Als ich einst auf Nordlands Küsten, meine Stiefel gehemmt, Flechten und Algen sammelte, trat mir unversehens um die Ecke eines Felsens ein Eisbär entgegen. Ich wollte, nach weggewor- fenen Pantoffeln, auf eine gegen über liegende Insel treten, zu der mir ein dazwischen aus den Wellen hervorragender nackter Felsen den Ueber- gang bahnte. Ich trat mit dem einen Fuß auf den Felsen fest auf, und stürzte auf der andern Seite in das Meer, weil mir unbemerkt der Pantoffel am anderen Fuß haften geblieben war.
Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit Mühe mein Leben aus dieser Gefahr; sobald ich Land hielt, lief ich, so schnell ich konnte, nach der Lybischen Wüste, um mich da an der Sonne zu trocknen. Wie ich ihr aber ausgesetzt war, brannte sie mir so heiß auf den Kopf, daß ich sehr krank wieder nach Norden taumelte. Ich suchte durch
XI.
Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine Stiefel gehemmt, Flechten und Algen ſammelte, trat mir unverſehens um die Ecke eines Felſens ein Eisbär entgegen. Ich wollte, nach weggewor- fenen Pantoffeln, auf eine gegen über liegende Inſel treten, zu der mir ein dazwiſchen aus den Wellen hervorragender nackter Felſen den Ueber- gang bahnte. Ich trat mit dem einen Fuß auf den Felſen feſt auf, und ſtürzte auf der andern Seite in das Meer, weil mir unbemerkt der Pantoffel am anderen Fuß haften geblieben war.
Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit Mühe mein Leben aus dieſer Gefahr; ſobald ich Land hielt, lief ich, ſo ſchnell ich konnte, nach der Lybiſchen Wüſte, um mich da an der Sonne zu trocknen. Wie ich ihr aber ausgeſetzt war, brannte ſie mir ſo heiß auf den Kopf, daß ich ſehr krank wieder nach Norden taumelte. Ich ſuchte durch
<TEI><text><body><pbn="[118]"facs="#f0150"/><milestoneunit="section"rendition="#hr"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#aq">XI.</hi></head><lb/><p>Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine<lb/>
Stiefel gehemmt, Flechten und Algen ſammelte,<lb/>
trat mir unverſehens um die Ecke eines Felſens<lb/>
ein Eisbär entgegen. Ich wollte, nach weggewor-<lb/>
fenen Pantoffeln, auf eine gegen über liegende<lb/>
Inſel treten, zu der mir ein dazwiſchen aus den<lb/>
Wellen hervorragender nackter Felſen den Ueber-<lb/>
gang bahnte. Ich trat mit dem einen Fuß auf den<lb/>
Felſen feſt auf, und ſtürzte auf der andern Seite<lb/>
in das Meer, weil mir unbemerkt der Pantoffel<lb/>
am anderen Fuß haften geblieben war.</p><lb/><p>Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit<lb/>
Mühe mein Leben aus dieſer Gefahr; ſobald ich<lb/>
Land hielt, lief ich, ſo ſchnell ich konnte, nach der<lb/>
Lybiſchen Wüſte, um mich da an der Sonne zu<lb/>
trocknen. Wie ich ihr aber ausgeſetzt war, brannte<lb/>ſie mir ſo heiß auf den Kopf, daß ich ſehr krank<lb/>
wieder nach Norden taumelte. Ich ſuchte durch<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[118]/0150]
XI.
Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine
Stiefel gehemmt, Flechten und Algen ſammelte,
trat mir unverſehens um die Ecke eines Felſens
ein Eisbär entgegen. Ich wollte, nach weggewor-
fenen Pantoffeln, auf eine gegen über liegende
Inſel treten, zu der mir ein dazwiſchen aus den
Wellen hervorragender nackter Felſen den Ueber-
gang bahnte. Ich trat mit dem einen Fuß auf den
Felſen feſt auf, und ſtürzte auf der andern Seite
in das Meer, weil mir unbemerkt der Pantoffel
am anderen Fuß haften geblieben war.
Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit
Mühe mein Leben aus dieſer Gefahr; ſobald ich
Land hielt, lief ich, ſo ſchnell ich konnte, nach der
Lybiſchen Wüſte, um mich da an der Sonne zu
trocknen. Wie ich ihr aber ausgeſetzt war, brannte
ſie mir ſo heiß auf den Kopf, daß ich ſehr krank
wieder nach Norden taumelte. Ich ſuchte durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. [118]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/150>, abgerufen am 02.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.