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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Richard Kralik.
Begegnung.
Fühl ich, o Hehrste, dich
Vorübergehen,
Fällt's wild in meine Brust
Wie Sturmes Wehen.
Ein Beben faßt mein Herz,
Ein banges Drängen,
Und jeden Widerstand
Möcht' es zersprengen.
Es facht mein Feuer an
Zu hellen Flammen,
Auflodert all mein Muth
Und bricht zusammen.
Du weichst -- ich seh' den Staub
Noch deinen Fuß umkräuseln, --
Und durch die Seele zieht's
Wie sanftes Säuseln.


Wahn und Wirklichkeit.
Als der Duft der ersten Veilchen
Ueber meine Stirne flog,
War es, daß ein wundersamer
Traum in meine Seele zog.
Und zwei Sterne sah ich leuchten,
Stilles Blinken heilger Nacht;
Und mein Auge mußte schauen
Hingebannt nach solcher Macht.
Wie das Angesicht der Göttin
Sah der Mond herab so gut
Und mein Herz wallt' ihm entgegen
Wie die liebevolle Fluth.

Richard Kralik.
Begegnung.
Fühl ich, o Hehrſte, dich
Vorübergehen,
Fällt’s wild in meine Bruſt
Wie Sturmes Wehen.
Ein Beben faßt mein Herz,
Ein banges Drängen,
Und jeden Widerſtand
Möcht’ es zerſprengen.
Es facht mein Feuer an
Zu hellen Flammen,
Auflodert all mein Muth
Und bricht zuſammen.
Du weichſt — ich ſeh’ den Staub
Noch deinen Fuß umkräuſeln, —
Und durch die Seele zieht’s
Wie ſanftes Säuſeln.


Wahn und Wirklichkeit.
Als der Duft der erſten Veilchen
Ueber meine Stirne flog,
War es, daß ein wunderſamer
Traum in meine Seele zog.
Und zwei Sterne ſah ich leuchten,
Stilles Blinken heilger Nacht;
Und mein Auge mußte ſchauen
Hingebannt nach ſolcher Macht.
Wie das Angeſicht der Göttin
Sah der Mond herab ſo gut
Und mein Herz wallt’ ihm entgegen
Wie die liebevolle Fluth.

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[224/0242] Richard Kralik. Begegnung. Fühl ich, o Hehrſte, dich Vorübergehen, Fällt’s wild in meine Bruſt Wie Sturmes Wehen. Ein Beben faßt mein Herz, Ein banges Drängen, Und jeden Widerſtand Möcht’ es zerſprengen. Es facht mein Feuer an Zu hellen Flammen, Auflodert all mein Muth Und bricht zuſammen. Du weichſt — ich ſeh’ den Staub Noch deinen Fuß umkräuſeln, — Und durch die Seele zieht’s Wie ſanftes Säuſeln. Wahn und Wirklichkeit. Als der Duft der erſten Veilchen Ueber meine Stirne flog, War es, daß ein wunderſamer Traum in meine Seele zog. Und zwei Sterne ſah ich leuchten, Stilles Blinken heilger Nacht; Und mein Auge mußte ſchauen Hingebannt nach ſolcher Macht. Wie das Angeſicht der Göttin Sah der Mond herab ſo gut Und mein Herz wallt’ ihm entgegen Wie die liebevolle Fluth.

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/242>, abgerufen am 21.11.2024.