Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Oskar Hansen. Eingang. Originalbeitrag. In lauer Nacht durchwandl' ich oft den Wald, Leise umwogt nur von des Blattmeers Flüstern Lenk' ich den Schritt zu Felsen schroffen, düstern -- An meinem Lieblingsziele bin ich bald. Nie drang ein Ton der Nachtigall hierher, Noch eines ander'n Vogels süßes Lied; Nur in den Bäumen rauscht es tief und schwer, Und seufzend streicht der Wind lind durch den Ried. Dumpfbrausend wälzt sich über das Gestein Der Bach in tiefem wildzerwühltem Bette, Mit unstät fahlem, geisterbleichem Schein Umspinnt der Mond die schwermuthsvolle Stätte. Hier pocht das wilde Herz nicht, Niemand sieht Die Brust voll Neugier, doch an Liebe leer, Welch' Weh' durch meine kranke Seele zieht, Und lästiges Fragen quält mich hier nicht mehr. Du meiner Göttin tröstende Gestalt, Vor der zu Schatten werden Freundschaft, Sippen, Lös'st mir mit sanftem Kuß die starren Lippen, Und formst zum Liederstrom des Weh's Gewalt. Oskar Hanſen. Eingang. Originalbeitrag. In lauer Nacht durchwandl’ ich oft den Wald, Leiſe umwogt nur von des Blattmeers Flüſtern Lenk’ ich den Schritt zu Felſen ſchroffen, düſtern — An meinem Lieblingsziele bin ich bald. Nie drang ein Ton der Nachtigall hierher, Noch eines ander’n Vogels ſüßes Lied; Nur in den Bäumen rauſcht es tief und ſchwer, Und ſeufzend ſtreicht der Wind lind durch den Ried. Dumpfbrauſend wälzt ſich über das Geſtein Der Bach in tiefem wildzerwühltem Bette, Mit unſtät fahlem, geiſterbleichem Schein Umſpinnt der Mond die ſchwermuthsvolle Stätte. Hier pocht das wilde Herz nicht, Niemand ſieht Die Bruſt voll Neugier, doch an Liebe leer, Welch’ Weh’ durch meine kranke Seele zieht, Und läſtiges Fragen quält mich hier nicht mehr. Du meiner Göttin tröſtende Geſtalt, Vor der zu Schatten werden Freundſchaft, Sippen, Löſ’ſt mir mit ſanftem Kuß die ſtarren Lippen, Und formſt zum Liederſtrom des Weh’s Gewalt. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0215" n="[197]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Oskar Hanſen.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Eingang</hi>.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>n lauer Nacht durchwandl’ ich oft den Wald,</l><lb/> <l>Leiſe umwogt nur von des Blattmeers Flüſtern</l><lb/> <l>Lenk’ ich den Schritt zu Felſen ſchroffen, düſtern —</l><lb/> <l>An meinem Lieblingsziele bin ich bald.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nie drang ein Ton der Nachtigall hierher,</l><lb/> <l>Noch eines ander’n Vogels ſüßes Lied;</l><lb/> <l>Nur in den Bäumen rauſcht es tief und ſchwer,</l><lb/> <l>Und ſeufzend ſtreicht der Wind lind durch den Ried.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Dumpfbrauſend wälzt ſich über das Geſtein</l><lb/> <l>Der Bach in tiefem wildzerwühltem Bette,</l><lb/> <l>Mit unſtät fahlem, geiſterbleichem Schein</l><lb/> <l>Umſpinnt der Mond die ſchwermuthsvolle Stätte.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Hier pocht das wilde Herz nicht, Niemand ſieht</l><lb/> <l>Die Bruſt voll Neugier, doch an Liebe leer,</l><lb/> <l>Welch’ Weh’ durch meine kranke Seele zieht,</l><lb/> <l>Und läſtiges Fragen quält mich hier nicht mehr.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Du meiner Göttin tröſtende Geſtalt,</l><lb/> <l>Vor der zu Schatten werden Freundſchaft, Sippen,</l><lb/> <l>Löſ’ſt mir mit ſanftem Kuß die ſtarren Lippen,</l><lb/> <l>Und formſt zum Liederſtrom des Weh’s Gewalt.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [[197]/0215]
Oskar Hanſen.
Eingang.
Originalbeitrag.
In lauer Nacht durchwandl’ ich oft den Wald,
Leiſe umwogt nur von des Blattmeers Flüſtern
Lenk’ ich den Schritt zu Felſen ſchroffen, düſtern —
An meinem Lieblingsziele bin ich bald.
Nie drang ein Ton der Nachtigall hierher,
Noch eines ander’n Vogels ſüßes Lied;
Nur in den Bäumen rauſcht es tief und ſchwer,
Und ſeufzend ſtreicht der Wind lind durch den Ried.
Dumpfbrauſend wälzt ſich über das Geſtein
Der Bach in tiefem wildzerwühltem Bette,
Mit unſtät fahlem, geiſterbleichem Schein
Umſpinnt der Mond die ſchwermuthsvolle Stätte.
Hier pocht das wilde Herz nicht, Niemand ſieht
Die Bruſt voll Neugier, doch an Liebe leer,
Welch’ Weh’ durch meine kranke Seele zieht,
Und läſtiges Fragen quält mich hier nicht mehr.
Du meiner Göttin tröſtende Geſtalt,
Vor der zu Schatten werden Freundſchaft, Sippen,
Löſ’ſt mir mit ſanftem Kuß die ſtarren Lippen,
Und formſt zum Liederſtrom des Weh’s Gewalt.
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