Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch] und käwen langsam daran/ welches in Hi-
spanien gar gemein ist.

Verstopf-
fung der
Leber und
des Mil
tzes/ Grim-
men/ Gelb-
sucht/ Ver-
sehrung und
Blätter-
lein im
Mund.
Essen oder
die Durch-
fäule im
Mund bey
jungen
Kindern,
Schwin-
del/ Gicht/
fallende
Sucht.

Das destillierte Agley-wasser auff 3. oder
4. loth morgens nüchtern getruncken/ ist ein
köstliche artzney/ die verstopffung der Leber
und des Miltzes zu eröffnen/ vertreibt das
Grimmen und die Gelbsucht/ heilet die
Versehrung und Blätterlein des Munds/
damit lawlicht gegurgelt.

Wenn die jungen Kinder das Essen oder
die Durchfäule im Mund haben/ soll man
ein leinen tüchlein umb ein Finger winden/
darnach es in diesem Wasser netzen/ und da-
mit dem Kind das Mündlein und Zünglein
bißweilen außbutzen.

Ein halb quintlein Agleysamen-pulver
offt mit einem trüncklein Lindenblüth-was-
ser eingenommen/ vertreibet den Schwin-
del/ Gicht und fallende Sucht.



CAPUT LXXVIII.
[Abbildung] Feigwartzen-kraut. Chelidonium
minus.

Namen.

FEigwartzen-kraut heißt Griechisch/
[fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen]. Lateinisch/ Cheli-
donium minus, Scrophularia minor,
Ficaria minor.
Jtaliänisch/ Celidonia mi-
nore, Favoscello, Scrofolaria minore.
Fran-
tzösisch/ Bassinet, Petite esclere, Couillon de
Prestre.
Spanisch/ Scrofularia menor. En-
glisch/ Pileworte/ Fygworte. Dänisch/
Lidenchelidonie/ Lidenselidonie/ Liden sua-
leurt. Niderländisch/ cleyn Gouwe/ Speen-
cruyt. Jn Hochteutscher Sprach wird es
auch genennt/ klein Schellkraut/ Feigblat-
tern-kraut/ klein Schwalben-kraut/ Schar-
bocks-kraut/ Mäyen-kraut/ Biber- und
Rammen-hödlein.

[Spaltenumbruch]
Gestalt.

Feigwartzen-kraut hat Blätter/ gleich
dem Ephew/ allein daß sie runder/ fetter/
und mit schwartzen oder bißweilen braun-ro-
then Mackeln begabet sind. Die Stiele ge-
hen von der Wurtzel/ und ligen auff der er-
den. Es bringt kleine/ zarte/ weiche sten-
gel/ vier oder fünff finger lang/ die kriechen
auch auff der erden/ und haben oben ein
gold-gelbe gestirnte blumen/ die ist gemei-
niglich einfach/ selten aber gefüllt. Die
wurtzeln sind weiß/ knöpfficht/ etliche auß
ihnen werden länglicht wie Gersten-körner/
gemeiniglich drey oder vier neben einander/
mit angehenckten zäseln. Es komt bald im
angehenden Frühling herfür/ und wächßt
gern an den Reinen/ in feuchten Wiesen und
in den Gärten. Man findet es allein in dem
Aprill und Mäy biß in den Brachmonat/
nach dem verwelckt und verdirbt es wider.

Eigenschafft und Gebrauch.

Es ist sich zu verwundern/ daß dieses
Kraut bey uns ohne geschmack herfürkomt/
da doch Galenus Lib. 8. de Simplic. Medicam.
Facult. Cap.
192. und Dioscorides Lib. 2. Cap.
212. meldet/ man finde es in Griechenland
so scharff/ also daß es auffgelegt/ geschwind
die Haut auffetze/ und die rauchen oder schä-
bigen Nägel an den fingern abstosse. Sol-
ches kan kein andere ursach auff sich haben/
als des erdreichs bequemlichkeit/ welche nicht
in allen Ländern einerley ist. Daher findet
man das Aronkraut bey uns scharff und
brennend/ aber in der Landschafft Lydien/
bey der Statt Cirene/ wächßt es so süß/ daß
man es zu der Speiß wie Rüben brauchet.

Auch ist zu mercken/ daß unser Feigwar-
tzen-kraut wider die kalten Gebresten nicht
so kräfftig gespühret wird/ wie Galenus und
Dioscorides von dem ihrigen schreiben/ denn
dasselbige ist scharff und hitzig/ unsers aber
ungeschmackt/ deßhalben mehr kalt und
feucht als warm: daher thun diejenigen nicht
recht/ welche den Safft auß diesem Kraut in
die Nasen ziehen/ das Haupt darmit zu rei-
nigen/ oder solches auch zu den Brust-artz-
neyen gebrauchen.

Sonsten aber führt diß Kraut in dem Mäy
viel schleimicht-balsamische und alkalische/
milt-flüchtige saltz-theile mit sich/ und hat
daher die tugend das geblüt zu versüssen und
zu reinigen/ gute nahrung zu geben/ auch
durch den harn und schweiß gelind zu trei-
ben.

Die Erfahrung gibt/ daß dieses Kraut ei-Feigwar-
tzen.

ne sonderliche Eigenschafft habe/ die Feig-
wartzen zu vertreiben/ (dannenhero es auch
den Namen führet) so man die frische Wur-
tzel mit den blättern zu einem pflaster zer-
stosset und überlegt/ oder das Pulver da-
rauff strewet.

Die Wurtzel wol zerstossen/ mit einemSchmertzen
der Feig-
wartzen.

süssen gebratenen Apffel vermischet/ und
wie ein Pflaster übergeschlagen/ stillet wun-
derlich den Schmertzen der Feigwartzen.

Fridericus Hoffmannus Lib. 4. Pharmacop.Schmertzen
der Feig-
wartz und
Gold-ader.

Med. Chymic. Sect. 1. lobet sehr den außge-
preßten Safft/ so man davon auff ein tüch-
lein streichet/ und es alßdenn warmlicht auff
die Feigwartz und Gold- ader leget/ man soll

aber

Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch] und kaͤwen langſam daran/ welches in Hi-
ſpanien gar gemein iſt.

Verſtopf-
fung der
Leber und
des Mil
tzes/ Grim-
men/ Gelb-
ſucht/ Ver-
ſehrung uñ
Blaͤtter-
lein im
Mund.
Eſſen oder
die Durch-
faͤule im
Mund bey
jungen
Kindern,
Schwin-
del/ Gicht/
fallende
Sucht.

Das deſtillierte Agley-waſſer auff 3. oder
4. loth morgens nuͤchtern getruncken/ iſt ein
koͤſtliche artzney/ die verſtopffung der Leber
und des Miltzes zu eroͤffnen/ vertreibt das
Grimmen und die Gelbſucht/ heilet die
Verſehrung und Blaͤtterlein des Munds/
damit lawlicht gegurgelt.

Wenn die jungen Kinder das Eſſen oder
die Durchfaͤule im Mund haben/ ſoll man
ein leinen tuͤchlein umb ein Finger winden/
darnach es in dieſem Waſſer netzen/ und da-
mit dem Kind das Muͤndlein und Zuͤnglein
bißweilen außbutzen.

Ein halb quintlein Agleyſamen-pulver
offt mit einem truͤncklein Lindenbluͤth-waſ-
ſer eingenommen/ vertreibet den Schwin-
del/ Gicht und fallende Sucht.



CAPUT LXXVIII.
[Abbildung] Feigwartzen-kraut. Chelidonium
minus.

Namen.

FEigwartzen-kraut heißt Griechiſch/
[fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen]. Lateiniſch/ Cheli-
donium minus, Scrophularia minor,
Ficaria minor.
Jtaliaͤniſch/ Celidonia mi-
nore, Favoſcello, Scrofolaria minore.
Fran-
tzoͤſiſch/ Baſſinet, Petite eſclere, Couillon de
Preſtre.
Spaniſch/ Scrofularia menor. En-
gliſch/ Pileworte/ Fygworte. Daͤniſch/
Lidenchelidonie/ Lidenſelidonie/ Liden ſua-
leurt. Niderlaͤndiſch/ cleyn Gouwe/ Speen-
cruyt. Jn Hochteutſcher Sprach wird es
auch genennt/ klein Schellkraut/ Feigblat-
tern-kraut/ klein Schwalben-kraut/ Schar-
bocks-kraut/ Maͤyen-kraut/ Biber- und
Rammen-hoͤdlein.

[Spaltenumbruch]
Geſtalt.

Feigwartzen-kraut hat Blaͤtter/ gleich
dem Ephew/ allein daß ſie runder/ fetter/
und mit ſchwartzen oder bißweilen braun-ro-
then Mackeln begabet ſind. Die Stiele ge-
hen von der Wurtzel/ und ligen auff der er-
den. Es bringt kleine/ zarte/ weiche ſten-
gel/ vier oder fuͤnff finger lang/ die kriechen
auch auff der erden/ und haben oben ein
gold-gelbe geſtirnte blumen/ die iſt gemei-
niglich einfach/ ſelten aber gefuͤllt. Die
wurtzeln ſind weiß/ knoͤpfficht/ etliche auß
ihnen werden laͤnglicht wie Gerſten-koͤrner/
gemeiniglich drey oder vier neben einander/
mit angehenckten zaͤſeln. Es komt bald im
angehenden Fruͤhling herfuͤr/ und waͤchßt
gern an den Reinen/ in feuchten Wieſen und
in den Gaͤrten. Man findet es allein in dem
Aprill und Maͤy biß in den Brachmonat/
nach dem verwelckt und verdirbt es wider.

Eigenſchafft und Gebrauch.

Es iſt ſich zu verwundern/ daß dieſes
Kraut bey uns ohne geſchmack herfuͤrkomt/
da doch Galenus Lib. 8. de Simplic. Medicam.
Facult. Cap.
192. und Dioſcorides Lib. 2. Cap.
212. meldet/ man finde es in Griechenland
ſo ſcharff/ alſo daß es auffgelegt/ geſchwind
die Haut auffetze/ und die rauchen oder ſchaͤ-
bigen Naͤgel an den fingern abſtoſſe. Sol-
ches kan kein andere urſach auff ſich haben/
als des erdreichs bequemlichkeit/ welche nicht
in allen Laͤndern einerley iſt. Daher findet
man das Aronkraut bey uns ſcharff und
brennend/ aber in der Landſchafft Lydien/
bey der Statt Cirene/ waͤchßt es ſo ſuͤß/ daß
man es zu der Speiß wie Ruͤben brauchet.

Auch iſt zu mercken/ daß unſer Feigwar-
tzen-kraut wider die kalten Gebreſten nicht
ſo kraͤfftig geſpuͤhret wird/ wie Galenus und
Dioſcorides von dem ihrigen ſchreiben/ denn
daſſelbige iſt ſcharff und hitzig/ unſers aber
ungeſchmackt/ deßhalben mehr kalt und
feucht als warm: daher thun diejenigen nicht
recht/ welche den Safft auß dieſem Kraut in
die Naſen ziehen/ das Haupt darmit zu rei-
nigen/ oder ſolches auch zu den Bruſt-artz-
neyen gebrauchen.

Sonſten aber fuͤhrt diß Kraut in dem Maͤy
viel ſchleimicht-balſamiſche und alkaliſche/
milt-fluͤchtige ſaltz-theile mit ſich/ und hat
daher die tugend das gebluͤt zu verſuͤſſen und
zu reinigen/ gute nahrung zu geben/ auch
durch den harn und ſchweiß gelind zu trei-
ben.

Die Erfahrung gibt/ daß dieſes Kraut ei-Feigwar-
tzen.

ne ſonderliche Eigenſchafft habe/ die Feig-
wartzen zu vertreiben/ (dannenhero es auch
den Namen fuͤhret) ſo man die friſche Wur-
tzel mit den blaͤttern zu einem pflaſter zer-
ſtoſſet und uͤberlegt/ oder das Pulver da-
rauff ſtrewet.

Die Wurtzel wol zerſtoſſen/ mit einemSchmertzẽ
der Feig-
wartzen.

ſuͤſſen gebratenen Apffel vermiſchet/ und
wie ein Pflaſter uͤbergeſchlagen/ ſtillet wun-
derlich den Schmertzen der Feigwartzen.

Fridericus Hoffmannus Lib. 4. Pharmacop.Schmertzẽ
der Feig-
wartz und
Gold-ader.

Med. Chymic. Sect. 1. lobet ſehr den außge-
preßten Safft/ ſo man davon auff ein tuͤch-
lein ſtreichet/ und es alßdenn warmlicht auff
die Feigwartz und Gold- ader leget/ man ſoll

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0642" n="626"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Dritte Buch/</hi></fw><lb/><cb/>
und ka&#x0364;wen lang&#x017F;am daran/ welches in Hi-<lb/>
&#x017F;panien gar gemein i&#x017F;t.</p><lb/>
            <note place="left">Ver&#x017F;topf-<lb/>
fung der<lb/>
Leber und<lb/>
des Mil<lb/>
tzes/ Grim-<lb/>
men/ Gelb-<lb/>
&#x017F;ucht/ Ver-<lb/>
&#x017F;ehrung uñ<lb/>
Bla&#x0364;tter-<lb/>
lein im<lb/>
Mund.<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en oder<lb/>
die Durch-<lb/>
fa&#x0364;ule im<lb/>
Mund bey<lb/>
jungen<lb/>
Kindern,<lb/>
Schwin-<lb/>
del/ Gicht/<lb/>
fallende<lb/>
Sucht.</note>
            <p>Das de&#x017F;tillierte Agley-wa&#x017F;&#x017F;er auff 3. oder<lb/>
4. loth morgens nu&#x0364;chtern getruncken/ i&#x017F;t ein<lb/>
ko&#x0364;&#x017F;tliche artzney/ die ver&#x017F;topffung der Leber<lb/>
und des Miltzes zu ero&#x0364;ffnen/ vertreibt das<lb/>
Grimmen und die Gelb&#x017F;ucht/ heilet die<lb/>
Ver&#x017F;ehrung und Bla&#x0364;tterlein des Munds/<lb/>
damit lawlicht gegurgelt.</p><lb/>
            <p>Wenn die jungen Kinder das E&#x017F;&#x017F;en oder<lb/>
die Durchfa&#x0364;ule im Mund haben/ &#x017F;oll man<lb/>
ein leinen tu&#x0364;chlein umb ein Finger winden/<lb/>
darnach es in die&#x017F;em Wa&#x017F;&#x017F;er netzen/ und da-<lb/>
mit dem Kind das Mu&#x0364;ndlein und Zu&#x0364;nglein<lb/>
bißweilen außbutzen.</p><lb/>
            <p>Ein halb quintlein Agley&#x017F;amen-pulver<lb/>
offt mit einem tru&#x0364;ncklein Lindenblu&#x0364;th-wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er eingenommen/ vertreibet den Schwin-<lb/>
del/ Gicht und fallende Sucht.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CAPUT LXXVIII</hi>.</hi> </head><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Feigwartzen-kraut.</hi> <hi rendition="#aq">Chelidonium<lb/>
minus.</hi> </hi> </head><lb/>
          </figure>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Namen.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">F</hi>Eigwartzen-kraut heißt Griechi&#x017F;ch/<lb/><foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm" unit="words" quantity="2"/></foreign>. Lateini&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Cheli-<lb/>
donium minus, Scrophularia minor,<lb/>
Ficaria minor.</hi> Jtalia&#x0364;ni&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Celidonia mi-<lb/>
nore, Favo&#x017F;cello, Scrofolaria minore.</hi> Fran-<lb/>
tzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Ba&#x017F;&#x017F;inet, Petite e&#x017F;clere, Couillon de<lb/>
Pre&#x017F;tre.</hi> Spani&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Scrofularia menor.</hi> En-<lb/>
gli&#x017F;ch/ Pileworte/ Fygworte. Da&#x0364;ni&#x017F;ch/<lb/>
Lidenchelidonie/ Liden&#x017F;elidonie/ Liden &#x017F;ua-<lb/>
leurt. Niderla&#x0364;ndi&#x017F;ch/ cleyn Gouwe/ Speen-<lb/>
cruyt. Jn Hochteut&#x017F;cher Sprach wird es<lb/>
auch genennt/ klein Schellkraut/ Feigblat-<lb/>
tern-kraut/ klein Schwalben-kraut/ Schar-<lb/>
bocks-kraut/ Ma&#x0364;yen-kraut/ Biber- und<lb/>
Rammen-ho&#x0364;dlein.</p><lb/>
            <cb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Ge&#x017F;talt.</hi> </head><lb/>
            <p>Feigwartzen-kraut hat Bla&#x0364;tter/ gleich<lb/>
dem Ephew/ allein daß &#x017F;ie runder/ fetter/<lb/>
und mit &#x017F;chwartzen oder bißweilen braun-ro-<lb/>
then Mackeln begabet &#x017F;ind. Die Stiele ge-<lb/>
hen von der Wurtzel/ und ligen auff der er-<lb/>
den. Es bringt kleine/ zarte/ weiche &#x017F;ten-<lb/>
gel/ vier oder fu&#x0364;nff finger lang/ die kriechen<lb/>
auch auff der erden/ und haben oben ein<lb/>
gold-gelbe ge&#x017F;tirnte blumen/ die i&#x017F;t gemei-<lb/>
niglich einfach/ &#x017F;elten aber gefu&#x0364;llt. Die<lb/>
wurtzeln &#x017F;ind weiß/ kno&#x0364;pfficht/ etliche auß<lb/>
ihnen werden la&#x0364;nglicht wie Ger&#x017F;ten-ko&#x0364;rner/<lb/>
gemeiniglich drey oder vier neben einander/<lb/>
mit angehenckten za&#x0364;&#x017F;eln. Es komt bald im<lb/>
angehenden Fru&#x0364;hling herfu&#x0364;r/ und wa&#x0364;chßt<lb/>
gern an den Reinen/ in feuchten Wie&#x017F;en und<lb/>
in den Ga&#x0364;rten. Man findet es allein in dem<lb/>
Aprill und Ma&#x0364;y biß in den Brachmonat/<lb/>
nach dem verwelckt und verdirbt es wider.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Eigen&#x017F;chafft und Gebrauch.</hi> </head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t &#x017F;ich zu verwundern/ daß die&#x017F;es<lb/>
Kraut bey uns ohne ge&#x017F;chmack herfu&#x0364;rkomt/<lb/>
da doch <hi rendition="#aq">Galenus Lib. 8. de Simplic. Medicam.<lb/>
Facult. Cap.</hi> 192. und <hi rendition="#aq">Dio&#x017F;corides Lib. 2. Cap.</hi><lb/>
212. meldet/ man finde es in Griechenland<lb/>
&#x017F;o &#x017F;charff/ al&#x017F;o daß es auffgelegt/ ge&#x017F;chwind<lb/>
die Haut auffetze/ und die rauchen oder &#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
bigen Na&#x0364;gel an den fingern ab&#x017F;to&#x017F;&#x017F;e. Sol-<lb/>
ches kan kein andere ur&#x017F;ach auff &#x017F;ich haben/<lb/>
als des erdreichs bequemlichkeit/ welche nicht<lb/>
in allen La&#x0364;ndern einerley i&#x017F;t. Daher findet<lb/>
man das Aronkraut bey uns &#x017F;charff und<lb/>
brennend/ aber in der Land&#x017F;chafft Lydien/<lb/>
bey der Statt Cirene/ wa&#x0364;chßt es &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;ß/ daß<lb/>
man es zu der Speiß wie Ru&#x0364;ben brauchet.</p><lb/>
            <p>Auch i&#x017F;t zu mercken/ daß un&#x017F;er Feigwar-<lb/>
tzen-kraut wider die kalten Gebre&#x017F;ten nicht<lb/>
&#x017F;o kra&#x0364;fftig ge&#x017F;pu&#x0364;hret wird/ wie <hi rendition="#aq">Galenus</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Dio&#x017F;corides</hi> von dem ihrigen &#x017F;chreiben/ denn<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbige i&#x017F;t &#x017F;charff und hitzig/ un&#x017F;ers aber<lb/>
unge&#x017F;chmackt/ deßhalben mehr kalt und<lb/>
feucht als warm: daher thun diejenigen nicht<lb/>
recht/ welche den Safft auß die&#x017F;em Kraut in<lb/>
die Na&#x017F;en ziehen/ das Haupt darmit zu rei-<lb/>
nigen/ oder &#x017F;olches auch zu den Bru&#x017F;t-artz-<lb/>
neyen gebrauchen.</p><lb/>
            <p>Son&#x017F;ten aber fu&#x0364;hrt diß Kraut in dem Ma&#x0364;y<lb/>
viel &#x017F;chleimicht-bal&#x017F;ami&#x017F;che und alkali&#x017F;che/<lb/>
milt-flu&#x0364;chtige &#x017F;altz-theile mit &#x017F;ich/ und hat<lb/>
daher die tugend das geblu&#x0364;t zu ver&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
zu reinigen/ gute nahrung zu geben/ auch<lb/>
durch den harn und &#x017F;chweiß gelind zu trei-<lb/>
ben.</p><lb/>
            <p>Die Erfahrung gibt/ daß die&#x017F;es Kraut ei-<note place="right">Feigwar-<lb/>
tzen.</note><lb/>
ne &#x017F;onderliche Eigen&#x017F;chafft habe/ die Feig-<lb/>
wartzen zu vertreiben/ (dannenhero es auch<lb/>
den Namen fu&#x0364;hret) &#x017F;o man die fri&#x017F;che Wur-<lb/>
tzel mit den bla&#x0364;ttern zu einem pfla&#x017F;ter zer-<lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;et und u&#x0364;berlegt/ oder das Pulver da-<lb/>
rauff &#x017F;trewet.</p><lb/>
            <p>Die Wurtzel wol zer&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ mit einem<note place="right">Schmertz&#x1EBD;<lb/>
der Feig-<lb/>
wartzen.</note><lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gebratenen Apffel vermi&#x017F;chet/ und<lb/>
wie ein Pfla&#x017F;ter u&#x0364;berge&#x017F;chlagen/ &#x017F;tillet wun-<lb/>
derlich den Schmertzen der Feigwartzen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Fridericus Hoffmannus Lib. 4. Pharmacop.</hi><note place="right">Schmertz&#x1EBD;<lb/>
der Feig-<lb/>
wartz und<lb/>
Gold-ader.</note><lb/><hi rendition="#aq">Med. Chymic. Sect.</hi> 1. lobet &#x017F;ehr den außge-<lb/>
preßten Safft/ &#x017F;o man davon auff ein tu&#x0364;ch-<lb/>
lein &#x017F;treichet/ und es alßdenn warmlicht auff<lb/>
die Feigwartz und Gold- ader leget/ man &#x017F;oll<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[626/0642] Das Dritte Buch/ und kaͤwen langſam daran/ welches in Hi- ſpanien gar gemein iſt. Das deſtillierte Agley-waſſer auff 3. oder 4. loth morgens nuͤchtern getruncken/ iſt ein koͤſtliche artzney/ die verſtopffung der Leber und des Miltzes zu eroͤffnen/ vertreibt das Grimmen und die Gelbſucht/ heilet die Verſehrung und Blaͤtterlein des Munds/ damit lawlicht gegurgelt. Wenn die jungen Kinder das Eſſen oder die Durchfaͤule im Mund haben/ ſoll man ein leinen tuͤchlein umb ein Finger winden/ darnach es in dieſem Waſſer netzen/ und da- mit dem Kind das Muͤndlein und Zuͤnglein bißweilen außbutzen. Ein halb quintlein Agleyſamen-pulver offt mit einem truͤncklein Lindenbluͤth-waſ- ſer eingenommen/ vertreibet den Schwin- del/ Gicht und fallende Sucht. CAPUT LXXVIII. [Abbildung Feigwartzen-kraut. Chelidonium minus. ] Namen. FEigwartzen-kraut heißt Griechiſch/ __. Lateiniſch/ Cheli- donium minus, Scrophularia minor, Ficaria minor. Jtaliaͤniſch/ Celidonia mi- nore, Favoſcello, Scrofolaria minore. Fran- tzoͤſiſch/ Baſſinet, Petite eſclere, Couillon de Preſtre. Spaniſch/ Scrofularia menor. En- gliſch/ Pileworte/ Fygworte. Daͤniſch/ Lidenchelidonie/ Lidenſelidonie/ Liden ſua- leurt. Niderlaͤndiſch/ cleyn Gouwe/ Speen- cruyt. Jn Hochteutſcher Sprach wird es auch genennt/ klein Schellkraut/ Feigblat- tern-kraut/ klein Schwalben-kraut/ Schar- bocks-kraut/ Maͤyen-kraut/ Biber- und Rammen-hoͤdlein. Geſtalt. Feigwartzen-kraut hat Blaͤtter/ gleich dem Ephew/ allein daß ſie runder/ fetter/ und mit ſchwartzen oder bißweilen braun-ro- then Mackeln begabet ſind. Die Stiele ge- hen von der Wurtzel/ und ligen auff der er- den. Es bringt kleine/ zarte/ weiche ſten- gel/ vier oder fuͤnff finger lang/ die kriechen auch auff der erden/ und haben oben ein gold-gelbe geſtirnte blumen/ die iſt gemei- niglich einfach/ ſelten aber gefuͤllt. Die wurtzeln ſind weiß/ knoͤpfficht/ etliche auß ihnen werden laͤnglicht wie Gerſten-koͤrner/ gemeiniglich drey oder vier neben einander/ mit angehenckten zaͤſeln. Es komt bald im angehenden Fruͤhling herfuͤr/ und waͤchßt gern an den Reinen/ in feuchten Wieſen und in den Gaͤrten. Man findet es allein in dem Aprill und Maͤy biß in den Brachmonat/ nach dem verwelckt und verdirbt es wider. Eigenſchafft und Gebrauch. Es iſt ſich zu verwundern/ daß dieſes Kraut bey uns ohne geſchmack herfuͤrkomt/ da doch Galenus Lib. 8. de Simplic. Medicam. Facult. Cap. 192. und Dioſcorides Lib. 2. Cap. 212. meldet/ man finde es in Griechenland ſo ſcharff/ alſo daß es auffgelegt/ geſchwind die Haut auffetze/ und die rauchen oder ſchaͤ- bigen Naͤgel an den fingern abſtoſſe. Sol- ches kan kein andere urſach auff ſich haben/ als des erdreichs bequemlichkeit/ welche nicht in allen Laͤndern einerley iſt. Daher findet man das Aronkraut bey uns ſcharff und brennend/ aber in der Landſchafft Lydien/ bey der Statt Cirene/ waͤchßt es ſo ſuͤß/ daß man es zu der Speiß wie Ruͤben brauchet. Auch iſt zu mercken/ daß unſer Feigwar- tzen-kraut wider die kalten Gebreſten nicht ſo kraͤfftig geſpuͤhret wird/ wie Galenus und Dioſcorides von dem ihrigen ſchreiben/ denn daſſelbige iſt ſcharff und hitzig/ unſers aber ungeſchmackt/ deßhalben mehr kalt und feucht als warm: daher thun diejenigen nicht recht/ welche den Safft auß dieſem Kraut in die Naſen ziehen/ das Haupt darmit zu rei- nigen/ oder ſolches auch zu den Bruſt-artz- neyen gebrauchen. Sonſten aber fuͤhrt diß Kraut in dem Maͤy viel ſchleimicht-balſamiſche und alkaliſche/ milt-fluͤchtige ſaltz-theile mit ſich/ und hat daher die tugend das gebluͤt zu verſuͤſſen und zu reinigen/ gute nahrung zu geben/ auch durch den harn und ſchweiß gelind zu trei- ben. Die Erfahrung gibt/ daß dieſes Kraut ei- ne ſonderliche Eigenſchafft habe/ die Feig- wartzen zu vertreiben/ (dannenhero es auch den Namen fuͤhret) ſo man die friſche Wur- tzel mit den blaͤttern zu einem pflaſter zer- ſtoſſet und uͤberlegt/ oder das Pulver da- rauff ſtrewet. Feigwar- tzen. Die Wurtzel wol zerſtoſſen/ mit einem ſuͤſſen gebratenen Apffel vermiſchet/ und wie ein Pflaſter uͤbergeſchlagen/ ſtillet wun- derlich den Schmertzen der Feigwartzen. Schmertzẽ der Feig- wartzen. Fridericus Hoffmannus Lib. 4. Pharmacop. Med. Chymic. Sect. 1. lobet ſehr den außge- preßten Safft/ ſo man davon auff ein tuͤch- lein ſtreichet/ und es alßdenn warmlicht auff die Feigwartz und Gold- ader leget/ man ſoll aber Schmertzẽ der Feig- wartz und Gold-ader.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/642
Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/642>, abgerufen am 24.11.2024.