Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.XI. Als ich einst auf Nordlands Küsten, meine Stiefel ge- Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit Mühe mein Ich weiß nicht, wie lange ich mich so auf der Erde herum- XI. Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine Stiefel ge- Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit Mühe mein Ich weiß nicht, wie lange ich mich ſo auf der Erde herum- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0094" n="[76]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">XI.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine Stiefel ge-<lb/> hemmt, Flechten und Algen ſammelte, trat mir unverſehens<lb/> um die Ecke eines Felſens ein Eisbär entgegen. Ich wollte,<lb/> nach weggeworfenen Pantoffeln, auf eine gegenüber liegende<lb/> Inſel treten, zu der mir ein dazwiſchen aus den Wellen her-<lb/> vorragender nackter Felſen den Uebergang bahnte. Ich trat<lb/> mit dem einen Fuß auf den Felſen feſt auf, und ſtürzte auf<lb/> der andern Seite in das Meer, weil mir unbemerkt der Pan-<lb/> toffel am anderen Fuß haften geblieben war.</p><lb/> <p>Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit Mühe mein<lb/> Leben aus dieſer Gefahr; ſobald ich Land hielt, lief ich, ſo<lb/> ſchnell ich konnte, nach der Lybiſchen Wüſte, um mich da an<lb/> der Sonne zu trocknen. Wie ich ihr aber ausgeſetzt war,<lb/> brannte ſie mir ſo heiß auf den Kopf, daß ich ſehr krank wie-<lb/> der nach Norden taumelte. Ich ſuchte durch heftige Bewe-<lb/> gung mir Erleichterung zu verſchaffen, und lief mit unſichern<lb/> raſchen Schritten von Weſten nach Oſten und von Oſten nach<lb/> Weſten. Ich befand mich bald in dem Tag und bald in der<lb/> Nacht; bald im Sommer und bald in der Winterkälte.</p><lb/> <p>Ich weiß nicht, wie lange ich mich ſo auf der Erde herum-<lb/> taumelte. Ein brennendes Fieber glühte durch meine Adern,<lb/> ich fühlte mit großer Angſt die Beſinnung mich verlaſſen,<lb/> Noch wollte das Unglück, daß ich bei ſo unvorſichtigem Lau-<lb/> fen Jemanden auf den Fuß trat. Ich mochte ihm weh gethan<lb/> haben; ich erhielt einen ſtarken Stoß und ich fiel hin. —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [[76]/0094]
XI.
Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine Stiefel ge-
hemmt, Flechten und Algen ſammelte, trat mir unverſehens
um die Ecke eines Felſens ein Eisbär entgegen. Ich wollte,
nach weggeworfenen Pantoffeln, auf eine gegenüber liegende
Inſel treten, zu der mir ein dazwiſchen aus den Wellen her-
vorragender nackter Felſen den Uebergang bahnte. Ich trat
mit dem einen Fuß auf den Felſen feſt auf, und ſtürzte auf
der andern Seite in das Meer, weil mir unbemerkt der Pan-
toffel am anderen Fuß haften geblieben war.
Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit Mühe mein
Leben aus dieſer Gefahr; ſobald ich Land hielt, lief ich, ſo
ſchnell ich konnte, nach der Lybiſchen Wüſte, um mich da an
der Sonne zu trocknen. Wie ich ihr aber ausgeſetzt war,
brannte ſie mir ſo heiß auf den Kopf, daß ich ſehr krank wie-
der nach Norden taumelte. Ich ſuchte durch heftige Bewe-
gung mir Erleichterung zu verſchaffen, und lief mit unſichern
raſchen Schritten von Weſten nach Oſten und von Oſten nach
Weſten. Ich befand mich bald in dem Tag und bald in der
Nacht; bald im Sommer und bald in der Winterkälte.
Ich weiß nicht, wie lange ich mich ſo auf der Erde herum-
taumelte. Ein brennendes Fieber glühte durch meine Adern,
ich fühlte mit großer Angſt die Beſinnung mich verlaſſen,
Noch wollte das Unglück, daß ich bei ſo unvorſichtigem Lau-
fen Jemanden auf den Fuß trat. Ich mochte ihm weh gethan
haben; ich erhielt einen ſtarken Stoß und ich fiel hin. —
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