Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
Sr. Excellenz
des Herrn Geheimerath von Göthe
.

"Auf dem Reichstage zu Augsburg geschah ein guter
"Schwank von Grünenwald, Singer an des Herzogs
"Wilhelmen von München Hof. Er war ein guter Mu-
"sikus und Zechbruder, nahm nicht für gut was ihm an
"seines gnädigen Fürsten und Herren Tisch aufgetragen
"ward, sunder sucht sich anderswo gute Gesellschaft, so
"seines Gefallens und Kopfs wäre, mit ihm tapfer dämpf-
"ten und zechten, kam so weit hinein, daß alle Geschenke
"in der Schenken für nasse Waar und gute Bislein da-
"hin gingen; nach mußt die Maus bas getauft werden,
"er macht dem Wirth bey acht Gulden an die Wand.
"Als der Wirth erfuhr, daß der Herzog von München
"sammt andern Fürsten-Herren aufbrechen wollte, so kam
"er zu dem guten Grünenwald, fodret seine angeschriebene
"Schuld. Lieber Wirth, sagt Grünenwald, ich bitt euch
"von wegen guter und freundlicher Gesellschaft, so wir
"nun lang zusammen gehabt, lassen die Sach also auf
"diesmal beruhen, bis ich gen München komm, denn ich
"bin jetzt zumal nicht verfaßt, wir haben doch nicht so
"gar weit zusammen, ich kanns euch alle Tag schicken, denn
"ich hab noch Kleinod und Geld zu München, das mir

Sr. Excellenz
des Herrn Geheimerath von Göthe
.

Auf dem Reichstage zu Augsburg geſchah ein guter
„Schwank von Gruͤnenwald, Singer an des Herzogs
„Wilhelmen von Muͤnchen Hof. Er war ein guter Mu-
„ſikus und Zechbruder, nahm nicht fuͤr gut was ihm an
„ſeines gnaͤdigen Fuͤrſten und Herren Tiſch aufgetragen
„ward, ſunder ſucht ſich anderswo gute Geſellſchaft, ſo
„ſeines Gefallens und Kopfs waͤre, mit ihm tapfer daͤmpf-
„ten und zechten, kam ſo weit hinein, daß alle Geſchenke
„in der Schenken fuͤr naſſe Waar und gute Bislein da-
„hin gingen; nach mußt die Maus bas getauft werden,
„er macht dem Wirth bey acht Gulden an die Wand.
„Als der Wirth erfuhr, daß der Herzog von Muͤnchen
„ſammt andern Fuͤrſten-Herren aufbrechen wollte, ſo kam
„er zu dem guten Gruͤnenwald, fodret ſeine angeſchriebene
„Schuld. Lieber Wirth, ſagt Gruͤnenwald, ich bitt euch
„von wegen guter und freundlicher Geſellſchaft, ſo wir
„nun lang zuſammen gehabt, laſſen die Sach alſo auf
„diesmal beruhen, bis ich gen Muͤnchen komm, denn ich
„bin jetzt zumal nicht verfaßt, wir haben doch nicht ſo
„gar weit zuſammen, ich kanns euch alle Tag ſchicken, denn
„ich hab noch Kleinod und Geld zu Muͤnchen, das mir

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0012" n="[3]"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Sr</hi>. <hi rendition="#g">Excellenz<lb/>
des Herrn Geheimerath von Göthe</hi>.</head><lb/>
        <p>&#x201E;<hi rendition="#in">A</hi>uf dem Reichstage zu Augsburg ge&#x017F;chah ein guter<lb/>
&#x201E;Schwank von Gru&#x0364;nenwald, Singer an des Herzogs<lb/>
&#x201E;Wilhelmen von Mu&#x0364;nchen Hof. Er war ein guter Mu-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ikus und Zechbruder, nahm nicht fu&#x0364;r gut was ihm an<lb/>
&#x201E;&#x017F;eines gna&#x0364;digen Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Herren Ti&#x017F;ch aufgetragen<lb/>
&#x201E;ward, &#x017F;under &#x017F;ucht &#x017F;ich anderswo gute Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, &#x017F;o<lb/>
&#x201E;&#x017F;eines Gefallens und Kopfs wa&#x0364;re, mit ihm tapfer da&#x0364;mpf-<lb/>
&#x201E;ten und zechten, kam &#x017F;o weit hinein, daß alle Ge&#x017F;chenke<lb/>
&#x201E;in der Schenken fu&#x0364;r na&#x017F;&#x017F;e Waar und gute Bislein da-<lb/>
&#x201E;hin gingen; nach mußt die Maus bas getauft werden,<lb/>
&#x201E;er macht dem Wirth bey acht Gulden an die Wand.<lb/>
&#x201E;Als der Wirth erfuhr, daß der Herzog von Mu&#x0364;nchen<lb/>
&#x201E;&#x017F;ammt andern Fu&#x0364;r&#x017F;ten-Herren aufbrechen wollte, &#x017F;o kam<lb/>
&#x201E;er zu dem guten Gru&#x0364;nenwald, fodret &#x017F;eine ange&#x017F;chriebene<lb/>
&#x201E;Schuld. Lieber Wirth, &#x017F;agt Gru&#x0364;nenwald, ich bitt euch<lb/>
&#x201E;von wegen guter und freundlicher Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, &#x017F;o wir<lb/>
&#x201E;nun lang zu&#x017F;ammen gehabt, la&#x017F;&#x017F;en die Sach al&#x017F;o auf<lb/>
&#x201E;diesmal beruhen, bis ich gen Mu&#x0364;nchen komm, denn ich<lb/>
&#x201E;bin jetzt zumal nicht verfaßt, wir haben doch nicht &#x017F;o<lb/>
&#x201E;gar weit zu&#x017F;ammen, ich kanns euch alle Tag &#x017F;chicken, denn<lb/>
&#x201E;ich hab noch Kleinod und Geld zu Mu&#x0364;nchen, das mir<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[[3]/0012] Sr. Excellenz des Herrn Geheimerath von Göthe. „Auf dem Reichstage zu Augsburg geſchah ein guter „Schwank von Gruͤnenwald, Singer an des Herzogs „Wilhelmen von Muͤnchen Hof. Er war ein guter Mu- „ſikus und Zechbruder, nahm nicht fuͤr gut was ihm an „ſeines gnaͤdigen Fuͤrſten und Herren Tiſch aufgetragen „ward, ſunder ſucht ſich anderswo gute Geſellſchaft, ſo „ſeines Gefallens und Kopfs waͤre, mit ihm tapfer daͤmpf- „ten und zechten, kam ſo weit hinein, daß alle Geſchenke „in der Schenken fuͤr naſſe Waar und gute Bislein da- „hin gingen; nach mußt die Maus bas getauft werden, „er macht dem Wirth bey acht Gulden an die Wand. „Als der Wirth erfuhr, daß der Herzog von Muͤnchen „ſammt andern Fuͤrſten-Herren aufbrechen wollte, ſo kam „er zu dem guten Gruͤnenwald, fodret ſeine angeſchriebene „Schuld. Lieber Wirth, ſagt Gruͤnenwald, ich bitt euch „von wegen guter und freundlicher Geſellſchaft, ſo wir „nun lang zuſammen gehabt, laſſen die Sach alſo auf „diesmal beruhen, bis ich gen Muͤnchen komm, denn ich „bin jetzt zumal nicht verfaßt, wir haben doch nicht ſo „gar weit zuſammen, ich kanns euch alle Tag ſchicken, denn „ich hab noch Kleinod und Geld zu Muͤnchen, das mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/12
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/12>, abgerufen am 19.11.2024.