Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Johannes Bohne. Was müht ihr euch, ihr Durstigen, und ringt Danach und traut der Hoffnung ros'gen Schimmern, So bald, wie der zerborst'nen Glocke Wimmern Im Sturm zerflattert, euer Ruhm verklingt. Nein, laßt davon in eurem wilden Drang, Genießt der Früchte, die am Lebensbaume Im üpp'gen Licht gereift, laßt ab vom Traume, Wann einst verweht des Namens letzter Klang. Ich folge meines Herzens warmem Schlag Und such' in mir und meiner Kraft Genüge, Berauscht mich auch der Duft der süßen Lüge, Ich sink' nicht müde hin, ich bleibe wach. Ich nutze alles, was das Leben beut, Mit Schmerzen ringen, mit den Freuden kosen Und flechten in den Dornenkranz die Rosen, Das heißt ein Leben, das sich selbst erneut. Daß nicht, wenn ihr mich einstens fragt Am Sterbebett: Was war das Leben, rede! Die Lippen zucken und die Wangen blöde Kaum lächeln können still verzagt. Wenn meines Lebens Sonne untergeht, Laßt sie in reinem Purpur niedertauchen, Daß meine Lippen nicht zu stammeln brauchen: Du großer Tag, du kamst für mich zu spät. Genrebilder. Der Bettler. Originalbeitrag. Das Leben ist schön, ein Scherzen, ein Singen, Ein Necken, ein Kosen, Gewinnen, Gelingen, Ein duftiger Frühlingssonnenglanz! Noch nimmer hatte das Glück mir getrogen, Ich hab's von den purpurnen Lippen gesogen, Ein Lächeln von dir -- und ich traute ihm ganz. 8*
Johannes Bohne. Was müht ihr euch, ihr Durſtigen, und ringt Danach und traut der Hoffnung roſ’gen Schimmern, So bald, wie der zerborſt’nen Glocke Wimmern Im Sturm zerflattert, euer Ruhm verklingt. Nein, laßt davon in eurem wilden Drang, Genießt der Früchte, die am Lebensbaume Im üpp’gen Licht gereift, laßt ab vom Traume, Wann einſt verweht des Namens letzter Klang. Ich folge meines Herzens warmem Schlag Und ſuch’ in mir und meiner Kraft Genüge, Berauſcht mich auch der Duft der ſüßen Lüge, Ich ſink’ nicht müde hin, ich bleibe wach. Ich nutze alles, was das Leben beut, Mit Schmerzen ringen, mit den Freuden koſen Und flechten in den Dornenkranz die Roſen, Das heißt ein Leben, das ſich ſelbſt erneut. Daß nicht, wenn ihr mich einſtens fragt Am Sterbebett: Was war das Leben, rede! Die Lippen zucken und die Wangen blöde Kaum lächeln können ſtill verzagt. Wenn meines Lebens Sonne untergeht, Laßt ſie in reinem Purpur niedertauchen, Daß meine Lippen nicht zu ſtammeln brauchen: Du großer Tag, du kamſt für mich zu ſpät. Genrebilder. Der Bettler. Originalbeitrag. Das Leben iſt ſchön, ein Scherzen, ein Singen, Ein Necken, ein Koſen, Gewinnen, Gelingen, Ein duftiger Frühlingsſonnenglanz! Noch nimmer hatte das Glück mir getrogen, Ich hab’s von den purpurnen Lippen geſogen, Ein Lächeln von dir — und ich traute ihm ganz. 8*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0133" n="115"/> <fw place="top" type="header">Johannes Bohne.</fw><lb/> <lg n="3"> <l>Was müht ihr euch, ihr Durſtigen, und ringt</l><lb/> <l>Danach und traut der Hoffnung roſ’gen Schimmern,</l><lb/> <l>So bald, wie der zerborſt’nen Glocke Wimmern</l><lb/> <l>Im Sturm zerflattert, euer Ruhm verklingt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nein, laßt davon in eurem wilden Drang,</l><lb/> <l>Genießt der Früchte, die am Lebensbaume</l><lb/> <l>Im üpp’gen Licht gereift, laßt ab vom Traume,</l><lb/> <l>Wann einſt verweht des Namens letzter Klang.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ich folge meines Herzens warmem Schlag</l><lb/> <l>Und ſuch’ in mir und meiner Kraft Genüge,</l><lb/> <l>Berauſcht mich auch der Duft der ſüßen Lüge,</l><lb/> <l>Ich ſink’ nicht müde hin, ich bleibe wach.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Ich nutze alles, was das Leben beut,</l><lb/> <l>Mit Schmerzen ringen, mit den Freuden koſen</l><lb/> <l>Und flechten in den Dornenkranz die Roſen,</l><lb/> <l>Das heißt ein Leben, das ſich ſelbſt erneut.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Daß nicht, wenn ihr mich einſtens fragt</l><lb/> <l>Am Sterbebett: Was war das Leben, rede!</l><lb/> <l>Die Lippen zucken und die Wangen blöde</l><lb/> <l>Kaum lächeln können ſtill verzagt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Wenn meines Lebens Sonne untergeht,</l><lb/> <l>Laßt ſie in reinem Purpur niedertauchen,</l><lb/> <l>Daß meine Lippen nicht zu ſtammeln brauchen:</l><lb/> <l>Du großer Tag, du kamſt für mich zu ſpät.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Genrebilder</hi>.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Bettler.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Das Leben iſt ſchön, ein Scherzen, ein Singen,</l><lb/> <l>Ein Necken, ein Koſen, Gewinnen, Gelingen,</l><lb/> <l>Ein duftiger Frühlingsſonnenglanz!</l><lb/> <l>Noch nimmer hatte das Glück mir getrogen,</l><lb/> <l>Ich hab’s von den purpurnen Lippen geſogen,</l><lb/> <l>Ein Lächeln von dir — und ich traute ihm ganz.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">8*</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0133]
Johannes Bohne.
Was müht ihr euch, ihr Durſtigen, und ringt
Danach und traut der Hoffnung roſ’gen Schimmern,
So bald, wie der zerborſt’nen Glocke Wimmern
Im Sturm zerflattert, euer Ruhm verklingt.
Nein, laßt davon in eurem wilden Drang,
Genießt der Früchte, die am Lebensbaume
Im üpp’gen Licht gereift, laßt ab vom Traume,
Wann einſt verweht des Namens letzter Klang.
Ich folge meines Herzens warmem Schlag
Und ſuch’ in mir und meiner Kraft Genüge,
Berauſcht mich auch der Duft der ſüßen Lüge,
Ich ſink’ nicht müde hin, ich bleibe wach.
Ich nutze alles, was das Leben beut,
Mit Schmerzen ringen, mit den Freuden koſen
Und flechten in den Dornenkranz die Roſen,
Das heißt ein Leben, das ſich ſelbſt erneut.
Daß nicht, wenn ihr mich einſtens fragt
Am Sterbebett: Was war das Leben, rede!
Die Lippen zucken und die Wangen blöde
Kaum lächeln können ſtill verzagt.
Wenn meines Lebens Sonne untergeht,
Laßt ſie in reinem Purpur niedertauchen,
Daß meine Lippen nicht zu ſtammeln brauchen:
Du großer Tag, du kamſt für mich zu ſpät.
Genrebilder.
Der Bettler.
Originalbeitrag.
Das Leben iſt ſchön, ein Scherzen, ein Singen,
Ein Necken, ein Koſen, Gewinnen, Gelingen,
Ein duftiger Frühlingsſonnenglanz!
Noch nimmer hatte das Glück mir getrogen,
Ich hab’s von den purpurnen Lippen geſogen,
Ein Lächeln von dir — und ich traute ihm ganz.
8*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |