Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Hermann Conradi. Seitdem die Dirne mich geküßt Kann ich nur ihr gehören zu eigen -- -- In Brünsten umklamm're ich den weißen Leib Und küsse sie -- und der Rest ist Schweigen . . . . . . Hast du des Daseins ... Originalbeitrag. Hast du des Daseins tiefste Qual empfunden? Kam über dich einmal der milde Schmerz, Der zu dir schreit aus deiner Seele Wunden? Es krampft sich in Titanenweh das Herz, Vom Daseinsekel angepackt, zusammen, Und von der Lippe stiehlt sich Hohn und Scherz, Verweht von deines Schmerzes Riesenflammen. Du sinnst und sinnst ... In tollen Tacten fliegt Dein Puls -- -- -- als müßtest du den Fluch verdammen, Der felsenschwer auf deiner Seele liegt -- Den Fluch verfluchen -- ja als müßtest du Die Welt verfluchen, die dich eingewiegt In deiner Jugend süße Mährchenruh' -- Um dich zu hartem Qualendienst zu wecken: So ist es dir! -- Das Auge schließt sich zu -- Der Schmerzen Wogen glätten sich und strecken Gebändigt sich, wie fromme -- Tigerkatzen, Zu deinen Füßen hin -- bis sie sich recken -- Empor sich recken und mit Riesentatzen Dich niederschlagen, daß du wie ein Sclav' Um Gnade betteln mußt bei -- Götterfratzen! ... -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Komm über mich, o traumlos ew'ger Schlaf! . . . . . . 7*
Hermann Conradi. Seitdem die Dirne mich geküßt Kann ich nur ihr gehören zu eigen — — In Brünſten umklamm’re ich den weißen Leib Und küſſe ſie — und der Reſt iſt Schweigen . . . . . . Haſt du des Daſeins … Originalbeitrag. Haſt du des Daſeins tiefſte Qual empfunden? Kam über dich einmal der milde Schmerz, Der zu dir ſchreit aus deiner Seele Wunden? Es krampft ſich in Titanenweh das Herz, Vom Daſeinsekel angepackt, zuſammen, Und von der Lippe ſtiehlt ſich Hohn und Scherz, Verweht von deines Schmerzes Rieſenflammen. Du ſinnſt und ſinnſt … In tollen Tacten fliegt Dein Puls — — — als müßteſt du den Fluch verdammen, Der felſenſchwer auf deiner Seele liegt — Den Fluch verfluchen — ja als müßteſt du Die Welt verfluchen, die dich eingewiegt In deiner Jugend ſüße Mährchenruh’ — Um dich zu hartem Qualendienſt zu wecken: So iſt es dir! — Das Auge ſchließt ſich zu — Der Schmerzen Wogen glätten ſich und ſtrecken Gebändigt ſich, wie fromme — Tigerkatzen, Zu deinen Füßen hin — bis ſie ſich recken — Empor ſich recken und mit Rieſentatzen Dich niederſchlagen, daß du wie ein Sclav’ Um Gnade betteln mußt bei — Götterfratzen! … — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Komm über mich, o traumlos ew’ger Schlaf! . . . . . . 7*
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Hermann Conradi.
Seitdem die Dirne mich geküßt
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In Brünſten umklamm’re ich den weißen Leib
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Haſt du des Daſeins …
Originalbeitrag.
Haſt du des Daſeins tiefſte Qual empfunden?
Kam über dich einmal der milde Schmerz,
Der zu dir ſchreit aus deiner Seele Wunden?
Es krampft ſich in Titanenweh das Herz,
Vom Daſeinsekel angepackt, zuſammen,
Und von der Lippe ſtiehlt ſich Hohn und Scherz,
Verweht von deines Schmerzes Rieſenflammen.
Du ſinnſt und ſinnſt … In tollen Tacten fliegt
Dein Puls — — — als müßteſt du den Fluch verdammen,
Der felſenſchwer auf deiner Seele liegt —
Den Fluch verfluchen — ja als müßteſt du
Die Welt verfluchen, die dich eingewiegt
In deiner Jugend ſüße Mährchenruh’ —
Um dich zu hartem Qualendienſt zu wecken:
So iſt es dir! — Das Auge ſchließt ſich zu —
Der Schmerzen Wogen glätten ſich und ſtrecken
Gebändigt ſich, wie fromme — Tigerkatzen,
Zu deinen Füßen hin — bis ſie ſich recken —
Empor ſich recken und mit Rieſentatzen
Dich niederſchlagen, daß du wie ein Sclav’
Um Gnade betteln mußt bei — Götterfratzen! …
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