Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Oskar Jerschke. Weißt Du auch, daß ich besser nie Dich hätte gehört in Lerici Süß zur Guitarre singen? Nach der Heimath ruft mich neidisch Geschick: Fahr wohl, fahr wohl, du Traum von Glück -- In Weh will das Herz mir zerspringen. Gebet. Originalbeitrag. Mein Geschick ruht ganz in Deinen Händen, Sternenherrscher, und nach Deinem Wink Wird die Nacht mein lichtes Leben enden Und sich schließen meiner Tage Ring. Aber gnädig wandelst Du Dein Wollen, Deinen Rathschluß: wenn ein heiß Gebet Aus dem glaubenssel'gen inbrunstvollen Menschenherzen zu Dir aufwärts fleht. Und so bitt ich heut mit heiligem Werben Laß mich, Vater, nicht im Frühling sterben. Wenn der Wiesen bunte Blumen blinken, Falter gaukeln in der lauen Luft, Frei des Waldbachs helle Wellen winken Und die Forstung trinkt den Maienduft, Im Gelaub sich froh die Finken wiegen, Drosseln schlagen, Lerchen jubelnd fliegen. Ach, dann strahlt die Welt, die lenzgeküßte, Wunderherrlich wie ein Paradies, Das ich trauern nur und weinen müßte, Wenn das Schicksal mich daraus verstieß, Und ich könnte noch im letzten Ringen, Welt, zu Dir die Liebe nicht bezwingen. Oskar Jerſchke. Weißt Du auch, daß ich beſſer nie Dich hätte gehört in Lerici Süß zur Guitarre ſingen? Nach der Heimath ruft mich neidiſch Geſchick: Fahr wohl, fahr wohl, du Traum von Glück — In Weh will das Herz mir zerſpringen. Gebet. Originalbeitrag. Mein Geſchick ruht ganz in Deinen Händen, Sternenherrſcher, und nach Deinem Wink Wird die Nacht mein lichtes Leben enden Und ſich ſchließen meiner Tage Ring. Aber gnädig wandelſt Du Dein Wollen, Deinen Rathſchluß: wenn ein heiß Gebet Aus dem glaubensſel’gen inbrunſtvollen Menſchenherzen zu Dir aufwärts fleht. Und ſo bitt ich heut mit heiligem Werben Laß mich, Vater, nicht im Frühling ſterben. Wenn der Wieſen bunte Blumen blinken, Falter gaukeln in der lauen Luft, Frei des Waldbachs helle Wellen winken Und die Forſtung trinkt den Maienduft, Im Gelaub ſich froh die Finken wiegen, Droſſeln ſchlagen, Lerchen jubelnd fliegen. Ach, dann ſtrahlt die Welt, die lenzgeküßte, Wunderherrlich wie ein Paradies, Das ich trauern nur und weinen müßte, Wenn das Schickſal mich daraus verſtieß, Und ich könnte noch im letzten Ringen, Welt, zu Dir die Liebe nicht bezwingen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb n="164" facs="#f0182"/> <fw type="header" place="top">Oskar Jerſchke.</fw><lb/> <lg n="3"> <l>Weißt Du auch, daß ich beſſer nie</l><lb/> <l>Dich hätte gehört in Lerici</l><lb/> <l>Süß zur Guitarre ſingen?</l><lb/> <l>Nach der Heimath ruft mich neidiſch Geſchick:</l><lb/> <l>Fahr wohl, fahr wohl, du Traum von Glück —</l><lb/> <l>In Weh will das Herz mir zerſpringen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gebet.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Mein Geſchick ruht ganz in Deinen Händen,</l><lb/> <l>Sternenherrſcher, und nach Deinem Wink</l><lb/> <l>Wird die Nacht mein lichtes Leben enden</l><lb/> <l>Und ſich ſchließen meiner Tage Ring.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Aber gnädig wandelſt Du Dein Wollen,</l><lb/> <l>Deinen Rathſchluß: wenn ein heiß Gebet</l><lb/> <l>Aus dem glaubensſel’gen inbrunſtvollen</l><lb/> <l>Menſchenherzen zu Dir aufwärts fleht.</l><lb/> <l>Und ſo bitt ich heut mit heiligem Werben</l><lb/> <l>Laß mich, Vater, nicht im Frühling ſterben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wenn der Wieſen bunte Blumen blinken,</l><lb/> <l>Falter gaukeln in der lauen Luft,</l><lb/> <l>Frei des Waldbachs helle Wellen winken</l><lb/> <l>Und die Forſtung trinkt den Maienduft,</l><lb/> <l>Im Gelaub ſich froh die Finken wiegen,</l><lb/> <l>Droſſeln ſchlagen, Lerchen jubelnd fliegen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ach, dann ſtrahlt die Welt, die lenzgeküßte,</l><lb/> <l>Wunderherrlich wie ein Paradies,</l><lb/> <l>Das ich trauern nur und weinen müßte,</l><lb/> <l>Wenn das Schickſal mich daraus verſtieß,</l><lb/> <l>Und ich könnte noch im letzten Ringen,</l><lb/> <l>Welt, zu Dir die Liebe nicht bezwingen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0182]
Oskar Jerſchke.
Weißt Du auch, daß ich beſſer nie
Dich hätte gehört in Lerici
Süß zur Guitarre ſingen?
Nach der Heimath ruft mich neidiſch Geſchick:
Fahr wohl, fahr wohl, du Traum von Glück —
In Weh will das Herz mir zerſpringen.
Gebet.
Originalbeitrag.
Mein Geſchick ruht ganz in Deinen Händen,
Sternenherrſcher, und nach Deinem Wink
Wird die Nacht mein lichtes Leben enden
Und ſich ſchließen meiner Tage Ring.
Aber gnädig wandelſt Du Dein Wollen,
Deinen Rathſchluß: wenn ein heiß Gebet
Aus dem glaubensſel’gen inbrunſtvollen
Menſchenherzen zu Dir aufwärts fleht.
Und ſo bitt ich heut mit heiligem Werben
Laß mich, Vater, nicht im Frühling ſterben.
Wenn der Wieſen bunte Blumen blinken,
Falter gaukeln in der lauen Luft,
Frei des Waldbachs helle Wellen winken
Und die Forſtung trinkt den Maienduft,
Im Gelaub ſich froh die Finken wiegen,
Droſſeln ſchlagen, Lerchen jubelnd fliegen.
Ach, dann ſtrahlt die Welt, die lenzgeküßte,
Wunderherrlich wie ein Paradies,
Das ich trauern nur und weinen müßte,
Wenn das Schickſal mich daraus verſtieß,
Und ich könnte noch im letzten Ringen,
Welt, zu Dir die Liebe nicht bezwingen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/182 |
Zitationshilfe: | Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/182>, abgerufen am 01.03.2025. |