ſpritzt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und da ers wieder herauſſer zog,</l><lb/> <l>Von Blut war es ſo roth:</l><lb/> <l>„Ach reicher Gott vom Himmel,</l><lb/> <l>„Wie bitter wird mir der Tod!“</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Was zog er ihr abe vom Finger?</l><lb/> <l>Ein rothes Goldringelein,</l><lb/> <l>Er warfs in flieſſend Waſſer,</l><lb/> <l>Es gab ſeinen klaren Schein:</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>„Schwimm hin, ſchwimm her, Goldringelein!</l><lb/> <l>„Bis an den tiefen See!</l><lb/> <l>„Mein Feinslieb iſt mir geſtorben,</l><lb/> <l>„Jzt hab ich kein Feinslieb mehr.“</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>So gehts, wenn ein Maͤdel zwei Knaben lieb hat,</l><lb/> <l>Thut wunderſelten gut;</l><lb/> <l>Das haben wir Beyd' erfahren,</l><lb/> <l>Was falſche Liebe thut.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>Der Herr am Oelberg und der Himmelsſchaͤfer.</head><lb/> <p rendition="#c">Trutz Nachtigal von Spee. S. 211.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <head><hi rendition="#g">Der Schaͤfer</hi>.</head><lb/> <l><hi rendition="#in">M</hi>ond des Himmels treib zur Weide</l><lb/> <l>Deine Schaͤflein guͤlden gelb,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [283[293]/0302]
Was zog er aus der Taſchen?
Ein Meſſer, war ſcharf und ſpitz,
Er ſtachs ſeiner Lieben durchs Herze,
Das rothe Blut gegen ihn ſpritzt.
Und da ers wieder herauſſer zog,
Von Blut war es ſo roth:
„Ach reicher Gott vom Himmel,
„Wie bitter wird mir der Tod!“
Was zog er ihr abe vom Finger?
Ein rothes Goldringelein,
Er warfs in flieſſend Waſſer,
Es gab ſeinen klaren Schein:
„Schwimm hin, ſchwimm her, Goldringelein!
„Bis an den tiefen See!
„Mein Feinslieb iſt mir geſtorben,
„Jzt hab ich kein Feinslieb mehr.“
So gehts, wenn ein Maͤdel zwei Knaben lieb hat,
Thut wunderſelten gut;
Das haben wir Beyd' erfahren,
Was falſche Liebe thut.
Der Herr am Oelberg und der Himmelsſchaͤfer.
Trutz Nachtigal von Spee. S. 211.
Der Schaͤfer.
Mond des Himmels treib zur Weide
Deine Schaͤflein guͤlden gelb,
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