Als die Baronin durch die Hecke geschlüpft -- sie hoffte, unbemerkt von den Verfolgern, -- befand sie sich in einem schmalen Gange, der eigentlich nicht zum Spazierengehen, sondern, zwischen der beschnit¬ tenen Baumhecke und einem alten Plankenzaune, mit Unkraut bewachsen und für den Kehricht des Gar¬ tens bestimmt war. Ihre Absicht war auch wohl ge¬ wesen, wenn das wilde Heer vorüber, in die Allee zu ihrem Freunde zurückzukehren. Davon wurde sie zu ihrem Schreck durch einen andern Mann, den sie nicht als ihren Freund betrachtete, abgehalten. Nein, sie fürchtete oder verabscheute den alten Herrn von Bovillard, und glaubte dazu hinlänglichen Grund zu haben, denn hatte nicht der Legationsrath in einer vertrauten Stunde ihr -- wir sagen nicht Alles, aber doch Vieles vertraut, was sie nie erfahren durfte, wenn man nicht ohnedem wüßte, daß das Amtssiegel der Verschwiegenheit über die geheimen Staatsange¬ legenheiten in der Hinterstube des Geheimrath Bo¬ villard nur zu oft erbrochen war.
Zwölftes Kapitel. Die Scheideſtunde ſchlug.
Als die Baronin durch die Hecke geſchlüpft — ſie hoffte, unbemerkt von den Verfolgern, — befand ſie ſich in einem ſchmalen Gange, der eigentlich nicht zum Spazierengehen, ſondern, zwiſchen der beſchnit¬ tenen Baumhecke und einem alten Plankenzaune, mit Unkraut bewachſen und für den Kehricht des Gar¬ tens beſtimmt war. Ihre Abſicht war auch wohl ge¬ weſen, wenn das wilde Heer vorüber, in die Allee zu ihrem Freunde zurückzukehren. Davon wurde ſie zu ihrem Schreck durch einen andern Mann, den ſie nicht als ihren Freund betrachtete, abgehalten. Nein, ſie fürchtete oder verabſcheute den alten Herrn von Bovillard, und glaubte dazu hinlänglichen Grund zu haben, denn hatte nicht der Legationsrath in einer vertrauten Stunde ihr — wir ſagen nicht Alles, aber doch Vieles vertraut, was ſie nie erfahren durfte, wenn man nicht ohnedem wüßte, daß das Amtsſiegel der Verſchwiegenheit über die geheimen Staatsange¬ legenheiten in der Hinterſtube des Geheimrath Bo¬ villard nur zu oft erbrochen war.
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Zwölftes Kapitel.
Die Scheideſtunde ſchlug.
Als die Baronin durch die Hecke geſchlüpft —
ſie hoffte, unbemerkt von den Verfolgern, — befand
ſie ſich in einem ſchmalen Gange, der eigentlich nicht
zum Spazierengehen, ſondern, zwiſchen der beſchnit¬
tenen Baumhecke und einem alten Plankenzaune, mit
Unkraut bewachſen und für den Kehricht des Gar¬
tens beſtimmt war. Ihre Abſicht war auch wohl ge¬
weſen, wenn das wilde Heer vorüber, in die Allee
zu ihrem Freunde zurückzukehren. Davon wurde ſie
zu ihrem Schreck durch einen andern Mann, den ſie
nicht als ihren Freund betrachtete, abgehalten. Nein,
ſie fürchtete oder verabſcheute den alten Herrn von
Bovillard, und glaubte dazu hinlänglichen Grund zu
haben, denn hatte nicht der Legationsrath in einer
vertrauten Stunde ihr — wir ſagen nicht Alles,
aber doch Vieles vertraut, was ſie nie erfahren durfte,
wenn man nicht ohnedem wüßte, daß das Amtsſiegel
der Verſchwiegenheit über die geheimen Staatsange¬
legenheiten in der Hinterſtube des Geheimrath Bo¬
villard nur zu oft erbrochen war.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. [249]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/259>, abgerufen am 21.11.2024.
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