Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Friedrich Adler. Unaufhörlich ringen Soll des Hirnes Hast, Nichts die Hand vollbringen, Wie's die Brust erfaßt. Fremd und irrend schwebe Durch das klare Sein, Leeren Träumen lebe, Selbstgebautem Schein. Wandle durch den Reigen, Der sich gierig drängt, Bis dich einst in Schweigen Atropos empfängt. -- Rinne, Faden, rinne Aus der ernsten Hand, Statt der Ruh' gewinne, Sturm und Unbestand. Das lesende Kind. Originalbeitrag. Auf den Schooß das Buch gebreitet, Scheinst du nichts um dich zu missen, Starrst hinein, indeß beflissen Ueber's Blatt der Finger gleitet. In das Meer der Zeichen leitet Dich kein Können noch und Wissen, Unbeschränkt, in schwanken Rissen Sich dein junges Sinnen weitet. Süßes Dämmern! Traumumwoben Schläft das Denken noch im Neste, Nur das Fühlen schwebt nach oben. Friedrich Adler. Unaufhörlich ringen Soll des Hirnes Haſt, Nichts die Hand vollbringen, Wie’s die Bruſt erfaßt. Fremd und irrend ſchwebe Durch das klare Sein, Leeren Träumen lebe, Selbſtgebautem Schein. Wandle durch den Reigen, Der ſich gierig drängt, Bis dich einſt in Schweigen Atropos empfängt. — Rinne, Faden, rinne Aus der ernſten Hand, Statt der Ruh’ gewinne, Sturm und Unbeſtand. Das leſende Kind. Originalbeitrag. Auf den Schooß das Buch gebreitet, Scheinſt du nichts um dich zu miſſen, Starrſt hinein, indeß befliſſen Ueber’s Blatt der Finger gleitet. In das Meer der Zeichen leitet Dich kein Können noch und Wiſſen, Unbeſchränkt, in ſchwanken Riſſen Sich dein junges Sinnen weitet. Süßes Dämmern! Traumumwoben Schläft das Denken noch im Neſte, Nur das Fühlen ſchwebt nach oben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0103" n="85"/> <fw place="top" type="header">Friedrich Adler.</fw><lb/> <lg n="5"> <l>Unaufhörlich ringen</l><lb/> <l>Soll des Hirnes Haſt,</l><lb/> <l>Nichts die Hand vollbringen,</l><lb/> <l>Wie’s die Bruſt erfaßt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Fremd und irrend ſchwebe</l><lb/> <l>Durch das klare Sein,</l><lb/> <l>Leeren Träumen lebe,</l><lb/> <l>Selbſtgebautem Schein.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wandle durch den Reigen,</l><lb/> <l>Der ſich gierig drängt,</l><lb/> <l>Bis dich einſt in Schweigen</l><lb/> <l>Atropos empfängt. —</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Rinne, Faden, rinne</l><lb/> <l>Aus der ernſten Hand,</l><lb/> <l>Statt der Ruh’ gewinne,</l><lb/> <l>Sturm und Unbeſtand.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das leſende Kind.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Auf den Schooß das Buch gebreitet,</l><lb/> <l>Scheinſt du nichts um dich zu miſſen,</l><lb/> <l>Starrſt hinein, indeß befliſſen</l><lb/> <l>Ueber’s Blatt der Finger gleitet.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>In das Meer der Zeichen leitet</l><lb/> <l>Dich kein Können noch und Wiſſen,</l><lb/> <l>Unbeſchränkt, in ſchwanken Riſſen</l><lb/> <l>Sich dein junges Sinnen weitet.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Süßes Dämmern! Traumumwoben</l><lb/> <l>Schläft das Denken noch im Neſte,</l><lb/> <l>Nur das Fühlen ſchwebt nach oben.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0103]
Friedrich Adler.
Unaufhörlich ringen
Soll des Hirnes Haſt,
Nichts die Hand vollbringen,
Wie’s die Bruſt erfaßt.
Fremd und irrend ſchwebe
Durch das klare Sein,
Leeren Träumen lebe,
Selbſtgebautem Schein.
Wandle durch den Reigen,
Der ſich gierig drängt,
Bis dich einſt in Schweigen
Atropos empfängt. —
Rinne, Faden, rinne
Aus der ernſten Hand,
Statt der Ruh’ gewinne,
Sturm und Unbeſtand.
Das leſende Kind.
Originalbeitrag.
Auf den Schooß das Buch gebreitet,
Scheinſt du nichts um dich zu miſſen,
Starrſt hinein, indeß befliſſen
Ueber’s Blatt der Finger gleitet.
In das Meer der Zeichen leitet
Dich kein Können noch und Wiſſen,
Unbeſchränkt, in ſchwanken Riſſen
Sich dein junges Sinnen weitet.
Süßes Dämmern! Traumumwoben
Schläft das Denken noch im Neſte,
Nur das Fühlen ſchwebt nach oben.
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