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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch]

3. Der Aethiopische Rapuntzel mit blauer
Helm-blumen/ Rapuntium AEthiopicum coe-
ruleo galeato flore, foliis Coronopi, Breynii.

Jst ein nidriges/ aber sehr schönes Kräut-
lein/ mit vielen grünen/ haarigen/ runden
stengelein/ auch zoll-langen/ schmalen/ haa-
rigen blättlein. Die äussersten stengelein
bekommen lange stielein/ auß welchen die
H[e]lm-glockenblümlein/ herfürkommen/ und
mi[t] einem langen weissen flecken inwendig
gezi[e]ret sind.

4. Der Virginische Rapuntzel mit klei-
ner/ violen-blauer Helm-glockenblumen/
Rapunculus galeatus Virginianus, flore viola-
ceo minore, Moris. Flos Cardinalis coeruleus,
Dodar.
Hat breite/ satt-grüne/ ein wenig zer-
kerffte blätter; trägt violen-blaue schöne/
auß fünff-blättigen haarigen kelchlein kom-
mende Helm-glöckleinblumen. Die Wur-
tzel ist weiß/ und in viel theil zertrennet. Das
gantze Kraut hat viel milchsafft in sich.

5. Das Americanische rothe Halß-kraut/
Trachelium Americanum flore ruberrimo, sive
Planta Cardinalis, Park. Parad. Flos Cardinalis
Barberini, Column.
Hat ein beständige zasich-
te/ weisse/ milch-safftige wurtzel/ wirfft un-
derschiedliche stengel über sich; bekomt glat-
te/ zerkerffte/ dunckel-grüne; den Rapun-
tzel-blättern nicht ungleiche/ aber kleinere
und schmälere blätter. Die stengel sind
dick/ rund/ weiß/ mit blätteren wechselweiß
umbgeben/ welche biß zur helffte desselben
allezeit grösser werden; von der helffte aber
hinauffwerts erzeigen sie sich immer wieder
kleiner. Der gipffel des stengels ist wie ein
ähre/ dick/ biß drey quer-hand lang/ voller
scharlach-rothen/ fünffblattigen Blümlein/
deren drey blättlein nidsich hangen/ zwey
kleinere aber über sich stehen. Der Samen ist
gelblicht/ klein.

6. Der brennende Soloniensische Rapun-
tzel/ Rapuntium urens Saloniense, Bocconi. Dra-
ba flore coeruleo galeato, C. B.
Hat ein weisse/
kleinen fingers dicke wurtzel/ mit einem schu-
he langen stengel/ drey zoll langen/ einen
zoll breiten/ dünnen/ zerkerfften/ bleich-grü-
nen blättern/ blaw-purpurfarben fünffäch-
ticht eingeschnittenen Blumen/ und glän-
tzendem braun-rothem Samen. Das gantze
Kraut hat einen sehr heissen brennenden ge-
schmack/ und gibt einen milch-weissen safft
von sich.

Frawen-Spiegel. Campanula vasculo
oblongo in siliquam producto, Spe-
culum Veneris dicta.
Namen.

FRauen-spiegel heisset auff Lateinisch/
Speculum Veneris, Onobrychis arven-
sis, Avicularia.
Frantzösisch/ l'Ono-
brychis.
Englisch/ The Venus Looking-
glaß. Niderländisch/ Vrouwen-spieghel.

Gestalt und Geschlecht.

1. Das erste Geschlecht ist der gemeine
grössere Frauen-spiegel/ Speculum Veneris
majus, Park. Onobrychis arvensis, vel Cam-
panula arvensis erecta, C. B. Avicularia Sylvii
quibusdam, J. B.
Hat eine holtzichte/ kurtze/
weisse/ einfache/ mit zaselen begabte Wur-
tzel/ treibt zuweilen viel schwache/ ästichte/
[Spaltenumbruch] drey qwer-hand hohe/ mit weichen/ ablan-
gen/ etwas zerkerfften/ krausen blätteren be-
gabte/ stengel; worauff schöne/ purpur-
violen-braune/ einblättige/ aber in fünff
einschnitt getheilte blümlein wachsen/ wel-
che bey nidergang der Sonnen zuschlieffen/
und eine fünffeckichte figur machen/ daher
sie auch von etlichen Viola pentagona genen-
net worden. Der inwendige Nabel deß blüm-
leins ist weiß/ darauß gehet ein drey-spitzi-
ger stiel/ mit fünff weissen fäserlein umbge-
ben. Unden an den blümlein finden sich
fünff schmale/ grünlichte blättlein/ welche
an statt deß kelchleins dienen. Der Same
ist klein/ rund/ flach/ und gläntzend. Das
gantze Kraut/ wenn es verletzt wird/ gibt
einen milch-safft von sich. Wächßt zwi-
schen dem geträide auff den felderen. Die
fünffeckichte Glöckleinblum mit ablangen/
breitlichten blätteren/ Campanula s. Viola
pentagonia, folio oblongo, latiore, Morison.
praelud.
Jst nur ein grössere art dieses jetzt-be-
schriebenen Frauen-spiegels.

2. Das Thracische Frauen-spiegel-kraut/
Speculum Veneris flore amplissimo, Thracicum,
Raj.
Jst ein spannen-hohes Kräutlein/ mit
weisser Wurtzel; dünnem schwachem sten-
gel; fingers-langen/ schmalen blätteren/ wel-
che ohne stiel den stenglen anhafften. Die
blumen sind doppelt so groß/ auch mehr
glöcklein-förmig/ als in dem gemeinen Frau-
en-spiegel/ bleich-purpur-färbig/ mit einem
weissen nabel/ umb welchen ein himmel-
blauer ring sich zeiget. Der samen ist rund/
gläntzend und größlicht. Wächßt in
Thracien.

3. Das durchwachsene Frauen-spiegel-
kraut/ Speculum Veneris perfoliatum, seu vio-
la pentagonia perfoliata, Raj.
Hat einen wol-
lichten/ einfachen/ eckichten/ drey qwer-hand
hohen stengel; mit vielen/ rundlichten/ dau-
mens-breiten/ an dem rand etwas zerkerff-
ten blätteren/ welche ohne stiel den stengel
fast umbwachsen/ und wechsel-weiß besetzen.
Trägt gemeinlich drey/ selten vier bleich-
purpur-farbe Blumen.

4. Das kleine Frauen-spiegelkraut/ Spe-
culum Veneris minus, Park.
Hat eine holtzicht/
dünne Wurtzel/ die da mit einem geraden
underschiedlich zoll-biß schuhe-langen eckich-
ten/ etwas holen stengel übersich steigt; mit
kleinen/ länglichten/ an dem rand etwas krau-
sen blätteren begabet/ zwischen welchen ei-
nige ästlein/ mit kleinen purpurfarben blüm-
lein/ und kurtzen schöttlein/ so nach abfall
der blumen grösser werden/ und kleine gelb-
lichte samen haben/ herfür kommen. Wächßt
zwischen dem Geträyd auff den äckeren.

Eigenschafft.

Das Frauen-spiegelkraut in dem Brach-
monat gesamlet/ ist warmer und trockner
natur/ hat neben seinen irrdischen theilen/
etwas alkalischen/ flüchtigen/ temperierten
saltzes/ und wenig balsamischen safft bey sich/
und daher die eigenschafft/ allen zähen/
dicken schleim zu erdünneren/ die Nieren
zu reinigen/ den harn und sand zu treiben/Harn-
strenge/
Tröpf-
flein-har-
nen.

und die Harnstrenge/ oder das schmertz-
haffte Harntröpfflen zu stillen/ wenn man
es in Wein siedet/ und trinckt.

CAP.
Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch]

3. Der Aethiopiſche Rapuntzel mit blauer
Helm-blumen/ Rapuntium Æthiopicum cœ-
ruleo galeato flore, foliis Coronopi, Breynii.

Jſt ein nidriges/ aber ſehr ſchoͤnes Kraͤut-
lein/ mit vielen gruͤnen/ haarigen/ runden
ſtengelein/ auch zoll-langen/ ſchmalen/ haa-
rigen blaͤttlein. Die aͤuſſerſten ſtengelein
bekommen lange ſtielein/ auß welchen die
H[e]lm-glockenbluͤmlein/ herfuͤrkommen/ und
mi[t] einem langen weiſſen flecken inwendig
gezi[e]ret ſind.

4. Der Virginiſche Rapuntzel mit klei-
ner/ violen-blauer Helm-glockenblumen/
Rapunculus galeatus Virginianus, flore viola-
ceo minore, Moris. Flos Cardinalis cœruleus,
Dodar.
Hat breite/ ſatt-gruͤne/ ein wenig zer-
kerffte blaͤtter; traͤgt violen-blaue ſchoͤne/
auß fuͤnff-blaͤttigen haarigen kelchlein kom-
mende Helm-gloͤckleinblumen. Die Wur-
tzel iſt weiß/ und in viel theil zertrennet. Das
gantze Kraut hat viel milchſafft in ſich.

5. Das Americaniſche rothe Halß-kraut/
Trachelium Americanum flore ruberrimo, ſive
Planta Cardinalis, Park. Parad. Flos Cardinalis
Barberini, Column.
Hat ein beſtaͤndige zaſich-
te/ weiſſe/ milch-ſafftige wurtzel/ wirfft un-
derſchiedliche ſtengel uͤber ſich; bekomt glat-
te/ zerkerffte/ dunckel-gruͤne; den Rapun-
tzel-blaͤttern nicht ungleiche/ aber kleinere
und ſchmaͤlere blaͤtter. Die ſtengel ſind
dick/ rund/ weiß/ mit blaͤtteren wechſelweiß
umbgeben/ welche biß zur helffte deſſelben
allezeit groͤſſer werden; von der helffte aber
hinauffwerts erzeigen ſie ſich immer wieder
kleiner. Der gipffel des ſtengels iſt wie ein
aͤhre/ dick/ biß drey quer-hand lang/ voller
ſcharlach-rothen/ fuͤnffblåttigen Bluͤmlein/
deren drey blaͤttlein nidſich hangen/ zwey
kleinere aber uͤber ſich ſtehen. Der Samen iſt
gelblicht/ klein.

6. Der breñende Solonienſiſche Rapun-
tzel/ Rapuntium urens Salonienſe, Bocconi. Dra-
ba flore cœruleo galeato, C. B.
Hat ein weiſſe/
kleinen fingers dicke wurtzel/ mit einem ſchu-
he langen ſtengel/ drey zoll langen/ einen
zoll breiten/ duͤnnen/ zerkerfften/ bleich-gruͤ-
nen blaͤttern/ blaw-purpurfarben fuͤnffaͤch-
ticht eingeſchnittenen Blumen/ und glaͤn-
tzendem braun-rothem Samen. Das gantze
Kraut hat einen ſehr heiſſen brennenden ge-
ſchmack/ und gibt einen milch-weiſſen ſafft
von ſich.

Frawen-Spiegel. Campanula vaſculo
oblongo in ſiliquam producto, Spe-
culum Veneris dicta.
Namen.

FRauen-ſpiegel heiſſet auff Lateiniſch/
Speculum Veneris, Onobrychis arven-
ſis, Avicularia.
Frantzoͤſiſch/ l’Ono-
brychis.
Engliſch/ The Venus Looking-
glaß. Niderlaͤndiſch/ Vrouwen-ſpieghel.

Geſtalt und Geſchlecht.

1. Das erſte Geſchlecht iſt der gemeine
groͤſſere Frauen-ſpiegel/ Speculum Veneris
majus, Park. Onobrychis arvenſis, vel Cam-
panula arvenſis erecta, C. B. Avicularia Sylvii
quibuſdam, J. B.
Hat eine holtzichte/ kurtze/
weiſſe/ einfache/ mit zaſelen begabte Wur-
tzel/ treibt zuweilen viel ſchwache/ aͤſtichte/
[Spaltenumbruch] drey qwer-hand hohe/ mit weichen/ ablan-
gen/ etwas zerkerfften/ krauſen blaͤtteren be-
gabte/ ſtengel; worauff ſchoͤne/ purpur-
violen-braune/ einblaͤttige/ aber in fuͤnff
einſchnitt getheilte bluͤmlein wachſen/ wel-
che bey nidergang der Sonnen zuſchlieffen/
und eine fuͤnffeckichte figur machen/ daher
ſie auch von etlichen Viola pentagona genen-
net worden. Der inwendige Nabel deß bluͤm-
leins iſt weiß/ darauß gehet ein drey-ſpitzi-
ger ſtiel/ mit fuͤnff weiſſen faͤſerlein umbge-
ben. Unden an den bluͤmlein finden ſich
fuͤnff ſchmale/ gruͤnlichte blaͤttlein/ welche
an ſtatt deß kelchleins dienen. Der Same
iſt klein/ rund/ flach/ und glaͤntzend. Das
gantze Kraut/ wenn es verletzt wird/ gibt
einen milch-ſafft von ſich. Waͤchßt zwi-
ſchen dem getraͤide auff den felderen. Die
fuͤnffeckichte Gloͤckleinblum mit ablangen/
breitlichten blaͤtteren/ Campanula ſ. Viola
pentagonia, folio oblongo, latiore, Moriſon.
prælud.
Jſt nur ein groͤſſere art dieſes jetzt-be-
ſchriebenen Frauen-ſpiegels.

2. Das Thraciſche Frauen-ſpiegel-kraut/
Speculum Veneris flore ampliſſimo, Thracicum,
Raj.
Jſt ein ſpannen-hohes Kraͤutlein/ mit
weiſſer Wurtzel; duͤnnem ſchwachem ſten-
gel; fingers-langen/ ſchmalen blaͤtteren/ wel-
che ohne ſtiel den ſtenglen anhafften. Die
blumen ſind doppelt ſo groß/ auch mehr
gloͤcklein-foͤrmig/ als in dem gemeinen Frau-
en-ſpiegel/ bleich-purpur-faͤrbig/ mit einem
weiſſen nabel/ umb welchen ein himmel-
blauer ring ſich zeiget. Der ſamen iſt rund/
glaͤntzend und groͤßlicht. Waͤchßt in
Thracien.

3. Das durchwachſene Frauen-ſpiegel-
kraut/ Speculum Veneris perfoliatum, ſeu vio-
la pentagonia perfoliata, Raj.
Hat einen wol-
lichten/ einfachen/ eckichten/ drey qwer-hand
hohen ſtengel; mit vielen/ rundlichten/ dau-
mens-breiten/ an dem rand etwas zerkerff-
ten blaͤtteren/ welche ohne ſtiel den ſtengel
faſt umbwachſen/ und wechſel-weiß beſetzen.
Traͤgt gemeinlich drey/ ſelten vier bleich-
purpur-farbe Blumen.

4. Das kleine Frauen-ſpiegelkraut/ Spe-
culum Veneris minus, Park.
Hat eine holtzicht/
duͤnne Wurtzel/ die da mit einem geraden
underſchiedlich zoll-biß ſchuhe-langen eckich-
ten/ etwas holen ſtengel uͤberſich ſteigt; mit
kleinẽ/ laͤnglichten/ an dem rand etwas krau-
ſen blaͤtteren begabet/ zwiſchen welchen ei-
nige aͤſtlein/ mit kleinen purpurfarben bluͤm-
lein/ und kurtzen ſchoͤttlein/ ſo nach abfall
der blumen groͤſſer werden/ und kleine gelb-
lichte ſamen haben/ herfuͤr kommen. Waͤchßt
zwiſchen dem Getraͤyd auff den aͤckeren.

Eigenſchafft.

Das Frauen-ſpiegelkraut in dem Brach-
monat geſamlet/ iſt warmer und trockner
natur/ hat neben ſeinen irꝛdiſchen theilen/
etwas alkaliſchen/ fluͤchtigen/ temperierten
ſaltzes/ und wenig balſamiſchen ſafft bey ſich/
und daher die eigenſchafft/ allen zaͤhen/
dicken ſchleim zu erduͤnneren/ die Nieren
zu reinigen/ den harn und ſand zu treiben/Harn-
ſtrenge/
Troͤpf-
flein-har-
nen.

und die Harnſtrenge/ oder das ſchmertz-
haffte Harntroͤpfflen zu ſtillen/ wenn man
es in Wein ſiedet/ und trinckt.

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[396/0412] Das Andere Buch/ 3. Der Aethiopiſche Rapuntzel mit blauer Helm-blumen/ Rapuntium Æthiopicum cœ- ruleo galeato flore, foliis Coronopi, Breynii. Jſt ein nidriges/ aber ſehr ſchoͤnes Kraͤut- lein/ mit vielen gruͤnen/ haarigen/ runden ſtengelein/ auch zoll-langen/ ſchmalen/ haa- rigen blaͤttlein. Die aͤuſſerſten ſtengelein bekommen lange ſtielein/ auß welchen die Helm-glockenbluͤmlein/ herfuͤrkommen/ und mit einem langen weiſſen flecken inwendig gezieret ſind. 4. Der Virginiſche Rapuntzel mit klei- ner/ violen-blauer Helm-glockenblumen/ Rapunculus galeatus Virginianus, flore viola- ceo minore, Moris. Flos Cardinalis cœruleus, Dodar. Hat breite/ ſatt-gruͤne/ ein wenig zer- kerffte blaͤtter; traͤgt violen-blaue ſchoͤne/ auß fuͤnff-blaͤttigen haarigen kelchlein kom- mende Helm-gloͤckleinblumen. Die Wur- tzel iſt weiß/ und in viel theil zertrennet. Das gantze Kraut hat viel milchſafft in ſich. 5. Das Americaniſche rothe Halß-kraut/ Trachelium Americanum flore ruberrimo, ſive Planta Cardinalis, Park. Parad. Flos Cardinalis Barberini, Column. Hat ein beſtaͤndige zaſich- te/ weiſſe/ milch-ſafftige wurtzel/ wirfft un- derſchiedliche ſtengel uͤber ſich; bekomt glat- te/ zerkerffte/ dunckel-gruͤne; den Rapun- tzel-blaͤttern nicht ungleiche/ aber kleinere und ſchmaͤlere blaͤtter. Die ſtengel ſind dick/ rund/ weiß/ mit blaͤtteren wechſelweiß umbgeben/ welche biß zur helffte deſſelben allezeit groͤſſer werden; von der helffte aber hinauffwerts erzeigen ſie ſich immer wieder kleiner. Der gipffel des ſtengels iſt wie ein aͤhre/ dick/ biß drey quer-hand lang/ voller ſcharlach-rothen/ fuͤnffblåttigen Bluͤmlein/ deren drey blaͤttlein nidſich hangen/ zwey kleinere aber uͤber ſich ſtehen. Der Samen iſt gelblicht/ klein. 6. Der breñende Solonienſiſche Rapun- tzel/ Rapuntium urens Salonienſe, Bocconi. Dra- ba flore cœruleo galeato, C. B. Hat ein weiſſe/ kleinen fingers dicke wurtzel/ mit einem ſchu- he langen ſtengel/ drey zoll langen/ einen zoll breiten/ duͤnnen/ zerkerfften/ bleich-gruͤ- nen blaͤttern/ blaw-purpurfarben fuͤnffaͤch- ticht eingeſchnittenen Blumen/ und glaͤn- tzendem braun-rothem Samen. Das gantze Kraut hat einen ſehr heiſſen brennenden ge- ſchmack/ und gibt einen milch-weiſſen ſafft von ſich. Frawen-Spiegel. Campanula vaſculo oblongo in ſiliquam producto, Spe- culum Veneris dicta. Namen. FRauen-ſpiegel heiſſet auff Lateiniſch/ Speculum Veneris, Onobrychis arven- ſis, Avicularia. Frantzoͤſiſch/ l’Ono- brychis. Engliſch/ The Venus Looking- glaß. Niderlaͤndiſch/ Vrouwen-ſpieghel. Geſtalt und Geſchlecht. 1. Das erſte Geſchlecht iſt der gemeine groͤſſere Frauen-ſpiegel/ Speculum Veneris majus, Park. Onobrychis arvenſis, vel Cam- panula arvenſis erecta, C. B. Avicularia Sylvii quibuſdam, J. B. Hat eine holtzichte/ kurtze/ weiſſe/ einfache/ mit zaſelen begabte Wur- tzel/ treibt zuweilen viel ſchwache/ aͤſtichte/ drey qwer-hand hohe/ mit weichen/ ablan- gen/ etwas zerkerfften/ krauſen blaͤtteren be- gabte/ ſtengel; worauff ſchoͤne/ purpur- violen-braune/ einblaͤttige/ aber in fuͤnff einſchnitt getheilte bluͤmlein wachſen/ wel- che bey nidergang der Sonnen zuſchlieffen/ und eine fuͤnffeckichte figur machen/ daher ſie auch von etlichen Viola pentagona genen- net worden. Der inwendige Nabel deß bluͤm- leins iſt weiß/ darauß gehet ein drey-ſpitzi- ger ſtiel/ mit fuͤnff weiſſen faͤſerlein umbge- ben. Unden an den bluͤmlein finden ſich fuͤnff ſchmale/ gruͤnlichte blaͤttlein/ welche an ſtatt deß kelchleins dienen. Der Same iſt klein/ rund/ flach/ und glaͤntzend. Das gantze Kraut/ wenn es verletzt wird/ gibt einen milch-ſafft von ſich. Waͤchßt zwi- ſchen dem getraͤide auff den felderen. Die fuͤnffeckichte Gloͤckleinblum mit ablangen/ breitlichten blaͤtteren/ Campanula ſ. Viola pentagonia, folio oblongo, latiore, Moriſon. prælud. Jſt nur ein groͤſſere art dieſes jetzt-be- ſchriebenen Frauen-ſpiegels. 2. Das Thraciſche Frauen-ſpiegel-kraut/ Speculum Veneris flore ampliſſimo, Thracicum, Raj. Jſt ein ſpannen-hohes Kraͤutlein/ mit weiſſer Wurtzel; duͤnnem ſchwachem ſten- gel; fingers-langen/ ſchmalen blaͤtteren/ wel- che ohne ſtiel den ſtenglen anhafften. Die blumen ſind doppelt ſo groß/ auch mehr gloͤcklein-foͤrmig/ als in dem gemeinen Frau- en-ſpiegel/ bleich-purpur-faͤrbig/ mit einem weiſſen nabel/ umb welchen ein himmel- blauer ring ſich zeiget. Der ſamen iſt rund/ glaͤntzend und groͤßlicht. Waͤchßt in Thracien. 3. Das durchwachſene Frauen-ſpiegel- kraut/ Speculum Veneris perfoliatum, ſeu vio- la pentagonia perfoliata, Raj. Hat einen wol- lichten/ einfachen/ eckichten/ drey qwer-hand hohen ſtengel; mit vielen/ rundlichten/ dau- mens-breiten/ an dem rand etwas zerkerff- ten blaͤtteren/ welche ohne ſtiel den ſtengel faſt umbwachſen/ und wechſel-weiß beſetzen. Traͤgt gemeinlich drey/ ſelten vier bleich- purpur-farbe Blumen. 4. Das kleine Frauen-ſpiegelkraut/ Spe- culum Veneris minus, Park. Hat eine holtzicht/ duͤnne Wurtzel/ die da mit einem geraden underſchiedlich zoll-biß ſchuhe-langen eckich- ten/ etwas holen ſtengel uͤberſich ſteigt; mit kleinẽ/ laͤnglichten/ an dem rand etwas krau- ſen blaͤtteren begabet/ zwiſchen welchen ei- nige aͤſtlein/ mit kleinen purpurfarben bluͤm- lein/ und kurtzen ſchoͤttlein/ ſo nach abfall der blumen groͤſſer werden/ und kleine gelb- lichte ſamen haben/ herfuͤr kommen. Waͤchßt zwiſchen dem Getraͤyd auff den aͤckeren. Eigenſchafft. Das Frauen-ſpiegelkraut in dem Brach- monat geſamlet/ iſt warmer und trockner natur/ hat neben ſeinen irꝛdiſchen theilen/ etwas alkaliſchen/ fluͤchtigen/ temperierten ſaltzes/ und wenig balſamiſchen ſafft bey ſich/ und daher die eigenſchafft/ allen zaͤhen/ dicken ſchleim zu erduͤnneren/ die Nieren zu reinigen/ den harn und ſand zu treiben/ und die Harnſtrenge/ oder das ſchmertz- haffte Harntroͤpfflen zu ſtillen/ wenn man es in Wein ſiedet/ und trinckt. Harn- ſtrenge/ Troͤpf- flein-har- nen. CAP.

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/412>, abgerufen am 28.11.2024.