Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Richard Kralik. Immer wilder jagt der Chor -- Sieh, da hebt sich die Sonne empor, Ueber die Welt hin strahlt ihr Glanz Und zerstoben ist der Tanz. Wie liegt die Welt ... Originalbeitrag. Wie liegt die Welt im Sonnenschein Zu meinen Füßen klar und rein. Im Wind regt leise sich der Baum: Mir fällt der Tau in meinen Wein. Uebermuth an allen Ecken ... Originalbeitrag. Uebermuth an allen Ecken: Wohinaus noch, gute Welt! Rosen wachsen auf den Hecken, Und im Golde starrt das Feld. Warum nur mich? Im goldnen Abendsonnenstrahl Entzücktes Auge überall Die heitre Menge froh durchstreift, Von Schönem frei zu Schönem schweift. Doch Einer immer folgt mein Muth, Nach Einer nur drängt all mein Blut, Nur Eine missen könnt ich nie: Warum nur sie? Warum nur sie? Sie tritt einher, so herrscherhaft, Als wär allein sie Geist und Kraft, Allein sie Licht, die andern vielen Nur Stäubchen, die die Sonn' umspielen. Und diese Sonne flammt entzündet, Wenn Einen nur ihr Lichtstrahl findet; Den trifft sie glühend innerlich: Warum nur mich? Warum nur mich? Richard Kralik. Immer wilder jagt der Chor — Sieh, da hebt ſich die Sonne empor, Ueber die Welt hin ſtrahlt ihr Glanz Und zerſtoben iſt der Tanz. Wie liegt die Welt … Originalbeitrag. Wie liegt die Welt im Sonnenſchein Zu meinen Füßen klar und rein. Im Wind regt leiſe ſich der Baum: Mir fällt der Tau in meinen Wein. Uebermuth an allen Ecken … Originalbeitrag. Uebermuth an allen Ecken: Wohinaus noch, gute Welt! Roſen wachſen auf den Hecken, Und im Golde ſtarrt das Feld. Warum nur mich? Im goldnen Abendſonnenſtrahl Entzücktes Auge überall Die heitre Menge froh durchſtreift, Von Schönem frei zu Schönem ſchweift. Doch Einer immer folgt mein Muth, Nach Einer nur drängt all mein Blut, Nur Eine miſſen könnt ich nie: Warum nur ſie? Warum nur ſie? Sie tritt einher, ſo herrſcherhaft, Als wär allein ſie Geiſt und Kraft, Allein ſie Licht, die andern vielen Nur Stäubchen, die die Sonn’ umſpielen. Und dieſe Sonne flammt entzündet, Wenn Einen nur ihr Lichtſtrahl findet; Den trifft ſie glühend innerlich: Warum nur mich? Warum nur mich? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="26"> <pb n="223" facs="#f0241"/> <fw type="header" place="top">Richard Kralik.</fw><lb/> <l>Immer wilder jagt der Chor —</l><lb/> <l>Sieh, da hebt ſich die Sonne empor,</l><lb/> <l>Ueber die Welt hin ſtrahlt ihr Glanz</l><lb/> <l>Und zerſtoben iſt der Tanz.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wie liegt die Welt …</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie liegt die Welt im Sonnenſchein</l><lb/> <l>Zu meinen Füßen klar und rein.</l><lb/> <l>Im Wind regt leiſe ſich der Baum:</l><lb/> <l>Mir fällt der Tau in meinen Wein.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Uebermuth an allen Ecken …</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Uebermuth an allen Ecken:</l><lb/> <l>Wohinaus noch, gute Welt!</l><lb/> <l>Roſen wachſen auf den Hecken,</l><lb/> <l>Und im Golde ſtarrt das Feld.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Warum nur mich?</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Im goldnen Abendſonnenſtrahl</l><lb/> <l>Entzücktes Auge überall</l><lb/> <l>Die heitre Menge froh durchſtreift,</l><lb/> <l>Von Schönem frei zu Schönem ſchweift.</l><lb/> <l>Doch Einer immer folgt mein Muth,</l><lb/> <l>Nach Einer nur drängt all mein Blut,</l><lb/> <l>Nur Eine miſſen könnt ich nie:</l><lb/> <l>Warum nur ſie? Warum nur ſie?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie tritt einher, ſo herrſcherhaft,</l><lb/> <l>Als wär allein ſie Geiſt und Kraft,</l><lb/> <l>Allein ſie Licht, die andern vielen</l><lb/> <l>Nur Stäubchen, die die Sonn’ umſpielen.</l><lb/> <l>Und dieſe Sonne flammt entzündet,</l><lb/> <l>Wenn Einen nur ihr Lichtſtrahl findet;</l><lb/> <l>Den trifft ſie glühend innerlich:</l><lb/> <l>Warum nur mich? Warum nur mich?</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [223/0241]
Richard Kralik.
Immer wilder jagt der Chor —
Sieh, da hebt ſich die Sonne empor,
Ueber die Welt hin ſtrahlt ihr Glanz
Und zerſtoben iſt der Tanz.
Wie liegt die Welt …
Originalbeitrag.
Wie liegt die Welt im Sonnenſchein
Zu meinen Füßen klar und rein.
Im Wind regt leiſe ſich der Baum:
Mir fällt der Tau in meinen Wein.
Uebermuth an allen Ecken …
Originalbeitrag.
Uebermuth an allen Ecken:
Wohinaus noch, gute Welt!
Roſen wachſen auf den Hecken,
Und im Golde ſtarrt das Feld.
Warum nur mich?
Im goldnen Abendſonnenſtrahl
Entzücktes Auge überall
Die heitre Menge froh durchſtreift,
Von Schönem frei zu Schönem ſchweift.
Doch Einer immer folgt mein Muth,
Nach Einer nur drängt all mein Blut,
Nur Eine miſſen könnt ich nie:
Warum nur ſie? Warum nur ſie?
Sie tritt einher, ſo herrſcherhaft,
Als wär allein ſie Geiſt und Kraft,
Allein ſie Licht, die andern vielen
Nur Stäubchen, die die Sonn’ umſpielen.
Und dieſe Sonne flammt entzündet,
Wenn Einen nur ihr Lichtſtrahl findet;
Den trifft ſie glühend innerlich:
Warum nur mich? Warum nur mich?
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Zitationshilfe: | Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/241>, abgerufen am 01.03.2025. |