Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Hermann Conradi. Der Herbstwind fegt die Blätter, Die letzten, von dem Ast -- Ich wand're durch das öde Land Bald hier, bald da zu Gast ... Die Stirne glüht in Fieber -- In Fieber bebt die Hand, Und wirre Wahnsinnsphantasie'n Sind mir im Hirn entbrannt ... Daß ich dich lassen mußte, Das ficht mich gar nicht an -- Das ist nun einmal Menschenloos Das sei nun abgethan! Eins aber zieht mich nieder, Das lastet wie ein Fluch, Das lähmt der Seele stolze Kraft, Der Hochgedanken Flug; Das gräbt sich in die Stirne Mit tausend Furchen ein; Das dunkelt mir der Sonne Gold, Das dunkelt Sternenschein; Das wühlt sich in die Brust mir Wie eines Schächers Blick; Das hemmt des Athems Freiheitsdrang Wie eines Henkers Strick! Das grinst mich an wie eine Verrenkte Bettlerfaust; Das loht in mir wie Höllenqual, Die Herz und Hirn durchbraust -- Und fragt ihr: was entfesselt Den wirren Qualenstrom? Die Sehusucht, die da lechzt nach Glück, Nach Glück, das nur -- Phantom! Das war ein lust'ges Feiern ... Originalbeitrag. Das war ein lust'ges Feiern, Ein Schwärmen bei Nacht und bei Tag -- Nun liegt's auf mir so felsenhart, Hermann Conradi. Der Herbſtwind fegt die Blätter, Die letzten, von dem Aſt — Ich wand’re durch das öde Land Bald hier, bald da zu Gaſt … Die Stirne glüht in Fieber — In Fieber bebt die Hand, Und wirre Wahnſinnsphantaſie’n Sind mir im Hirn entbrannt … Daß ich dich laſſen mußte, Das ficht mich gar nicht an — Das iſt nun einmal Menſchenloos Das ſei nun abgethan! Eins aber zieht mich nieder, Das laſtet wie ein Fluch, Das lähmt der Seele ſtolze Kraft, Der Hochgedanken Flug; Das gräbt ſich in die Stirne Mit tauſend Furchen ein; Das dunkelt mir der Sonne Gold, Das dunkelt Sternenſchein; Das wühlt ſich in die Bruſt mir Wie eines Schächers Blick; Das hemmt des Athems Freiheitsdrang Wie eines Henkers Strick! Das grinſt mich an wie eine Verrenkte Bettlerfauſt; Das loht in mir wie Höllenqual, Die Herz und Hirn durchbrauſt — Und fragt ihr: was entfeſſelt Den wirren Qualenſtrom? Die Sehuſucht, die da lechzt nach Glück, Nach Glück, das nur — Phantom! Das war ein luſt’ges Feiern … Originalbeitrag. Das war ein luſt’ges Feiern, Ein Schwärmen bei Nacht und bei Tag — Nun liegt’s auf mir ſo felſenhart, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb n="101" facs="#f0119"/> <fw type="header" place="top">Hermann Conradi.</fw><lb/> <lg n="3"> <l>Der Herbſtwind fegt die Blätter,</l><lb/> <l>Die letzten, von dem Aſt —</l><lb/> <l>Ich wand’re durch das öde Land</l><lb/> <l>Bald hier, bald da zu Gaſt …</l><lb/> <l>Die Stirne glüht in Fieber —</l><lb/> <l>In Fieber bebt die Hand,</l><lb/> <l>Und wirre Wahnſinnsphantaſie’n</l><lb/> <l>Sind mir im Hirn entbrannt …</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Daß ich dich laſſen mußte,</l><lb/> <l>Das ficht mich gar nicht an —</l><lb/> <l>Das iſt nun einmal Menſchenloos</l><lb/> <l>Das ſei nun abgethan!</l><lb/> <l>Eins aber zieht mich nieder,</l><lb/> <l>Das laſtet wie ein Fluch,</l><lb/> <l>Das lähmt der Seele ſtolze Kraft,</l><lb/> <l>Der Hochgedanken Flug;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Das gräbt ſich in die Stirne</l><lb/> <l>Mit tauſend Furchen ein;</l><lb/> <l>Das dunkelt mir der Sonne Gold,</l><lb/> <l>Das dunkelt Sternenſchein;</l><lb/> <l>Das wühlt ſich in die Bruſt mir</l><lb/> <l>Wie eines Schächers Blick;</l><lb/> <l>Das hemmt des Athems Freiheitsdrang</l><lb/> <l>Wie eines Henkers Strick!</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Das grinſt mich an wie eine</l><lb/> <l>Verrenkte Bettlerfauſt;</l><lb/> <l>Das loht in mir wie Höllenqual,</l><lb/> <l>Die Herz und Hirn durchbrauſt —</l><lb/> <l>Und fragt ihr: <hi rendition="#g">was</hi> entfeſſelt</l><lb/> <l>Den wirren Qualenſtrom?</l><lb/> <l>Die Sehuſucht, die da lechzt nach Glück,</l><lb/> <l>Nach Glück, das nur — Phantom!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das war ein luſt’ges Feiern …</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Das war ein luſt’ges Feiern,</l><lb/> <l>Ein Schwärmen bei Nacht und bei Tag —</l><lb/> <l>Nun liegt’s auf mir ſo felſenhart,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0119]
Hermann Conradi.
Der Herbſtwind fegt die Blätter,
Die letzten, von dem Aſt —
Ich wand’re durch das öde Land
Bald hier, bald da zu Gaſt …
Die Stirne glüht in Fieber —
In Fieber bebt die Hand,
Und wirre Wahnſinnsphantaſie’n
Sind mir im Hirn entbrannt …
Daß ich dich laſſen mußte,
Das ficht mich gar nicht an —
Das iſt nun einmal Menſchenloos
Das ſei nun abgethan!
Eins aber zieht mich nieder,
Das laſtet wie ein Fluch,
Das lähmt der Seele ſtolze Kraft,
Der Hochgedanken Flug;
Das gräbt ſich in die Stirne
Mit tauſend Furchen ein;
Das dunkelt mir der Sonne Gold,
Das dunkelt Sternenſchein;
Das wühlt ſich in die Bruſt mir
Wie eines Schächers Blick;
Das hemmt des Athems Freiheitsdrang
Wie eines Henkers Strick!
Das grinſt mich an wie eine
Verrenkte Bettlerfauſt;
Das loht in mir wie Höllenqual,
Die Herz und Hirn durchbrauſt —
Und fragt ihr: was entfeſſelt
Den wirren Qualenſtrom?
Die Sehuſucht, die da lechzt nach Glück,
Nach Glück, das nur — Phantom!
Das war ein luſt’ges Feiern …
Originalbeitrag.
Das war ein luſt’ges Feiern,
Ein Schwärmen bei Nacht und bei Tag —
Nun liegt’s auf mir ſo felſenhart,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/119 |
Zitationshilfe: | Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/119>, abgerufen am 01.03.2025. |