Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Achenwall, Gottfried: Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republicken. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorbereitung zur
rem Cörper und an ihrem Gemüthe. Eine je-
de Nation hat hierinnen etwas eigenes. Man
untersucht dasjenige, worinnen die meisten ein-
ander ähnlich sind, und drücket es in allgemei-
nen Sätzen aus. Es ist aber nur ein wahr-
scheinlicher Schluß.

* Man darf es also von einzelnen Personen nicht
mit Gewißheit bejahen. Man findet überall gesunde
und ktanke, gescheute und thörichte, tugendliebende
und lasterhafte Menschen. Durch die Erziehung, das
Alter, die grosse Welt, die Wissenschaften und Aus-
übung der Sittenlehre wird ein Mensch in eine ganz
andere Form gegossen.
§. 21.

Aus der Schönheit und Dauer schätzt man
die Vollkommenheit eines menschlichen Leibes.
Wie verschieden sind nicht die Völker in der
Farbe, Länge und Stärke! Man hat so gar
Krankheiten, die gewissen Nationen eigen sind.
Das Clima, Speise und Trank und die harte
oder zärtliche Lebensart trägt hiezu das meisten
bey.

§. 22.

Man bildet die Nationen auch nach ihrem
Gemüthe ab. Es ist nicht zu leugnen, daß
nachdem die Temperamente verschieden sind, ein
Volck mehr Witz oder mehr Tiefsinnigkeit habe,
und geschwinder oder langsamer denke, rede und
handele. Die Affecten sind eben so wenig über-

all

Vorbereitung zur
rem Coͤrper und an ihrem Gemuͤthe. Eine je-
de Nation hat hierinnen etwas eigenes. Man
unterſucht dasjenige, worinnen die meiſten ein-
ander aͤhnlich ſind, und druͤcket es in allgemei-
nen Saͤtzen aus. Es iſt aber nur ein wahr-
ſcheinlicher Schluß.

* Man darf es alſo von einzelnen Perſonen nicht
mit Gewißheit bejahen. Man findet uͤberall geſunde
und ktanke, geſcheute und thoͤrichte, tugendliebende
und laſterhafte Menſchen. Durch die Erziehung, das
Alter, die groſſe Welt, die Wiſſenſchaften und Aus-
uͤbung der Sittenlehre wird ein Menſch in eine ganz
andere Form gegoſſen.
§. 21.

Aus der Schoͤnheit und Dauer ſchaͤtzt man
die Vollkommenheit eines menſchlichen Leibes.
Wie verſchieden ſind nicht die Voͤlker in der
Farbe, Laͤnge und Staͤrke! Man hat ſo gar
Krankheiten, die gewiſſen Nationen eigen ſind.
Das Clima, Speiſe und Trank und die harte
oder zaͤrtliche Lebensart traͤgt hiezu das meiſten
bey.

§. 22.

Man bildet die Nationen auch nach ihrem
Gemuͤthe ab. Es iſt nicht zu leugnen, daß
nachdem die Temperamente verſchieden ſind, ein
Volck mehr Witz oder mehr Tiefſinnigkeit habe,
und geſchwinder oder langſamer denke, rede und
handele. Die Affecten ſind eben ſo wenig uͤber-

all
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0026" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorbereitung zur</hi></fw><lb/>
rem <hi rendition="#fr">Co&#x0364;rper</hi> und an ihrem <hi rendition="#fr">Gemu&#x0364;the.</hi> Eine je-<lb/>
de Nation hat hierinnen etwas eigenes. Man<lb/>
unter&#x017F;ucht dasjenige, worinnen die mei&#x017F;ten ein-<lb/>
ander a&#x0364;hnlich &#x017F;ind, und dru&#x0364;cket es in allgemei-<lb/>
nen Sa&#x0364;tzen aus. Es i&#x017F;t aber nur ein wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlicher Schluß.</p><lb/>
          <note place="end" n="*">Man darf es al&#x017F;o von einzelnen Per&#x017F;onen nicht<lb/>
mit Gewißheit bejahen. Man findet u&#x0364;berall ge&#x017F;unde<lb/>
und ktanke, ge&#x017F;cheute und tho&#x0364;richte, tugendliebende<lb/>
und la&#x017F;terhafte Men&#x017F;chen. Durch die Erziehung, das<lb/>
Alter, die gro&#x017F;&#x017F;e Welt, die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften und Aus-<lb/>
u&#x0364;bung der Sittenlehre wird ein Men&#x017F;ch in eine ganz<lb/>
andere Form gego&#x017F;&#x017F;en.</note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 21.</head><lb/>
          <p>Aus der Scho&#x0364;nheit und Dauer &#x017F;cha&#x0364;tzt man<lb/>
die Vollkommenheit eines men&#x017F;chlichen <hi rendition="#fr">Leibes.</hi><lb/>
Wie ver&#x017F;chieden &#x017F;ind nicht die Vo&#x0364;lker in der<lb/>
Farbe, La&#x0364;nge und Sta&#x0364;rke! Man hat &#x017F;o gar<lb/>
Krankheiten, die gewi&#x017F;&#x017F;en Nationen eigen &#x017F;ind.<lb/>
Das Clima, Spei&#x017F;e und Trank und die harte<lb/>
oder za&#x0364;rtliche Lebensart tra&#x0364;gt hiezu das mei&#x017F;ten<lb/>
bey.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 22.</head><lb/>
          <p>Man bildet die Nationen auch nach ihrem<lb/><hi rendition="#fr">Gemu&#x0364;the</hi> ab. Es i&#x017F;t nicht zu leugnen, daß<lb/>
nachdem die Temperamente ver&#x017F;chieden &#x017F;ind, ein<lb/>
Volck mehr Witz oder mehr Tief&#x017F;innigkeit habe,<lb/>
und ge&#x017F;chwinder oder lang&#x017F;amer denke, rede und<lb/>
handele. Die Affecten &#x017F;ind eben &#x017F;o wenig u&#x0364;ber-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">all</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0026] Vorbereitung zur rem Coͤrper und an ihrem Gemuͤthe. Eine je- de Nation hat hierinnen etwas eigenes. Man unterſucht dasjenige, worinnen die meiſten ein- ander aͤhnlich ſind, und druͤcket es in allgemei- nen Saͤtzen aus. Es iſt aber nur ein wahr- ſcheinlicher Schluß. * Man darf es alſo von einzelnen Perſonen nicht mit Gewißheit bejahen. Man findet uͤberall geſunde und ktanke, geſcheute und thoͤrichte, tugendliebende und laſterhafte Menſchen. Durch die Erziehung, das Alter, die groſſe Welt, die Wiſſenſchaften und Aus- uͤbung der Sittenlehre wird ein Menſch in eine ganz andere Form gegoſſen. §. 21. Aus der Schoͤnheit und Dauer ſchaͤtzt man die Vollkommenheit eines menſchlichen Leibes. Wie verſchieden ſind nicht die Voͤlker in der Farbe, Laͤnge und Staͤrke! Man hat ſo gar Krankheiten, die gewiſſen Nationen eigen ſind. Das Clima, Speiſe und Trank und die harte oder zaͤrtliche Lebensart traͤgt hiezu das meiſten bey. §. 22. Man bildet die Nationen auch nach ihrem Gemuͤthe ab. Es iſt nicht zu leugnen, daß nachdem die Temperamente verſchieden ſind, ein Volck mehr Witz oder mehr Tiefſinnigkeit habe, und geſchwinder oder langſamer denke, rede und handele. Die Affecten ſind eben ſo wenig uͤber- all

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/achenwall_staatswissenschaft_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/achenwall_staatswissenschaft_1749/26
Zitationshilfe: Achenwall, Gottfried: Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republicken. Göttingen, 1749, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/achenwall_staatswissenschaft_1749/26>, abgerufen am 21.12.2024.