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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Fünffte Buch/
[Spaltenumbruch] ten gescheckt Eisenhütlein genennet wird. Es
wächßt viel auff den Oesterreichischen/
Schweitzerischen/ Bündtnerischen/ Saltz-
burgischen/ Steyrmärckischen/ und Böh-
mischen Alp-gebürgen.

Eigenschafft.

Nach der Meinung Avicennae ist das Ei-
senhütlein warm und trocken im vierten
grad/ hat ein starck-etzendes Saltz bey sich/
dadurch es alles auffbeißt/ hiemit ein rechtes
unbrauchbares Gifft ist.

Gebrauch.

Vor diesem Kraut sollen alle Menschen
ein grosses abscheuen tragen/ dasselbige kei-
nes wegs weder in Leib noch äusserlich ge-
brauchen/ denn es das ärgste Gifft ist.
Wenn die Wurtzel des Eisenhütleins in der
Hand des Menschen nur erwarmet/ tödtet
sie ihne. Es ist auch dieses Gifft so starck/
daß man ihme mit keiner Artzney wider-
stand thun kan/ wie solches Matthiolus mit
nachfolgender Histori beweiset/ welche zu
Prag Anno 1561. geschehen ist. Jhr Hoch-
fürstliche Durchleucht Ertzhertzog Ferdi-
nand/ hatte ein berühmtes Pulver wider
allerley Gifft/ ist an vielen Persohnen be-
währet worden/ insonderhet an einem zum
todt verurtheilten Ubelthäter. Diesem gab
man erstlich Arsenicum oder weiß Ratten-
pulver/ darauff zittert er wunderbahrlich/
geschwal unter dem Angesicht/ und gestellte
sich/ als druckte ihn die hinfallende Sucht/
darauff gab man ihm Jhro Durchleucht
Pulver/ alßbald würget er das Gifft von
sich/ ward also bey seinem Leben erhalten/
und von der verdienten Leibs-straff befreyet.
Da nun Jhr Käyserliche Majestät in obge-
dachtem Jahr zu Prag Hof hielte/ wolte man
obgemeltes pulver auch wider das Eisenhüt-
lein oder den Napellum versuchen/ dieweilen
dises kraut vor allen andern Gewächsen das
ärgste Gifft ist. Man holte das Eisenhüt-
lein auff dem Böhmischen Gebürge/ welches
die Böhmen Krokonaß nennen/ da die Elb
ihren ursprung nimmet/ ligt an der Grän/
tze zwischen Böhmen und Schlesien/ zwey
meilwegs von dem Stättlein Hohenelb ge-
nannt/ daselbst wächßt dieses ertz-gifftige
kraut in grosser menge. Von der wurtzel
nam man ein quintlein schwer zu pulver ge-
stossen/ und mit Rosen-zucker vermischt.
Solches gab der Scherg in gegenwart Jh-
rer Käyserl. Majestät/ und Fürstl. Durleucht/
auch anderer namhafftiger Leuthen/ einem
starcken jungen Mann/ der sein Leben mit
Diebstahl verwürcket hatte/ und morgens
solte gehenckt werden. Man gabs ihme aber
in der meinung/ so er das Gifft durch ob-
genantes Pulver überstehen würde/ ihne
loß zu lassen. Der arme mensch nahme das
Gifft willig/ denn er wolte lieber also ster-
ben/ als offentlich vor allem Volck gehenckt
werden/ darzu hoffet er/ es würde ihm ge-
lingen wie dem ersten/ der das Arsenicum o-
der weiß Ratten-pulver eingenommen hat-
te. Als er nun das Gifft zu sich genom-
men/ saß er bey anderthalb stund in der
warmen stuben/ und fühlet nichts sonderli-
ches von dem Gifft. Da vermeinten die
[Spaltenumbruch] Doctores, das Böhmische Eisenhütlein wä-
re nicht so gifftig/ wie die alten Lehrer von
dem ihrigen schreiben: darzu achteten sie/
dieweil das kraut schon in stengel getretten/
blätter/ blumen und samen getragen hatte/
der wurtzel wäre die krafft nicht wenig ent-
gangen/ derhalben sahen sie für gut an/
man solte der blätter und blumen beydes zu-
sammen ein halb quintlein stossen/ und es
dem armen Sünder über das vorig mit Ro-
sen-zucker einzunehmen darreichen. Als sol-
ches geschehen/ fühlte er noch in zweyen
stunden keine Beschwernuß. Nach gemelten
zweyen stunden klagte er/ daß er am gan-
tzen Leib müde werde/ und seye ihme das
Hertz schwer und matt/ doch redte er starck/
und sahe frisch umb sich. Man greiffte ihm
an die Stirne und Pulß-aderen/ an der
Stirn empfand man einen kühlen schweiß/
und der Pulß fing an zu verschwinden. Da
sich nun das Gifft dieser gestalt gnugsam
beweißte/ gab man ihme alsobald offtgemel-
tes Pulver wider das Gifft in Wein zu
trincken. Da ers getruncken hatte/ verwand
er die Augen scheutzlich/ sperrete das Maul/
krümmete den Halß/ saß auf einem stock/ und
wäre dißmal auff die erden gefallen/ wo ih-
ne der Scherg nicht gehalten: dieweil be-
sprengte man ihm das Antlitz mit Wein-
eßig/ und rupfte ihn bey den haaren/ da kam
er alsbald wider zu sich selbst/ und machte
sich unrein: darnach legte man ihn auff
stroh/ alsobald klagte er/ wie ihn ein schau-
der oder kälte anstiesse/ nachdem übergab er
sich/ und speyete viel stinckenden wust oder
gewässer auß/ von farben geld und bleich-
schwartz/ darauff saget er/ fühlet er besse-
rung/ aber nicht lang hernach wendet er
sich auff die ander seiten/ als wolte er schlaf-
fen/ da man ihme doch den schlaff verbot-
te/ starb also sanfft ohn alle andere zufälle/
gleicher weise als wäre er entschlaffen: das
Antlitz wurde ihme bleich-schwartz. Auß
dieser Histori erscheinet klar und wahr zu
seyn/ was Avicenna von dem Eisenhütlein
oder Napello geschrieben/ daß es namlich so
ein starck Gifft seye/ welches sich mit keiner
Artzney vertreiben lasse/ derohalben solle
man sich vor diesem kraut wol fürsehen/
daß man sich nicht daran vergreiffe/ wie
solches etlichen Kauffleuthen zu Antorff be-
gegnet/ welche die wurtzel des Eisenhütleins
im Salat geessen/ und gleich darauff ge-
storben sind.

Etliche vermeinen/ der Bezoar- und
Smaragd-stein widerstehen dem abscheuli-
chen Gifft des Eisenhütleins.



CAPUT LXIII.
Grosser Schirling. Cicuta major.
Namen.

SChirling/ Schierling/ Wutzerling o-
der Wüterich heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt].
Lateinisch/ Cicuta, Cicutaria vulgaris.
Jtaliänisch/ Cicuta. Frantzösisch/ Cigue,
Segue.
Spanisch/ Ceguta. Englisch/ Hem-
lock/ Dänisch/ Skarutyde/ Hundekrecks.
Niderländisch/ Dullekervell/ Scheerlinck.

Geschlecht

Das Fuͤnffte Buch/
[Spaltenumbruch] ten geſcheckt Eiſenhuͤtlein genennet wird. Es
waͤchßt viel auff den Oeſterꝛeichiſchen/
Schweitzeriſchen/ Buͤndtneriſchen/ Saltz-
burgiſchen/ Steyrmaͤrckiſchen/ und Boͤh-
miſchen Alp-gebuͤrgen.

Eigenſchafft.

Nach der Meinung Avicennæ iſt das Ei-
ſenhuͤtlein warm und trocken im vierten
grad/ hat ein ſtarck-etzendes Saltz bey ſich/
dadurch es alles auffbeißt/ hiemit ein rechtes
unbrauchbares Gifft iſt.

Gebrauch.

Vor dieſem Kraut ſollen alle Menſchen
ein groſſes abſcheuen tragen/ daſſelbige kei-
nes wegs weder in Leib noch aͤuſſerlich ge-
brauchen/ denn es das aͤrgſte Gifft iſt.
Wenn die Wurtzel des Eiſenhuͤtleins in der
Hand des Menſchen nur erwarmet/ toͤdtet
ſie ihne. Es iſt auch dieſes Gifft ſo ſtarck/
daß man ihme mit keiner Artzney wider-
ſtand thun kan/ wie ſolches Matthiolus mit
nachfolgender Hiſtori beweiſet/ welche zu
Prag Anno 1561. geſchehen iſt. Jhr Hoch-
fuͤrſtliche Durchleucht Ertzhertzog Ferdi-
nand/ hatte ein beruͤhmtes Pulver wider
allerley Gifft/ iſt an vielen Perſohnen be-
waͤhret worden/ inſonderhet an einem zum
todt verurtheilten Ubelthaͤter. Dieſem gab
man erſtlich Arſenicum oder weiß Ratten-
pulver/ darauff zittert er wunderbahrlich/
geſchwal unter dem Angeſicht/ und geſtellte
ſich/ als druckte ihn die hinfallende Sucht/
darauff gab man ihm Jhro Durchleucht
Pulver/ alßbald wuͤrget er das Gifft von
ſich/ ward alſo bey ſeinem Leben erhalten/
und von der verdienten Leibs-ſtraff befreyet.
Da nun Jhr Kaͤyſerliche Majeſtaͤt in obge-
dachtem Jahr zu Prag Hof hielte/ wolte man
obgemeltes pulver auch wider das Eiſenhuͤt-
lein oder den Napellum verſuchen/ dieweilen
diſes kraut vor allen andern Gewaͤchſen das
aͤrgſte Gifft iſt. Man holte das Eiſenhuͤt-
lein auff dem Boͤhmiſchen Gebuͤrge/ welches
die Boͤhmen Krokonaß nennen/ da die Elb
ihren urſprung nimmet/ ligt an der Graͤn/
tze zwiſchen Boͤhmen und Schleſien/ zwey
meilwegs von dem Staͤttlein Hohenelb ge-
nannt/ daſelbſt waͤchßt dieſes ertz-gifftige
kraut in groſſer menge. Von der wurtzel
nam man ein quintlein ſchwer zu pulver ge-
ſtoſſen/ und mit Roſen-zucker vermiſcht.
Solches gab der Scherg in gegenwart Jh-
rer Kaͤyſerl. Majeſtaͤt/ und Fuͤrſtl. Durleucht/
auch anderer namhafftiger Leuthen/ einem
ſtarcken jungen Mann/ der ſein Leben mit
Diebſtahl verwuͤrcket hatte/ und morgens
ſolte gehenckt werden. Man gabs ihme aber
in der meinung/ ſo er das Gifft durch ob-
genantes Pulver uͤberſtehen wuͤrde/ ihne
loß zu laſſen. Der arme menſch nahme das
Gifft willig/ denn er wolte lieber alſo ſter-
ben/ als offentlich vor allem Volck gehenckt
werden/ darzu hoffet er/ es wuͤrde ihm ge-
lingen wie dem erſten/ der das Arſenicum o-
der weiß Ratten-pulver eingenommen hat-
te. Als er nun das Gifft zu ſich genom-
men/ ſaß er bey anderthalb ſtund in der
warmen ſtuben/ und fuͤhlet nichts ſonderli-
ches von dem Gifft. Da vermeinten die
[Spaltenumbruch] Doctores, das Boͤhmiſche Eiſenhuͤtlein waͤ-
re nicht ſo gifftig/ wie die alten Lehrer von
dem ihrigen ſchreiben: darzu achteten ſie/
dieweil das kraut ſchon in ſtengel getretten/
blaͤtter/ blumen und ſamen getragen hatte/
der wurtzel waͤre die krafft nicht wenig ent-
gangen/ derhalben ſahen ſie fuͤr gut an/
man ſolte der blaͤtter und blumen beydes zu-
ſammen ein halb quintlein ſtoſſen/ und es
dem armen Suͤnder uͤber das vorig mit Ro-
ſen-zucker einzunehmen darꝛeichen. Als ſol-
ches geſchehen/ fuͤhlte er noch in zweyen
ſtunden keine Beſchwernuß. Nach gemelten
zweyen ſtunden klagte er/ daß er am gan-
tzen Leib muͤde werde/ und ſeye ihme das
Hertz ſchwer und matt/ doch redte er ſtarck/
und ſahe friſch umb ſich. Man greiffte ihm
an die Stirne und Pulß-aderen/ an der
Stirn empfand man einen kuͤhlen ſchweiß/
und der Pulß fing an zu verſchwinden. Da
ſich nun das Gifft dieſer geſtalt gnugſam
beweißte/ gab man ihme alſobald offtgemel-
tes Pulver wider das Gifft in Wein zu
trincken. Da ers getruncken hatte/ verwand
er die Augen ſcheutzlich/ ſperꝛete das Maul/
kruͤm̃ete den Halß/ ſaß auf einem ſtock/ und
waͤre dißmal auff die erden gefallen/ wo ih-
ne der Scherg nicht gehalten: dieweil be-
ſprengte man ihm das Antlitz mit Wein-
eßig/ und rupfte ihn bey den haaren/ da kam
er alsbald wider zu ſich ſelbſt/ und machte
ſich unrein: darnach legte man ihn auff
ſtroh/ alſobald klagte er/ wie ihn ein ſchau-
der oder kaͤlte anſtieſſe/ nachdem uͤbergab er
ſich/ und ſpeyete viel ſtinckenden wuſt oder
gewaͤſſer auß/ von farben geld und bleich-
ſchwartz/ darauff ſaget er/ fuͤhlet er beſſe-
rung/ aber nicht lang hernach wendet er
ſich auff die ander ſeiten/ als wolte er ſchlaf-
fen/ da man ihme doch den ſchlaff verbot-
te/ ſtarb alſo ſanfft ohn alle andere zufaͤlle/
gleicher weiſe als waͤre er entſchlaffen: das
Antlitz wurde ihme bleich-ſchwartz. Auß
dieſer Hiſtori erſcheinet klar und wahr zu
ſeyn/ was Avicenna von dem Eiſenhuͤtlein
oder Napello geſchrieben/ daß es namlich ſo
ein ſtarck Gifft ſeye/ welches ſich mit keiner
Artzney vertreiben laſſe/ derohalben ſolle
man ſich vor dieſem kraut wol fuͤrſehen/
daß man ſich nicht daran vergreiffe/ wie
ſolches etlichen Kauffleuthen zu Antorff be-
gegnet/ welche die wurtzel des Eiſenhuͤtleins
im Salat geeſſen/ und gleich darauff ge-
ſtorben ſind.

Etliche vermeinen/ der Bezoar- und
Smaragd-ſtein widerſtehen dem abſcheuli-
chen Gifft des Eiſenhuͤtleins.



CAPUT LXIII.
Groſſer Schirling. Cicuta major.
Namen.

SChirling/ Schierling/ Wutzerling o-
der Wuͤterich heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt].
Lateiniſch/ Cicuta, Cicutaria vulgaris.
Jtaliaͤniſch/ Cicuta. Frantzoͤſiſch/ Cigue,
Segue.
Spaniſch/ Ceguta. Engliſch/ Hem-
lock/ Daͤniſch/ Skarutyde/ Hundekrecks.
Niderlaͤndiſch/ Dullekervell/ Scheerlinck.

Geſchlecht
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[904/0920] Das Fuͤnffte Buch/ ten geſcheckt Eiſenhuͤtlein genennet wird. Es waͤchßt viel auff den Oeſterꝛeichiſchen/ Schweitzeriſchen/ Buͤndtneriſchen/ Saltz- burgiſchen/ Steyrmaͤrckiſchen/ und Boͤh- miſchen Alp-gebuͤrgen. Eigenſchafft. Nach der Meinung Avicennæ iſt das Ei- ſenhuͤtlein warm und trocken im vierten grad/ hat ein ſtarck-etzendes Saltz bey ſich/ dadurch es alles auffbeißt/ hiemit ein rechtes unbrauchbares Gifft iſt. Gebrauch. Vor dieſem Kraut ſollen alle Menſchen ein groſſes abſcheuen tragen/ daſſelbige kei- nes wegs weder in Leib noch aͤuſſerlich ge- brauchen/ denn es das aͤrgſte Gifft iſt. Wenn die Wurtzel des Eiſenhuͤtleins in der Hand des Menſchen nur erwarmet/ toͤdtet ſie ihne. Es iſt auch dieſes Gifft ſo ſtarck/ daß man ihme mit keiner Artzney wider- ſtand thun kan/ wie ſolches Matthiolus mit nachfolgender Hiſtori beweiſet/ welche zu Prag Anno 1561. geſchehen iſt. Jhr Hoch- fuͤrſtliche Durchleucht Ertzhertzog Ferdi- nand/ hatte ein beruͤhmtes Pulver wider allerley Gifft/ iſt an vielen Perſohnen be- waͤhret worden/ inſonderhet an einem zum todt verurtheilten Ubelthaͤter. Dieſem gab man erſtlich Arſenicum oder weiß Ratten- pulver/ darauff zittert er wunderbahrlich/ geſchwal unter dem Angeſicht/ und geſtellte ſich/ als druckte ihn die hinfallende Sucht/ darauff gab man ihm Jhro Durchleucht Pulver/ alßbald wuͤrget er das Gifft von ſich/ ward alſo bey ſeinem Leben erhalten/ und von der verdienten Leibs-ſtraff befreyet. Da nun Jhr Kaͤyſerliche Majeſtaͤt in obge- dachtem Jahr zu Prag Hof hielte/ wolte man obgemeltes pulver auch wider das Eiſenhuͤt- lein oder den Napellum verſuchen/ dieweilen diſes kraut vor allen andern Gewaͤchſen das aͤrgſte Gifft iſt. Man holte das Eiſenhuͤt- lein auff dem Boͤhmiſchen Gebuͤrge/ welches die Boͤhmen Krokonaß nennen/ da die Elb ihren urſprung nimmet/ ligt an der Graͤn/ tze zwiſchen Boͤhmen und Schleſien/ zwey meilwegs von dem Staͤttlein Hohenelb ge- nannt/ daſelbſt waͤchßt dieſes ertz-gifftige kraut in groſſer menge. Von der wurtzel nam man ein quintlein ſchwer zu pulver ge- ſtoſſen/ und mit Roſen-zucker vermiſcht. Solches gab der Scherg in gegenwart Jh- rer Kaͤyſerl. Majeſtaͤt/ und Fuͤrſtl. Durleucht/ auch anderer namhafftiger Leuthen/ einem ſtarcken jungen Mann/ der ſein Leben mit Diebſtahl verwuͤrcket hatte/ und morgens ſolte gehenckt werden. Man gabs ihme aber in der meinung/ ſo er das Gifft durch ob- genantes Pulver uͤberſtehen wuͤrde/ ihne loß zu laſſen. Der arme menſch nahme das Gifft willig/ denn er wolte lieber alſo ſter- ben/ als offentlich vor allem Volck gehenckt werden/ darzu hoffet er/ es wuͤrde ihm ge- lingen wie dem erſten/ der das Arſenicum o- der weiß Ratten-pulver eingenommen hat- te. Als er nun das Gifft zu ſich genom- men/ ſaß er bey anderthalb ſtund in der warmen ſtuben/ und fuͤhlet nichts ſonderli- ches von dem Gifft. Da vermeinten die Doctores, das Boͤhmiſche Eiſenhuͤtlein waͤ- re nicht ſo gifftig/ wie die alten Lehrer von dem ihrigen ſchreiben: darzu achteten ſie/ dieweil das kraut ſchon in ſtengel getretten/ blaͤtter/ blumen und ſamen getragen hatte/ der wurtzel waͤre die krafft nicht wenig ent- gangen/ derhalben ſahen ſie fuͤr gut an/ man ſolte der blaͤtter und blumen beydes zu- ſammen ein halb quintlein ſtoſſen/ und es dem armen Suͤnder uͤber das vorig mit Ro- ſen-zucker einzunehmen darꝛeichen. Als ſol- ches geſchehen/ fuͤhlte er noch in zweyen ſtunden keine Beſchwernuß. Nach gemelten zweyen ſtunden klagte er/ daß er am gan- tzen Leib muͤde werde/ und ſeye ihme das Hertz ſchwer und matt/ doch redte er ſtarck/ und ſahe friſch umb ſich. Man greiffte ihm an die Stirne und Pulß-aderen/ an der Stirn empfand man einen kuͤhlen ſchweiß/ und der Pulß fing an zu verſchwinden. Da ſich nun das Gifft dieſer geſtalt gnugſam beweißte/ gab man ihme alſobald offtgemel- tes Pulver wider das Gifft in Wein zu trincken. Da ers getruncken hatte/ verwand er die Augen ſcheutzlich/ ſperꝛete das Maul/ kruͤm̃ete den Halß/ ſaß auf einem ſtock/ und waͤre dißmal auff die erden gefallen/ wo ih- ne der Scherg nicht gehalten: dieweil be- ſprengte man ihm das Antlitz mit Wein- eßig/ und rupfte ihn bey den haaren/ da kam er alsbald wider zu ſich ſelbſt/ und machte ſich unrein: darnach legte man ihn auff ſtroh/ alſobald klagte er/ wie ihn ein ſchau- der oder kaͤlte anſtieſſe/ nachdem uͤbergab er ſich/ und ſpeyete viel ſtinckenden wuſt oder gewaͤſſer auß/ von farben geld und bleich- ſchwartz/ darauff ſaget er/ fuͤhlet er beſſe- rung/ aber nicht lang hernach wendet er ſich auff die ander ſeiten/ als wolte er ſchlaf- fen/ da man ihme doch den ſchlaff verbot- te/ ſtarb alſo ſanfft ohn alle andere zufaͤlle/ gleicher weiſe als waͤre er entſchlaffen: das Antlitz wurde ihme bleich-ſchwartz. Auß dieſer Hiſtori erſcheinet klar und wahr zu ſeyn/ was Avicenna von dem Eiſenhuͤtlein oder Napello geſchrieben/ daß es namlich ſo ein ſtarck Gifft ſeye/ welches ſich mit keiner Artzney vertreiben laſſe/ derohalben ſolle man ſich vor dieſem kraut wol fuͤrſehen/ daß man ſich nicht daran vergreiffe/ wie ſolches etlichen Kauffleuthen zu Antorff be- gegnet/ welche die wurtzel des Eiſenhuͤtleins im Salat geeſſen/ und gleich darauff ge- ſtorben ſind. Etliche vermeinen/ der Bezoar- und Smaragd-ſtein widerſtehen dem abſcheuli- chen Gifft des Eiſenhuͤtleins. CAPUT LXIII. Groſſer Schirling. Cicuta major. Namen. SChirling/ Schierling/ Wutzerling o- der Wuͤterich heißt Griechiſch/ _. Lateiniſch/ Cicuta, Cicutaria vulgaris. Jtaliaͤniſch/ Cicuta. Frantzoͤſiſch/ Cigue, Segue. Spaniſch/ Ceguta. Engliſch/ Hem- lock/ Daͤniſch/ Skarutyde/ Hundekrecks. Niderlaͤndiſch/ Dullekervell/ Scheerlinck. Geſchlecht

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 904. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/920>, abgerufen am 22.11.2024.