Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Oscar Linke. Wie mich die Geisterstille Der Winternacht erweckte! Wie mich die Todesruhe Im Dunkel rings erschreckte! ... O warum schwiegst du nur So geisterhaft, o Todtenuhr? Ach Würmchen, nun belohnet, Sagt' ich mir unter Thränen, Wohl eines Weibchens Liebe Dein liebewerbend' Sehnen ... Ich bin so einsam nur -- O poche wieder, Todtenuhr, O poche, poche, Todtenuhr! Von Liebe etwas. Originalbeitrag. Viele tausend Male sei du mir gesegnet, Rosenblüthenmund, Dem noch nicht der letzte Tropfen ist begegnet Auf des Bechers Grund. Dich auch will ich segnen, dich auch selig preisen, Ohrenmuschelpaar, Das noch kindlich staunend höret auf den leisen Sang der Sternenschaar. Rosenblüthenlippen, Ohrenmuschelpärchen Werden arg befehden Deine Veilchenaugen; wirst nach einem Jährchen Schon von Liebe reden. Ach von jener Liebe, die nur in Gedichten Noch so reizvoll glüht, Die wie leis verscholl'ne Mährchentraumgeschichten Längst schon ist verblüht, verblüht! Oscar Linke. Wie mich die Geiſterſtille Der Winternacht erweckte! Wie mich die Todesruhe Im Dunkel rings erſchreckte! … O warum ſchwiegſt du nur So geiſterhaft, o Todtenuhr? Ach Würmchen, nun belohnet, Sagt’ ich mir unter Thränen, Wohl eines Weibchens Liebe Dein liebewerbend’ Sehnen … Ich bin ſo einſam nur — O poche wieder, Todtenuhr, O poche, poche, Todtenuhr! Von Liebe etwas. Originalbeitrag. Viele tauſend Male ſei du mir geſegnet, Roſenblüthenmund, Dem noch nicht der letzte Tropfen iſt begegnet Auf des Bechers Grund. Dich auch will ich ſegnen, dich auch ſelig preiſen, Ohrenmuſchelpaar, Das noch kindlich ſtaunend höret auf den leiſen Sang der Sternenſchaar. Roſenblüthenlippen, Ohrenmuſchelpärchen Werden arg befehden Deine Veilchenaugen; wirſt nach einem Jährchen Schon von Liebe reden. Ach von jener Liebe, die nur in Gedichten Noch ſo reizvoll glüht, Die wie leis verſcholl’ne Mährchentraumgeſchichten Längſt ſchon iſt verblüht, verblüht! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb n="29" facs="#f0047"/> <fw type="header" place="top">Oscar Linke.</fw><lb/> <lg n="9"> <l>Wie mich die Geiſterſtille</l><lb/> <l>Der Winternacht erweckte!</l><lb/> <l>Wie mich die Todesruhe</l><lb/> <l>Im <hi rendition="#g">Dunkel</hi> rings erſchreckte! …</l><lb/> <l>O warum ſchwiegſt du nur</l><lb/> <l>So geiſterhaft, o Todtenuhr?</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Ach Würmchen, nun belohnet,</l><lb/> <l>Sagt’ ich mir unter Thränen,</l><lb/> <l>Wohl eines Weibchens Liebe</l><lb/> <l>Dein liebewerbend’ Sehnen …</l><lb/> <l>Ich bin ſo einſam nur —</l><lb/> <l>O poche wieder, Todtenuhr,</l><lb/> <l>O poche, poche, Todtenuhr!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Von Liebe etwas.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Viele tauſend Male ſei du mir geſegnet,</l><lb/> <l>Roſenblüthenmund,</l><lb/> <l>Dem noch nicht der letzte Tropfen iſt begegnet</l><lb/> <l>Auf des Bechers Grund.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dich auch will ich ſegnen, dich auch ſelig preiſen,</l><lb/> <l>Ohrenmuſchelpaar,</l><lb/> <l>Das noch kindlich ſtaunend höret auf den leiſen</l><lb/> <l>Sang der Sternenſchaar.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Roſenblüthenlippen, Ohrenmuſchelpärchen</l><lb/> <l>Werden arg befehden</l><lb/> <l>Deine Veilchenaugen; wirſt nach einem Jährchen</l><lb/> <l>Schon von Liebe reden.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ach von jener Liebe, die nur in Gedichten</l><lb/> <l>Noch ſo reizvoll glüht,</l><lb/> <l>Die wie leis verſcholl’ne Mährchentraumgeſchichten</l><lb/> <l>Längſt ſchon iſt verblüht, verblüht!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [29/0047]
Oscar Linke.
Wie mich die Geiſterſtille
Der Winternacht erweckte!
Wie mich die Todesruhe
Im Dunkel rings erſchreckte! …
O warum ſchwiegſt du nur
So geiſterhaft, o Todtenuhr?
Ach Würmchen, nun belohnet,
Sagt’ ich mir unter Thränen,
Wohl eines Weibchens Liebe
Dein liebewerbend’ Sehnen …
Ich bin ſo einſam nur —
O poche wieder, Todtenuhr,
O poche, poche, Todtenuhr!
Von Liebe etwas.
Originalbeitrag.
Viele tauſend Male ſei du mir geſegnet,
Roſenblüthenmund,
Dem noch nicht der letzte Tropfen iſt begegnet
Auf des Bechers Grund.
Dich auch will ich ſegnen, dich auch ſelig preiſen,
Ohrenmuſchelpaar,
Das noch kindlich ſtaunend höret auf den leiſen
Sang der Sternenſchaar.
Roſenblüthenlippen, Ohrenmuſchelpärchen
Werden arg befehden
Deine Veilchenaugen; wirſt nach einem Jährchen
Schon von Liebe reden.
Ach von jener Liebe, die nur in Gedichten
Noch ſo reizvoll glüht,
Die wie leis verſcholl’ne Mährchentraumgeſchichten
Längſt ſchon iſt verblüht, verblüht!
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Zitationshilfe: | Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/47>, abgerufen am 01.03.2025. |