Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Fritz Lemmermayer. Lebensergebniß. Originalbeitrag. In angstvollen Nächten, Frierend und schaudernd, In Tagen, kalt und trostlos, Ist sie mir kund geworden, Die schreckliche Wahrheit; Hab' ich es kennen, Doch leider zu fassen nicht Gelernt, Das unerbittliche Gesetz; ohn' Erbarmen Ward er mir verkündet Mit ehernen Zungen, Unter Sturm und Klage, Der eisige Spruch der Parze: Du mußt, o Mensch! Begraben dein Liebstes, Oder du mußt, Du banger Geselle, Von deinem Liebsten Begraben dich lassen! -- Von beiden welches Dünkt dir das Härt're? -- Sinne und grüble In Tagen und Nächten Der Frage nach, Und schaudre und lerne Fassen und tragen Die schreckliche Wahrheit! Fritz Lemmermayer. Lebensergebniß. Originalbeitrag. In angſtvollen Nächten, Frierend und ſchaudernd, In Tagen, kalt und troſtlos, Iſt ſie mir kund geworden, Die ſchreckliche Wahrheit; Hab’ ich es kennen, Doch leider zu faſſen nicht Gelernt, Das unerbittliche Geſetz; ohn’ Erbarmen Ward er mir verkündet Mit ehernen Zungen, Unter Sturm und Klage, Der eiſige Spruch der Parze: Du mußt, o Menſch! Begraben dein Liebſtes, Oder du mußt, Du banger Geſelle, Von deinem Liebſten Begraben dich laſſen! — Von beiden welches Dünkt dir das Härt’re? — Sinne und grüble In Tagen und Nächten Der Frage nach, Und ſchaudre und lerne Faſſen und tragen Die ſchreckliche Wahrheit! <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0094" n="[76]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Fritz Lemmermayer.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Lebensergebniß.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>n angſtvollen Nächten,</l><lb/> <l>Frierend und ſchaudernd,</l><lb/> <l>In Tagen, kalt und troſtlos,</l><lb/> <l>Iſt ſie mir kund geworden,</l><lb/> <l>Die ſchreckliche Wahrheit;</l><lb/> <l>Hab’ ich es kennen,</l><lb/> <l>Doch leider zu faſſen nicht</l><lb/> <l>Gelernt,</l><lb/> <l>Das unerbittliche</l><lb/> <l>Geſetz; ohn’ Erbarmen</l><lb/> <l>Ward er mir verkündet</l><lb/> <l>Mit ehernen Zungen,</l><lb/> <l>Unter Sturm und Klage,</l><lb/> <l>Der eiſige Spruch der Parze:</l><lb/> <l>Du mußt, o Menſch!</l><lb/> <l>Begraben dein Liebſtes,</l><lb/> <l>Oder du mußt,</l><lb/> <l>Du banger Geſelle,</l><lb/> <l>Von deinem Liebſten</l><lb/> <l>Begraben dich laſſen! —</l><lb/> <l>Von beiden welches</l><lb/> <l>Dünkt dir das Härt’re? —</l><lb/> <l>Sinne und grüble</l><lb/> <l>In Tagen und Nächten</l><lb/> <l>Der Frage nach,</l><lb/> <l>Und ſchaudre und lerne</l><lb/> <l>Faſſen und tragen</l><lb/> <l>Die ſchreckliche Wahrheit!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [[76]/0094]
Fritz Lemmermayer.
Lebensergebniß.
Originalbeitrag.
In angſtvollen Nächten,
Frierend und ſchaudernd,
In Tagen, kalt und troſtlos,
Iſt ſie mir kund geworden,
Die ſchreckliche Wahrheit;
Hab’ ich es kennen,
Doch leider zu faſſen nicht
Gelernt,
Das unerbittliche
Geſetz; ohn’ Erbarmen
Ward er mir verkündet
Mit ehernen Zungen,
Unter Sturm und Klage,
Der eiſige Spruch der Parze:
Du mußt, o Menſch!
Begraben dein Liebſtes,
Oder du mußt,
Du banger Geſelle,
Von deinem Liebſten
Begraben dich laſſen! —
Von beiden welches
Dünkt dir das Härt’re? —
Sinne und grüble
In Tagen und Nächten
Der Frage nach,
Und ſchaudre und lerne
Faſſen und tragen
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