Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Hermann Eduard Jahn. Das All. "Verwehte Blätter". Im ewgen All ist Harmonie: Das Morgenroth, das Abendroth. Da eint, als herrlicher Accord, Das Leben sich dem schrillen Tod. Nur in der flücht'gen Menschenbrust Trennt sich die Wonne von der Pein. Und all sein zuckend Fühlen denkt Er in das todte All hinein. Märchenglaube. "Verwehte Blätter". Lach' nicht des Kindes Märchenglauben, Was ist's denn, was dein Geist erfand? Was sind die Bibeln, die Systeme Denn anderes als Märchentand? Ein Jeder dichtet seinen Himmel Wie's ihm behagt in's Blau hinein, Und über einem Märchen brütend Schläft endlich er ermüdet ein. Hermann Eduard Jahn. Das All. „Verwehte Blätter“. Im ewgen All iſt Harmonie: Das Morgenroth, das Abendroth. Da eint, als herrlicher Accord, Das Leben ſich dem ſchrillen Tod. Nur in der flücht’gen Menſchenbruſt Trennt ſich die Wonne von der Pein. Und all ſein zuckend Fühlen denkt Er in das todte All hinein. Märchenglaube. „Verwehte Blätter“. Lach’ nicht des Kindes Märchenglauben, Was iſt’s denn, was dein Geiſt erfand? Was ſind die Bibeln, die Syſteme Denn anderes als Märchentand? Ein Jeder dichtet ſeinen Himmel Wie’s ihm behagt in’s Blau hinein, Und über einem Märchen brütend Schläft endlich er ermüdet ein. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0253" n="[235]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Hermann Eduard Jahn.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das All.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">„Verwehte Blätter“.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>m ewgen All iſt Harmonie:</l><lb/> <l>Das Morgenroth, das Abendroth.</l><lb/> <l>Da eint, als herrlicher Accord,</l><lb/> <l>Das Leben ſich dem ſchrillen Tod.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nur in der flücht’gen Menſchenbruſt</l><lb/> <l>Trennt ſich die Wonne von der Pein.</l><lb/> <l>Und all ſein zuckend Fühlen denkt</l><lb/> <l>Er in das todte All hinein.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Märchenglaube.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">„Verwehte Blätter“.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Lach’ nicht des Kindes Märchenglauben,</l><lb/> <l>Was iſt’s denn, was dein Geiſt erfand?</l><lb/> <l>Was ſind die Bibeln, die Syſteme</l><lb/> <l>Denn anderes als Märchentand?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ein Jeder dichtet ſeinen Himmel</l><lb/> <l>Wie’s ihm behagt in’s Blau hinein,</l><lb/> <l>Und über einem Märchen brütend</l><lb/> <l>Schläft endlich er ermüdet ein.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [[235]/0253]
Hermann Eduard Jahn.
Das All.
„Verwehte Blätter“.
Im ewgen All iſt Harmonie:
Das Morgenroth, das Abendroth.
Da eint, als herrlicher Accord,
Das Leben ſich dem ſchrillen Tod.
Nur in der flücht’gen Menſchenbruſt
Trennt ſich die Wonne von der Pein.
Und all ſein zuckend Fühlen denkt
Er in das todte All hinein.
Märchenglaube.
„Verwehte Blätter“.
Lach’ nicht des Kindes Märchenglauben,
Was iſt’s denn, was dein Geiſt erfand?
Was ſind die Bibeln, die Syſteme
Denn anderes als Märchentand?
Ein Jeder dichtet ſeinen Himmel
Wie’s ihm behagt in’s Blau hinein,
Und über einem Märchen brütend
Schläft endlich er ermüdet ein.
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