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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Fünffte Buch/
[Spaltenumbruch] abgetheilet wird/ deren jedes neun blätter
trägt/ daher man es Enneaphyllum nennet.
Die bleich-grüne blumen kommen fast mit
der schwartzen Nießwurtz blumen überein/
sind inwendig mit einem schöttlein besetzt/
darinn der schwartze samen ligt. Das gan-
tze Gewächs stinckt übel/ blühet im anfang
des Sommers: wächßt auff rauhen und
steinichten bergen/ bißweilen grösser und zu
zeiten kleiner. Man soll es nicht in den Leib
gebrauchen/ denn es die Läuß/ davon es den
namen Läußkraut hat/ nicht allein tödet/
sondern es sterben auch die Füchs und Wölff
darvon/ wenn sie es genossen haben. Wächßt
allhier hin und wider in zimlicher menge.



CAPUT CXI.
[Abbildung] Weisse Nießwurtz. Helleborus albus.
Namen.

WEisse Nießwurtz heißt Griechisch/
[fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen]. Lateinisch/ Hel-
leborus albus, Veratrum album.
Jta-
liänisch/ Helleboro bianco. Frantzösisch/ El-
lebore blanc.
Spanisch/ Verdeyambre blanco,
Yerva de ballesta.
Englisch/ White ellebore.
Niderländisch/ Wit niescruyd.

Gestalt.

Die weisse Nießwurtz/ Helleborus albus
flore subviridi, C. B. albus, J. B.
hat einen sten-
gel elen-hoch/ bißweilen höher/ inwendig
hol/ außwendig mit etlichen häutlein be-
deckt/ welche sich abschelen/ wenn er dürr
wird. Die blätter vergleichen sich dem We-
gerich oder Entzian/ sind aber nicht so lang/
mit braunlichten striemen durchzogen. Zwi-
schen den blättern/ und oben am gipffel des
stengels zu beyden seiten/ erscheinen viel
drauschlichte/ grünlichte/ und bißweilen
schwartz-rothe blümlein wie sternlein/ darauß
werden kleine schöttlein/ darinnen ligt der
[Spaltenumbruch] samen. Die wurtzel ist dicker als ein daum/
außwendig braun erdfarb/ inwendig aber
weiß und luck/ mit viel weissen/ zarten ne-
ben-wurtzeln rings herumb besetzt/ am ge-
schmack scharff und hitzig/ so man sie kewet/
ziehet sie den speichel wie Bertram. Wächßt
gern auff den kalten wilden Gebürgen/ über-
all in Teutschland/ als im Schweitzerland/
Schwartzwald/ Elsaß und andern orten.
Sie wird auff dem Bernischen Nesso oder
Niessen-berg/ als von welcher er seinen na-
men bekommen/ in grosser menge gefun-
den. Allda findet man noch eine andere
art/ so dieser in allem gleich/ weder daß sie
kleinere blättlein hat/ den spitzen Wegrich-
blättern ähnlich/ und schwartz-rothe blumen/
deren jegliche auff ihrem eigenen stielein si-
tzet/ den stengel umbgeben. Man findet die
weisse Nießwurtz auch auff dem Lucernischen
Fracmont oder Pilatus-berg.

Eigenschafft.

Die weisse Nießwurtz ist mit einem scharff
etzenden vitriolischen saltz oder gifft begabet/
deßwegen warm und trocken im dritten
grad; purgieret sehr starck über und under
sich/ und wird deßwegen inwendig nicht son-
derlich mehr gebraucht.

Gebrauch.

So jemand von der Schlaffsucht ange-Schlaff-
sucht.

griffen worden/ also daß man ihne kaum er-
wecken kan/ soll man ihme einer Erbs groß
von der gepulverten weissen Nießwurtz durch
einen Federkengel in die Naß öchlein blasen.

Die weisse Nießwurtz sol nicht in Leib ge-
braucht werden/ denn sie den Menschen so
hart zum Erbrechen treibet/ daß er auch da-
von ersticken kan.

Wenn man die Fliegen vertreiben will/
soll man Nießwurtz in Milch sieden und es
ihnen fürstellen/ soviel davon essen müssen
sterben. Deßgleichen mit Mehl vermischet
und den Mäusen dargestellt/ tödet sie auch.



CAPUT CXII.
Vermeinte weisse Nießwurtz.
Helleborine.
Namen.

VErmeinte weisse Nießwurtz/ Helle-
borin-kraut/ heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 3 Zeichen fehlen]-
[fremdsprachliches Material - 5 Zeichen fehlen]. Lateinisch/ Helleborine, Elle-
borine, Epipactis.
Englisch/ White Hel-
lebore.

Geschlecht und Gestalt.
1. Das breit-blättige Helleborin-kraut/
Helleborine montana latifolia, C. B. Ellebori-
ne Dodonaei, J. B.
bringt auß einer weissen/
bittern/ zaßlichten wurtzel/ ein oder mehr
fast elen-hohe/ runde/ und gleichsam mit
Mehl angesprengte stengel/ an welchen die
aderichten/ ablang zugespitzten/ bittern blät-
ter ohne stiel wachsen/ und wechsel-weiß sie-
hen. Die helffte des stengels wird mit blu-
men gezieret/ welche bey nahem denen in der
Stendelwurtz gleich kommen/ und mit zwey-
en weissen samt dreyen grünlichten blättlein
also begabet/ daß sie einer Mucken mit auff-
gesperrtem Rachen gleich sehen. Unter
jedem

Das Fuͤnffte Buch/
[Spaltenumbruch] abgetheilet wird/ deren jedes neun blaͤtter
traͤgt/ daher man es Enneaphyllum nennet.
Die bleich-gruͤne blumen kommen faſt mit
der ſchwartzen Nießwurtz blumen uͤberein/
ſind inwendig mit einem ſchoͤttlein beſetzt/
darinn der ſchwartze ſamen ligt. Das gan-
tze Gewaͤchs ſtinckt uͤbel/ bluͤhet im anfang
des Sommers: waͤchßt auff rauhen und
ſteinichten bergen/ bißweilen groͤſſer und zu
zeiten kleiner. Man ſoll es nicht in den Leib
gebrauchen/ denn es die Laͤuß/ davon es den
namen Laͤußkraut hat/ nicht allein toͤdet/
ſondern es ſterben auch die Fuͤchs und Woͤlff
darvon/ wenn ſie es genoſſen haben. Waͤchßt
allhier hin und wider in zimlicher menge.



CAPUT CXI.
[Abbildung] Weiſſe Nießwurtz. Helleborus albus.
Namen.

WEiſſe Nießwurtz heißt Griechiſch/
[fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen]. Lateiniſch/ Hel-
leborus albus, Veratrum album.
Jta-
liaͤniſch/ Helleboro bianco. Frantzoͤſiſch/ El-
lebore blanc.
Spaniſch/ Verdeyambre blanco,
Yerva de balleſta.
Engliſch/ White ellebore.
Niderlaͤndiſch/ Wit niescruyd.

Geſtalt.

Die weiſſe Nießwurtz/ Helleborus albus
flore ſubviridi, C. B. albus, J. B.
hat einen ſten-
gel elen-hoch/ bißweilen hoͤher/ inwendig
hol/ außwendig mit etlichen haͤutlein be-
deckt/ welche ſich abſchelen/ wenn er duͤrꝛ
wird. Die blaͤtter vergleichen ſich dem We-
gerich oder Entzian/ ſind aber nicht ſo lang/
mit braunlichten ſtriemen durchzogen. Zwi-
ſchen den blaͤttern/ und oben am gipffel des
ſtengels zu beyden ſeiten/ erſcheinen viel
drauſchlichte/ gruͤnlichte/ und bißweilen
ſchwartz-rothe bluͤmlein wie ſternlein/ darauß
werden kleine ſchoͤttlein/ darinnen ligt der
[Spaltenumbruch] ſamen. Die wurtzel iſt dicker als ein daum/
außwendig braun erdfarb/ inwendig aber
weiß und luck/ mit viel weiſſen/ zarten ne-
ben-wurtzeln rings herumb beſetzt/ am ge-
ſchmack ſcharff und hitzig/ ſo man ſie kewet/
ziehet ſie den ſpeichel wie Bertram. Waͤchßt
gern auff den kalten wilden Gebuͤrgen/ uͤber-
all in Teutſchland/ als im Schweitzerland/
Schwartzwald/ Elſaß und andern orten.
Sie wird auff dem Berniſchen Neſſo oder
Nieſſen-berg/ als von welcher er ſeinen na-
men bekommen/ in groſſer menge gefun-
den. Allda findet man noch eine andere
art/ ſo dieſer in allem gleich/ weder daß ſie
kleinere blaͤttlein hat/ den ſpitzen Wegrich-
blaͤttern aͤhnlich/ und ſchwartz-rothe blumen/
deren jegliche auff ihrem eigenen ſtielein ſi-
tzet/ den ſtengel umbgeben. Man findet die
weiſſe Nießwurtz auch auff dem Lucerniſchen
Fracmont oder Pilatus-berg.

Eigenſchafft.

Die weiſſe Nießwurtz iſt mit einem ſcharff
etzenden vitrioliſchen ſaltz oder gifft begabet/
deßwegen warm und trocken im dritten
grad; purgieret ſehr ſtarck uͤber und under
ſich/ und wird deßwegen inwendig nicht ſon-
derlich mehr gebraucht.

Gebrauch.

So jemand von der Schlaffſucht ange-Schlaff-
ſucht.

griffen worden/ alſo daß man ihne kaum er-
wecken kan/ ſoll man ihme einer Erbs groß
von der gepůlverten weiſſen Nießwurtz durch
einen Federkengel in die Naß oͤchlein blaſen.

Die weiſſe Nießwurtz ſol nicht in Leib ge-
braucht werden/ denn ſie den Menſchen ſo
hart zum Erbrechen treibet/ daß er auch da-
von erſticken kan.

Wenn man die Fliegen vertreiben will/
ſoll man Nießwurtz in Milch ſieden und es
ihnen fuͤrſtellen/ ſoviel davon eſſen muͤſſen
ſterben. Deßgleichen mit Mehl vermiſchet
und den Maͤuſen dargeſtellt/ toͤdet ſie auch.



CAPUT CXII.
Vermeinte weiſſe Nießwurtz.
Helleborine.
Namen.

VErmeinte weiſſe Nießwurtz/ Helle-
borin-kraut/ heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 3 Zeichen fehlen]-
[fremdsprachliches Material – 5 Zeichen fehlen]. Lateiniſch/ Helleborine, Elle-
borine, Epipactis.
Engliſch/ White Hel-
lebore.

Geſchlecht und Geſtalt.
1. Das breit-blaͤttige Helleborin-kraut/
Helleborine montana latifolia, C. B. Ellebori-
ne Dodonæi, J. B.
bringt auß einer weiſſen/
bittern/ zaßlichten wurtzel/ ein oder mehr
faſt elen-hohe/ runde/ und gleichſam mit
Mehl angeſprengte ſtengel/ an welchen die
aderichten/ ablang zugeſpitzten/ bittern blaͤt-
ter ohne ſtiel wachſen/ und wechſel-weiß ſie-
hen. Die helffte des ſtengels wird mit blu-
men gezieret/ welche bey nahem denen in der
Stendelwurtz gleich kommen/ und mit zwey-
en weiſſen ſamt dreyen gruͤnlichten blaͤttlein
alſo begabet/ daß ſie einer Mucken mit auff-
geſperꝛtem Rachen gleich ſehen. Unter
jedem
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[962/0978] Das Fuͤnffte Buch/ abgetheilet wird/ deren jedes neun blaͤtter traͤgt/ daher man es Enneaphyllum nennet. Die bleich-gruͤne blumen kommen faſt mit der ſchwartzen Nießwurtz blumen uͤberein/ ſind inwendig mit einem ſchoͤttlein beſetzt/ darinn der ſchwartze ſamen ligt. Das gan- tze Gewaͤchs ſtinckt uͤbel/ bluͤhet im anfang des Sommers: waͤchßt auff rauhen und ſteinichten bergen/ bißweilen groͤſſer und zu zeiten kleiner. Man ſoll es nicht in den Leib gebrauchen/ denn es die Laͤuß/ davon es den namen Laͤußkraut hat/ nicht allein toͤdet/ ſondern es ſterben auch die Fuͤchs und Woͤlff darvon/ wenn ſie es genoſſen haben. Waͤchßt allhier hin und wider in zimlicher menge. CAPUT CXI. [Abbildung Weiſſe Nießwurtz. Helleborus albus. ] Namen. WEiſſe Nießwurtz heißt Griechiſch/ __. Lateiniſch/ Hel- leborus albus, Veratrum album. Jta- liaͤniſch/ Helleboro bianco. Frantzoͤſiſch/ El- lebore blanc. Spaniſch/ Verdeyambre blanco, Yerva de balleſta. Engliſch/ White ellebore. Niderlaͤndiſch/ Wit niescruyd. Geſtalt. Die weiſſe Nießwurtz/ Helleborus albus flore ſubviridi, C. B. albus, J. B. hat einen ſten- gel elen-hoch/ bißweilen hoͤher/ inwendig hol/ außwendig mit etlichen haͤutlein be- deckt/ welche ſich abſchelen/ wenn er duͤrꝛ wird. Die blaͤtter vergleichen ſich dem We- gerich oder Entzian/ ſind aber nicht ſo lang/ mit braunlichten ſtriemen durchzogen. Zwi- ſchen den blaͤttern/ und oben am gipffel des ſtengels zu beyden ſeiten/ erſcheinen viel drauſchlichte/ gruͤnlichte/ und bißweilen ſchwartz-rothe bluͤmlein wie ſternlein/ darauß werden kleine ſchoͤttlein/ darinnen ligt der ſamen. Die wurtzel iſt dicker als ein daum/ außwendig braun erdfarb/ inwendig aber weiß und luck/ mit viel weiſſen/ zarten ne- ben-wurtzeln rings herumb beſetzt/ am ge- ſchmack ſcharff und hitzig/ ſo man ſie kewet/ ziehet ſie den ſpeichel wie Bertram. Waͤchßt gern auff den kalten wilden Gebuͤrgen/ uͤber- all in Teutſchland/ als im Schweitzerland/ Schwartzwald/ Elſaß und andern orten. Sie wird auff dem Berniſchen Neſſo oder Nieſſen-berg/ als von welcher er ſeinen na- men bekommen/ in groſſer menge gefun- den. Allda findet man noch eine andere art/ ſo dieſer in allem gleich/ weder daß ſie kleinere blaͤttlein hat/ den ſpitzen Wegrich- blaͤttern aͤhnlich/ und ſchwartz-rothe blumen/ deren jegliche auff ihrem eigenen ſtielein ſi- tzet/ den ſtengel umbgeben. Man findet die weiſſe Nießwurtz auch auff dem Lucerniſchen Fracmont oder Pilatus-berg. Eigenſchafft. Die weiſſe Nießwurtz iſt mit einem ſcharff etzenden vitrioliſchen ſaltz oder gifft begabet/ deßwegen warm und trocken im dritten grad; purgieret ſehr ſtarck uͤber und under ſich/ und wird deßwegen inwendig nicht ſon- derlich mehr gebraucht. Gebrauch. So jemand von der Schlaffſucht ange- griffen worden/ alſo daß man ihne kaum er- wecken kan/ ſoll man ihme einer Erbs groß von der gepůlverten weiſſen Nießwurtz durch einen Federkengel in die Naß oͤchlein blaſen. Schlaff- ſucht. Die weiſſe Nießwurtz ſol nicht in Leib ge- braucht werden/ denn ſie den Menſchen ſo hart zum Erbrechen treibet/ daß er auch da- von erſticken kan. Wenn man die Fliegen vertreiben will/ ſoll man Nießwurtz in Milch ſieden und es ihnen fuͤrſtellen/ ſoviel davon eſſen muͤſſen ſterben. Deßgleichen mit Mehl vermiſchet und den Maͤuſen dargeſtellt/ toͤdet ſie auch. CAPUT CXII. Vermeinte weiſſe Nießwurtz. Helleborine. Namen. VErmeinte weiſſe Nießwurtz/ Helle- borin-kraut/ heißt Griechiſch/ ___- _____. Lateiniſch/ Helleborine, Elle- borine, Epipactis. Engliſch/ White Hel- lebore. Geſchlecht und Geſtalt. 1. Das breit-blaͤttige Helleborin-kraut/ Helleborine montana latifolia, C. B. Ellebori- ne Dodonæi, J. B. bringt auß einer weiſſen/ bittern/ zaßlichten wurtzel/ ein oder mehr faſt elen-hohe/ runde/ und gleichſam mit Mehl angeſprengte ſtengel/ an welchen die aderichten/ ablang zugeſpitzten/ bittern blaͤt- ter ohne ſtiel wachſen/ und wechſel-weiß ſie- hen. Die helffte des ſtengels wird mit blu- men gezieret/ welche bey nahem denen in der Stendelwurtz gleich kommen/ und mit zwey- en weiſſen ſamt dreyen gruͤnlichten blaͤttlein alſo begabet/ daß ſie einer Mucken mit auff- geſperꝛtem Rachen gleich ſehen. Unter jedem

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 962. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/978>, abgerufen am 23.11.2024.