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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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"Mir?"

"Dir und der Cousine Schlarbaum. Die muß
doch den Spectakel mit ansehen, und hat keinen, der
sie führt. Ich, weißt Du, geh' nie ins Theater, da
habe ich Dich ihr vorgeschlagen."

"Also darum --" Eine flüchtige Röthe belebte
Walters Gesicht und ein schmerzlicher Zug ging um
seinen Mund. "In dieser Angelegenheit, dachte ich,
wären wir im Reinen."

"Du meinst doch nicht, daß ich meine Puppe
einem Taugenichts aufdringen will, der sie nicht mag.
Dazu ist mir das Mädchen viel zu lieb, und ihr
ganzes Vermögen steckt in meiner Handlung. Wenn
sie nun rabbiat würde, wie gewisse Leute, die man
gegen ihren Willen verheirathen wollte. Ich kenne
Einen, der lief drum aus dem Hause. Wenn sie
nun auch aus dem Hause liefe, nämlich mit ihrem
Capital, verstehst Du mich, sie kündigte es mir, weil
sie sich nicht verkuppeln lassen will."

Walter lächelte: "Meine Cousine Minchen ist ein
viel zu sanftes Mädchen, und liebt ihren Oheim zu
innig, um ihr Vermögen ihm zu kündigen."

"Alle Sanftmuth hat ihre Gränzen, wenns ans
Mein und Dein geht. Und -- und wenn das Vor¬
mundschaftsgericht -- Du fürchtest Dich doch nicht,
daß Mamsell Alltag eifersüchtig wird, weil Du Deine
Cousine führst? Au contraire, Du schlägst da zwei
Fliegen mit einer Klappe. Hat sie Dir schon er¬
laubt, Dich ins Theater, auf die Promenade zu

„Mir?“

„Dir und der Couſine Schlarbaum. Die muß
doch den Spectakel mit anſehen, und hat keinen, der
ſie führt. Ich, weißt Du, geh' nie ins Theater, da
habe ich Dich ihr vorgeſchlagen.“

„Alſo darum —“ Eine flüchtige Röthe belebte
Walters Geſicht und ein ſchmerzlicher Zug ging um
ſeinen Mund. „In dieſer Angelegenheit, dachte ich,
wären wir im Reinen.“

„Du meinſt doch nicht, daß ich meine Puppe
einem Taugenichts aufdringen will, der ſie nicht mag.
Dazu iſt mir das Mädchen viel zu lieb, und ihr
ganzes Vermögen ſteckt in meiner Handlung. Wenn
ſie nun rabbiat würde, wie gewiſſe Leute, die man
gegen ihren Willen verheirathen wollte. Ich kenne
Einen, der lief drum aus dem Hauſe. Wenn ſie
nun auch aus dem Hauſe liefe, nämlich mit ihrem
Capital, verſtehſt Du mich, ſie kündigte es mir, weil
ſie ſich nicht verkuppeln laſſen will.“

Walter lächelte: „Meine Couſine Minchen iſt ein
viel zu ſanftes Mädchen, und liebt ihren Oheim zu
innig, um ihr Vermögen ihm zu kündigen.“

„Alle Sanftmuth hat ihre Gränzen, wenns ans
Mein und Dein geht. Und — und wenn das Vor¬
mundſchaftsgericht — Du fürchteſt Dich doch nicht,
daß Mamſell Alltag eiferſüchtig wird, weil Du Deine
Couſine führſt? Au contraire, Du ſchlägſt da zwei
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[233/0243] „Mir?“ „Dir und der Couſine Schlarbaum. Die muß doch den Spectakel mit anſehen, und hat keinen, der ſie führt. Ich, weißt Du, geh' nie ins Theater, da habe ich Dich ihr vorgeſchlagen.“ „Alſo darum —“ Eine flüchtige Röthe belebte Walters Geſicht und ein ſchmerzlicher Zug ging um ſeinen Mund. „In dieſer Angelegenheit, dachte ich, wären wir im Reinen.“ „Du meinſt doch nicht, daß ich meine Puppe einem Taugenichts aufdringen will, der ſie nicht mag. Dazu iſt mir das Mädchen viel zu lieb, und ihr ganzes Vermögen ſteckt in meiner Handlung. Wenn ſie nun rabbiat würde, wie gewiſſe Leute, die man gegen ihren Willen verheirathen wollte. Ich kenne Einen, der lief drum aus dem Hauſe. Wenn ſie nun auch aus dem Hauſe liefe, nämlich mit ihrem Capital, verſtehſt Du mich, ſie kündigte es mir, weil ſie ſich nicht verkuppeln laſſen will.“ Walter lächelte: „Meine Couſine Minchen iſt ein viel zu ſanftes Mädchen, und liebt ihren Oheim zu innig, um ihr Vermögen ihm zu kündigen.“ „Alle Sanftmuth hat ihre Gränzen, wenns ans Mein und Dein geht. Und — und wenn das Vor¬ mundſchaftsgericht — Du fürchteſt Dich doch nicht, daß Mamſell Alltag eiferſüchtig wird, weil Du Deine Couſine führſt? Au contraire, Du ſchlägſt da zwei Fliegen mit einer Klappe. Hat ſie Dir ſchon er¬ laubt, Dich ins Theater, auf die Promenade zu

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/243>, abgerufen am 26.04.2024.