Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.Dann nahm er den Adler bei der Hand und fügte noch bei: 22. Der vortheilhafte Hausverkauf Ein Paar Stunden nachher fuhr ein leichtes Fuhrwerk "Versteht Jhr's denn vielleicht besser, wenn ich Euch an- Dann nahm er den Adler bei der Hand und fügte noch bei: 22. Der vortheilhafte Hausverkauf Ein Paar Stunden nachher fuhr ein leichtes Fuhrwerk „Verſteht Jhr’s denn vielleicht beſſer, wenn ich Euch an- <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0064"/> Dann nahm er den Adler bei der Hand und fügte noch bei:<lb/> „Erlaubt, daß ich der Erſte bin, der Euch zu einem ſo braven<lb/> Schwiegerſohne Glück wünſcht. Seine Majeſtät wird ſich herz-<lb/> lich freuen. Jch denke, daß Franz noch heute kommt, um zu<lb/> freien. Gehabt Euch wohl.“ Damit verließ er den Adlerhof.</p><lb/> </div> <div type="chapter"> <head>22. Der vortheilhafte Hausverkauf</head><lb/> <p>Ein Paar Stunden nachher fuhr ein leichtes Fuhrwerk<lb/> aus dem königlichen Schloßhof und den See entlang nach<lb/> Gmund. Derſelbe Vertraute trat in’s Wiesbauerhaus, wo er<lb/> den Franz und deſſen Mutter eben bei einer Schüſſel Milch<lb/> beiſammen fand. Nach dem üblichen gegenſeitigen: „Grüß Gott!“<lb/> ſagte der Fremde friſch heraus, der König habe Luſt das Haus<lb/> mit allem was dazu gehört zu kaufen, und biete dafür die<lb/> Summe von tauſend Gulden. „<hi rendition="#g">Mein</hi> Häuſel“, frug der Franzl<lb/> erſtaunt, „hat dem Herrn König ſo gut gefallen? es ſind ja<lb/> doch wohl ein Dutzend ſchönere in Gmund, und tauſend Gulden<lb/> ſind ja viel zu viel, iſt’s doch kaum die Hälfte werth.“ — „Ei<lb/> nun“, erwiederte Erſterer lächelnd, „wenn es Seine Majeſtät ſo<lb/> hoch ſchätzt, ſo werdet Jhr doch nicht böſe darüber ſein?“ „Bei-<lb/> leib“ ſagte der Franzl, „ich bin ja ganz dankbar, aber verſtehen<lb/> kann ich das Ding nicht.“</p><lb/> <p>„Verſteht Jhr’s denn vielleicht beſſer, wenn ich Euch an-<lb/> kündige, daß unſer gnädiger König Euch noch fünf hundert Gul-<lb/> den dazu ſchenken will, und daß Jhr dann um die ſchöne Adler-<lb/> resl, die ſchon einmal Eure Braut vorſtellte, in Wirklichkeit<lb/> freien könnt?“ „Was? um meine Resl?“ frug Franz, „wär’s<lb/> denn möglich?“ „Jch ſelbſt habe die Zuſage des Adlers, und<lb/> die ſchöne Resl erwartet Euch.“ „Herr, ich werd’ ein Narr<lb/> vor Freud’!“ ſchrie Franz und griff mit beiden Händen nach<lb/> ſeinem Kopfe. — „Das wäre ſehr zur Unzeit“, meinte der<lb/> Fremde. „Zieht Euch lieber hübſch an, und fahrt gleich mit<lb/> mir bis Tegernſee, damit Jhr um ſo viel früher zu Eurer<lb/> Braut kommt.“ Mit dem Ausruf: „Mein Gott! wie hab’ ich<lb/> denn all’ das Glück verdient!“ ſprang der Franzl in die Ober-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0064]
Dann nahm er den Adler bei der Hand und fügte noch bei:
„Erlaubt, daß ich der Erſte bin, der Euch zu einem ſo braven
Schwiegerſohne Glück wünſcht. Seine Majeſtät wird ſich herz-
lich freuen. Jch denke, daß Franz noch heute kommt, um zu
freien. Gehabt Euch wohl.“ Damit verließ er den Adlerhof.
22. Der vortheilhafte Hausverkauf
Ein Paar Stunden nachher fuhr ein leichtes Fuhrwerk
aus dem königlichen Schloßhof und den See entlang nach
Gmund. Derſelbe Vertraute trat in’s Wiesbauerhaus, wo er
den Franz und deſſen Mutter eben bei einer Schüſſel Milch
beiſammen fand. Nach dem üblichen gegenſeitigen: „Grüß Gott!“
ſagte der Fremde friſch heraus, der König habe Luſt das Haus
mit allem was dazu gehört zu kaufen, und biete dafür die
Summe von tauſend Gulden. „Mein Häuſel“, frug der Franzl
erſtaunt, „hat dem Herrn König ſo gut gefallen? es ſind ja
doch wohl ein Dutzend ſchönere in Gmund, und tauſend Gulden
ſind ja viel zu viel, iſt’s doch kaum die Hälfte werth.“ — „Ei
nun“, erwiederte Erſterer lächelnd, „wenn es Seine Majeſtät ſo
hoch ſchätzt, ſo werdet Jhr doch nicht böſe darüber ſein?“ „Bei-
leib“ ſagte der Franzl, „ich bin ja ganz dankbar, aber verſtehen
kann ich das Ding nicht.“
„Verſteht Jhr’s denn vielleicht beſſer, wenn ich Euch an-
kündige, daß unſer gnädiger König Euch noch fünf hundert Gul-
den dazu ſchenken will, und daß Jhr dann um die ſchöne Adler-
resl, die ſchon einmal Eure Braut vorſtellte, in Wirklichkeit
freien könnt?“ „Was? um meine Resl?“ frug Franz, „wär’s
denn möglich?“ „Jch ſelbſt habe die Zuſage des Adlers, und
die ſchöne Resl erwartet Euch.“ „Herr, ich werd’ ein Narr
vor Freud’!“ ſchrie Franz und griff mit beiden Händen nach
ſeinem Kopfe. — „Das wäre ſehr zur Unzeit“, meinte der
Fremde. „Zieht Euch lieber hübſch an, und fahrt gleich mit
mir bis Tegernſee, damit Jhr um ſo viel früher zu Eurer
Braut kommt.“ Mit dem Ausruf: „Mein Gott! wie hab’ ich
denn all’ das Glück verdient!“ ſprang der Franzl in die Ober-
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