Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Julius Hart. In der Einsamkeit. 1884. Originalbeitrag. Fernab fällt wie fortwandelnder Stürme Sausen Hin verworrener Lärm der Riesenweltstadt, Und in's Ohr nur tönt mir selten Noch ein Ruf und müdes Kinderlallen. Lockte der erste Maiensonntag Bunte jubelnde Menschenfluthen Fort und weg zu goldigspiegelnden Wassern, In das weißlichschillernde Frühlingsgrün; Walten alle, jauchzenden Herzens, Wie zum Gnadenbilde der Himmelsfürstin Singende Mönche mit seidenen Bannern wallen. Doch mich warf die glänzende Fluth zur Seite, Da in Schmerzen erschauerte meine Seele, Und ich wandte, Dunkel im Herzen, Wandte die Schritte denn ein jedes Liebeathmende Frauenantlitz Mahnte mich an deine Schönheit, Deine trunkenen Küsse und die Lüge Deines Herzens. Nimm mich auf, nimm mich auf, Einsamkeit in deinen Dom, Laß eintreten mich, Friedsuchenden, Und vor deinem Altar in Opferschalen Ausgießen mein Blut und meine Thränen. An deinen Busen nimm mein Haupt! Ueber mir nur Sternflammen Und wehende Wolken . . . . . . Hier versink' ich im weiten Raum, Wandle wie Ihr leuchtende Himmelsseelen Allein -- allein in endlosen Weiten. Julius Hart. In der Einſamkeit. 1884. Originalbeitrag. Fernab fällt wie fortwandelnder Stürme Sauſen Hin verworrener Lärm der Rieſenweltſtadt, Und in’s Ohr nur tönt mir ſelten Noch ein Ruf und müdes Kinderlallen. Lockte der erſte Maienſonntag Bunte jubelnde Menſchenfluthen Fort und weg zu goldigſpiegelnden Waſſern, In das weißlichſchillernde Frühlingsgrün; Walten alle, jauchzenden Herzens, Wie zum Gnadenbilde der Himmelsfürſtin Singende Mönche mit ſeidenen Bannern wallen. Doch mich warf die glänzende Fluth zur Seite, Da in Schmerzen erſchauerte meine Seele, Und ich wandte, Dunkel im Herzen, Wandte die Schritte denn ein jedes Liebeathmende Frauenantlitz Mahnte mich an deine Schönheit, Deine trunkenen Küſſe und die Lüge Deines Herzens. Nimm mich auf, nimm mich auf, Einſamkeit in deinen Dom, Laß eintreten mich, Friedſuchenden, Und vor deinem Altar in Opferſchalen Ausgießen mein Blut und meine Thränen. An deinen Buſen nimm mein Haupt! Ueber mir nur Sternflammen Und wehende Wolken . . . . . . Hier verſink’ ich im weiten Raum, Wandle wie Ihr leuchtende Himmelsſeelen Allein — allein in endloſen Weiten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0090" n="72"/> <fw place="top" type="header">Julius Hart.</fw><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">In der Einſamkeit.</hi><lb/> 1884.</head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Fernab fällt wie fortwandelnder Stürme Sauſen</l><lb/> <l>Hin verworrener Lärm der Rieſenweltſtadt,</l><lb/> <l>Und in’s Ohr nur tönt mir ſelten</l><lb/> <l>Noch ein Ruf und müdes Kinderlallen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Lockte der erſte Maienſonntag</l><lb/> <l>Bunte jubelnde Menſchenfluthen</l><lb/> <l>Fort und weg zu goldigſpiegelnden Waſſern,</l><lb/> <l>In das weißlichſchillernde Frühlingsgrün;</l><lb/> <l>Walten alle, jauchzenden Herzens,</l><lb/> <l>Wie zum Gnadenbilde der Himmelsfürſtin</l><lb/> <l>Singende Mönche mit ſeidenen Bannern wallen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch mich warf die glänzende Fluth zur Seite,</l><lb/> <l>Da in Schmerzen erſchauerte meine Seele,</l><lb/> <l>Und ich wandte, Dunkel im Herzen,</l><lb/> <l>Wandte die Schritte denn ein jedes</l><lb/> <l>Liebeathmende Frauenantlitz</l><lb/> <l>Mahnte mich an deine Schönheit,</l><lb/> <l>Deine trunkenen Küſſe und die Lüge</l><lb/> <l>Deines Herzens.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nimm mich auf, nimm mich auf,</l><lb/> <l>Einſamkeit in deinen Dom,</l><lb/> <l>Laß eintreten mich, Friedſuchenden,</l><lb/> <l>Und vor deinem Altar in Opferſchalen</l><lb/> <l>Ausgießen mein Blut und meine Thränen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>An deinen Buſen nimm mein Haupt!</l><lb/> <l>Ueber mir nur Sternflammen</l><lb/> <l>Und wehende Wolken . . . . . .</l><lb/> <l>Hier verſink’ ich im weiten Raum,</l><lb/> <l>Wandle wie Ihr leuchtende Himmelsſeelen</l><lb/> <l>Allein — allein in endloſen Weiten.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0090]
Julius Hart.
In der Einſamkeit.
1884.
Originalbeitrag.
Fernab fällt wie fortwandelnder Stürme Sauſen
Hin verworrener Lärm der Rieſenweltſtadt,
Und in’s Ohr nur tönt mir ſelten
Noch ein Ruf und müdes Kinderlallen.
Lockte der erſte Maienſonntag
Bunte jubelnde Menſchenfluthen
Fort und weg zu goldigſpiegelnden Waſſern,
In das weißlichſchillernde Frühlingsgrün;
Walten alle, jauchzenden Herzens,
Wie zum Gnadenbilde der Himmelsfürſtin
Singende Mönche mit ſeidenen Bannern wallen.
Doch mich warf die glänzende Fluth zur Seite,
Da in Schmerzen erſchauerte meine Seele,
Und ich wandte, Dunkel im Herzen,
Wandte die Schritte denn ein jedes
Liebeathmende Frauenantlitz
Mahnte mich an deine Schönheit,
Deine trunkenen Küſſe und die Lüge
Deines Herzens.
Nimm mich auf, nimm mich auf,
Einſamkeit in deinen Dom,
Laß eintreten mich, Friedſuchenden,
Und vor deinem Altar in Opferſchalen
Ausgießen mein Blut und meine Thränen.
An deinen Buſen nimm mein Haupt!
Ueber mir nur Sternflammen
Und wehende Wolken . . . . . .
Hier verſink’ ich im weiten Raum,
Wandle wie Ihr leuchtende Himmelsſeelen
Allein — allein in endloſen Weiten.
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