Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite
Hermann Conradi.
Seitdem die Dirne mich geküßt
Kann ich nur ihr gehören zu eigen -- --
In Brünsten umklamm're ich den weißen Leib
Und küsse sie -- und der Rest ist Schweigen . . . . . .


Hast du des Daseins ...

Originalbeitrag.

Hast du des Daseins tiefste Qual empfunden?
Kam über dich einmal der milde Schmerz,
Der zu dir schreit aus deiner Seele Wunden?
Es krampft sich in Titanenweh das Herz,
Vom Daseinsekel angepackt, zusammen,
Und von der Lippe stiehlt sich Hohn und Scherz,
Verweht von deines Schmerzes Riesenflammen.
Du sinnst und sinnst ... In tollen Tacten fliegt
Dein Puls -- -- -- als müßtest du den Fluch verdammen,
Der felsenschwer auf deiner Seele liegt --
Den Fluch verfluchen -- ja als müßtest du
Die Welt verfluchen, die dich eingewiegt
In deiner Jugend süße Mährchenruh' --
Um dich zu hartem Qualendienst zu wecken:
So ist es dir! -- Das Auge schließt sich zu --
Der Schmerzen Wogen glätten sich und strecken
Gebändigt sich, wie fromme -- Tigerkatzen,
Zu deinen Füßen hin -- bis sie sich recken --
Empor sich recken und mit Riesentatzen
Dich niederschlagen, daß du wie ein Sclav'
Um Gnade betteln mußt bei -- Götterfratzen! ...
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --
Komm über mich, o traumlos ew'ger Schlaf! . . . . . .



7*
Hermann Conradi.
Seitdem die Dirne mich geküßt
Kann ich nur ihr gehören zu eigen — —
In Brünſten umklamm’re ich den weißen Leib
Und küſſe ſie — und der Reſt iſt Schweigen . . . . . .


Haſt du des Daſeins …

Originalbeitrag.

Haſt du des Daſeins tiefſte Qual empfunden?
Kam über dich einmal der milde Schmerz,
Der zu dir ſchreit aus deiner Seele Wunden?
Es krampft ſich in Titanenweh das Herz,
Vom Daſeinsekel angepackt, zuſammen,
Und von der Lippe ſtiehlt ſich Hohn und Scherz,
Verweht von deines Schmerzes Rieſenflammen.
Du ſinnſt und ſinnſt … In tollen Tacten fliegt
Dein Puls — — — als müßteſt du den Fluch verdammen,
Der felſenſchwer auf deiner Seele liegt —
Den Fluch verfluchen — ja als müßteſt du
Die Welt verfluchen, die dich eingewiegt
In deiner Jugend ſüße Mährchenruh’ —
Um dich zu hartem Qualendienſt zu wecken:
So iſt es dir! — Das Auge ſchließt ſich zu —
Der Schmerzen Wogen glätten ſich und ſtrecken
Gebändigt ſich, wie fromme — Tigerkatzen,
Zu deinen Füßen hin — bis ſie ſich recken —
Empor ſich recken und mit Rieſentatzen
Dich niederſchlagen, daß du wie ein Sclav’
Um Gnade betteln mußt bei — Götterfratzen! …
— — — — — — — — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — — — — — — — —
Komm über mich, o traumlos ew’ger Schlaf! . . . . . .



7*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0117" n="99"/>
            <fw place="top" type="header">Hermann Conradi.</fw><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Seitdem die Dirne mich geküßt</l><lb/>
              <l>Kann ich nur <hi rendition="#g">ihr</hi> gehören zu eigen &#x2014; &#x2014;</l><lb/>
              <l>In Brün&#x017F;ten umklamm&#x2019;re ich den weißen Leib</l><lb/>
              <l>Und kü&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie &#x2014; und der Re&#x017F;t i&#x017F;t Schweigen . . . . . .</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ha&#x017F;t du des Da&#x017F;eins &#x2026;</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ha&#x017F;t du des Da&#x017F;eins tief&#x017F;te Qual empfunden?</l><lb/>
              <l>Kam über dich einmal der milde Schmerz,</l><lb/>
              <l>Der zu dir &#x017F;chreit aus deiner Seele Wunden?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Es krampft &#x017F;ich in Titanenweh das Herz,</l><lb/>
              <l>Vom Da&#x017F;einsekel angepackt, zu&#x017F;ammen,</l><lb/>
              <l>Und von der Lippe &#x017F;tiehlt &#x017F;ich Hohn und Scherz,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Verweht von deines Schmerzes Rie&#x017F;enflammen.</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;inn&#x017F;t und &#x017F;inn&#x017F;t &#x2026; In tollen Tacten fliegt</l><lb/>
              <l>Dein Puls &#x2014; &#x2014; &#x2014; als müßte&#x017F;t du den Fluch verdammen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der fel&#x017F;en&#x017F;chwer auf deiner Seele liegt &#x2014;</l><lb/>
              <l>Den <hi rendition="#g">Fluch</hi> verfluchen &#x2014; ja als müßte&#x017F;t du</l><lb/>
              <l>Die <hi rendition="#g">Welt</hi> verfluchen, die dich eingewiegt</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>In deiner Jugend &#x017F;üße Mährchenruh&#x2019; &#x2014;</l><lb/>
              <l>Um dich zu hartem Qualendien&#x017F;t zu wecken:</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t es dir! &#x2014; Das Auge &#x017F;chließt &#x017F;ich zu &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Der Schmerzen Wogen glätten &#x017F;ich und &#x017F;trecken</l><lb/>
              <l>Gebändigt &#x017F;ich, wie fromme &#x2014; Tigerkatzen,</l><lb/>
              <l>Zu deinen Füßen hin &#x2014; bis &#x017F;ie &#x017F;ich recken &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Empor &#x017F;ich recken und mit Rie&#x017F;entatzen</l><lb/>
              <l>Dich nieder&#x017F;chlagen, daß du wie ein Sclav&#x2019;</l><lb/>
              <l>Um Gnade betteln mußt bei &#x2014; <hi rendition="#g">Götterf</hi>ratzen! &#x2026;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>&#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014;</l><lb/>
              <l>&#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Komm über mich, o traumlos ew&#x2019;ger Schlaf! . . . . . .</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">7*</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0117] Hermann Conradi. Seitdem die Dirne mich geküßt Kann ich nur ihr gehören zu eigen — — In Brünſten umklamm’re ich den weißen Leib Und küſſe ſie — und der Reſt iſt Schweigen . . . . . . Haſt du des Daſeins … Originalbeitrag. Haſt du des Daſeins tiefſte Qual empfunden? Kam über dich einmal der milde Schmerz, Der zu dir ſchreit aus deiner Seele Wunden? Es krampft ſich in Titanenweh das Herz, Vom Daſeinsekel angepackt, zuſammen, Und von der Lippe ſtiehlt ſich Hohn und Scherz, Verweht von deines Schmerzes Rieſenflammen. Du ſinnſt und ſinnſt … In tollen Tacten fliegt Dein Puls — — — als müßteſt du den Fluch verdammen, Der felſenſchwer auf deiner Seele liegt — Den Fluch verfluchen — ja als müßteſt du Die Welt verfluchen, die dich eingewiegt In deiner Jugend ſüße Mährchenruh’ — Um dich zu hartem Qualendienſt zu wecken: So iſt es dir! — Das Auge ſchließt ſich zu — Der Schmerzen Wogen glätten ſich und ſtrecken Gebändigt ſich, wie fromme — Tigerkatzen, Zu deinen Füßen hin — bis ſie ſich recken — Empor ſich recken und mit Rieſentatzen Dich niederſchlagen, daß du wie ein Sclav’ Um Gnade betteln mußt bei — Götterfratzen! … — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Komm über mich, o traumlos ew’ger Schlaf! . . . . . . 7*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/117
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/117>, abgerufen am 22.12.2024.