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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Erste Buch/
[Spaltenumbruch] den Wachholder-beeren gleich/ von sich
gibet. Der Same ist erstlich auß America
naher Rom/ under dem namen Pfeffer/ ge-
bracht/ und in des Herren Cardinals Mar-
ci Antonij Columnae
Garten/ von einem A-
pothecker im Herbstmonat gesäet worden;
ware in dem folgenden Jahr fünf ellen hoch
auffgewachsen/ aber der Same zur keinen
zeitigung kommen/ wie solches Edoardus
Vorstius
erinnert/ der Herren Casparum Bau-
hinum
mit einem Ast sambt den Beeren be-
gabt/ so allhier abgemahlet. Jetzunder aber
ist er dem Mastixbaum in der Höhe gleich/
dessen Elen-lange mit Blumen und zarten
Beeren besetzte Aeste bemeldter Bauhinus von
D. Johanne Neuderfero mit andern sehr schö-
nen Sachen zu einer Verehrung empfangen
hat/ neben dem Gummi/ so auß der einge-
schnittenen Rinden fleüßt: Denn bey den
Americaneren samlet man auß der verwund-
ten Rinden ein weis dem Mastix ähnliches
Gummi/ davon die Einwohner ein Quint-
lein schwär in Wasser zerlassen/ und es für
ein Purgation gebrauchen/ dieweilen es al-
le böse Feuchtigkeiten/ insonderheit bey den
Wassersüchtigen/ sanfft außführet.

Eigenschafft.

Dieser Baum hat ebenmäßig einen bal-
samischen/ heilenden/ nutzlichen/ gelind an-
haltenden Safft in sich. Das Gummi a-
ber soll zugleich etwas scharfflichtes Saltz
heimlich mitführen/ vermittelst dessen es
die Eigenschafft zu laxieren habe: wie denn
Corvinus ein Römer/ den Johannem Bauhi-
num
auß eigener Erfahrung berichtet/ daß
anderthalb quintl. dieses Gummi im Wein
zerlassen/ ihne wohl gereiniget habe.

Gebrauch.

Auß den Aestlein dieses Baums werden
Zahnsteürer gemacht. Die Rinden in Wein
Glieder-
wehe.
gekocht/ und damit die Glieder warm ge-
waschen/ vertreibt deroselben Schmertzen.
Das Pulver der Rinden in die Wunden ge-
than/ reiniget und heilet sie geschwind: Diß
Pulver in Wein gesotten/ und den Wein
Wunden.sambt dem Pulver über die Wunde geschla-
gen/ halt sie sauber und heilet sie bald. Sol-
Luckes
Zahufleisch
cher Wein an das lucke Zahnfleisch gestri-
chen/ heilet und stärcket es.



CAPUT XLIII.
Jndische Moringa. Moringa Indica.
Namen und Gestalt.

WOhl-vorgemeldter Herr Bauhinus
rechnet in pinace Theatri Botanici lib.
11. sect.
2. ferners zu den Mastix-
bäumen denjenigen Baum/ welchen er nen-
net/ Arborem exoticam Lentisci Folio: ist
nichts anders als Moringa, Ferrar. Park. Acost.
Mouringon, Hort. Mal. Moringa Lentisci folio,
fructu magno anguloso, in quo semina Ervi. J.
Bauh.
Er wachst fünff Manns Höhe/ eines
Mannes dick/ ist mit einer äusserlich schwartz-
lichten/ innerlich aber weissen/ dem Geruch
und Geschmack nach dem Kresse oder Meer-
rettich sich vergleichenden Rinde umbgeben.
Seine Blätter/ deren zwey allezeit an einem
Spannen-langen Stiel hangen/ sind lang-
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Jndische Moringa. Moringa Indica.
licht/ dünn/ weich/ und füllen die Elen-
lange Sprößlein biß zu ausserst an. Der
Baum aber hat nicht viel Aeste/ und gibt
derowegen auch wenig Schatten/ ist mit
vielen Gläichen begabt/ also daß so wohl die
Stauden als die Aestlein gar bald brechen.
Die Blätter sind satt-grün/ am Geschmack
aber wie die Stäck-rüben-Blätter. Die
Blüthe ist weiß/ auß zehen Blättlein beste-
hend/ und hangen an krummen Stielen an
den äussersten Aestlein: innert der Blüthe
stecket ein ablanges grünlichtes Knöpfflein/
so ein weisses Haar von sich gibet/ und das
Fundament der Frucht ist. Nach der ab-
fallenden Blüthe folgen die Früchte/ welche
eines Schuheslang/ in der Dicke eines
Rettichs/ die sind achteckicht/ dunckel-
grün/ inwendig weis/ voll Marcks/ und
in gewisse Hülßlein underscheiden: in wel-
chen der runde mit einer bleichen harten Haut
umbgebene Samen ligt/ in welchem ein
weisser Kernen sich findet/ so dem Geschmack
nach schärffer als die Blätter. Diese Frucht
wird mit dem Fleisch gekocht/ oder auff an-
dere Weiß zubereitet. Die Wurtzel dieses
Baums gebrauchen die Einwohner an statt
des Einhorns/ Bezoar und Theriacks wi-
der allerhand Gifft und Biß der gifftigen
Thieren/ insonderheit der schädlichen
Schlangen/ Cobras de Capellas genannt.
Jn Cholera oder schrecklicher Under-und
übersich-giessung der Gallen ist diese Wur-
tzel sehr gut befunden worden. Man ver-
mischt sie auch under die Artzneyen/ so die
verbrannten Feuchtigkeiten außführen/ ist
denjenigen wohl bekannt/ welche mit dem
Aussatz behafftet/ deren viel durch fleißigen
Gebrauch dieser Wurtzel/ von dieser abschew/

lichen

Das Erſte Buch/
[Spaltenumbruch] den Wachholder-beeren gleich/ von ſich
gibet. Der Same iſt erſtlich auß America
naher Rom/ under dem namen Pfeffer/ ge-
bracht/ und in des Herꝛen Cardinals Mar-
ci Antonij Columnæ
Garten/ von einem A-
pothecker im Herbſtmonat geſaͤet worden;
ware in dem folgenden Jahr fuͤnf ellen hoch
auffgewachſen/ aber der Same zur keinen
zeitigung kommen/ wie ſolches Edoardus
Vorſtius
erinnert/ der Herꝛen Caſparum Bau-
hinum
mit einem Aſt ſambt den Beeren be-
gabt/ ſo allhier abgemahlet. Jetzunder aber
iſt er dem Maſtixbaum in der Hoͤhe gleich/
deſſen Elen-lange mit Blumen und zarten
Beeren beſetzte Aeſte bemeldter Bauhinus von
D. Johanne Neuderfero mit andern ſehr ſchoͤ-
nen Sachen zu einer Verehrung empfangen
hat/ neben dem Gummi/ ſo auß der einge-
ſchnittenen Rinden fleuͤßt: Denn bey den
Americaneren ſamlet man auß der verwund-
ten Rinden ein weis dem Maſtix aͤhnliches
Gummi/ davon die Einwohner ein Quint-
lein ſchwaͤr in Waſſer zerlaſſen/ und es fuͤr
ein Purgation gebrauchen/ dieweilen es al-
le boͤſe Feuchtigkeiten/ inſonderheit bey den
Waſſerſuͤchtigen/ ſanfft außfuͤhret.

Eigenſchafft.

Dieſer Baum hat ebenmaͤßig einen bal-
ſamiſchen/ heilenden/ nutzlichen/ gelind an-
haltenden Safft in ſich. Das Gummi a-
ber ſoll zugleich etwas ſcharfflichtes Saltz
heimlich mitfuͤhren/ vermittelſt deſſen es
die Eigenſchafft zu laxieren habe: wie denn
Corvinus ein Roͤmer/ den Johannem Bauhi-
num
auß eigener Erfahrung berichtet/ daß
anderthalb quintl. dieſes Gummi im Wein
zerlaſſen/ ihne wohl gereiniget habe.

Gebrauch.

Auß den Aeſtlein dieſes Baums werden
Zahnſteuͤrer gemacht. Die Rinden in Wein
Glieder-
wehe.
gekocht/ und damit die Glieder warm ge-
waſchen/ vertreibt deroſelben Schmertzen.
Das Pulver der Rinden in die Wunden ge-
than/ reiniget und heilet ſie geſchwind: Diß
Pulver in Wein geſotten/ und den Wein
Wunden.ſambt dem Pulver uͤber die Wunde geſchla-
gen/ halt ſie ſauber und heilet ſie bald. Sol-
Luckes
Zahufleiſch
cher Wein an das lucke Zahnfleiſch geſtri-
chen/ heilet und ſtaͤrcket es.



CAPUT XLIII.
Jndiſche Moringa. Moringa Indica.
Namen und Geſtalt.

WOhl-vorgemeldter Herꝛ Bauhinus
rechnet in pinace Theatri Botanici lib.
11. ſect.
2. ferners zu den Maſtix-
baͤumen denjenigen Baum/ welchen er nen-
net/ Arborem exoticam Lentiſci Folio: iſt
nichts anders als Moringa, Ferrar. Park. Acoſt.
Mouringon, Hort. Mal. Moringa Lentiſci folio,
fructu magno anguloſo, in quo ſemina Ervi. J.
Bauh.
Er wachſt fuͤnff Manns Hoͤhe/ eines
Mañes dick/ iſt mit einer aͤuſſerlich ſchwartz-
lichten/ innerlich aber weiſſen/ dem Geruch
und Geſchmack nach dem Kreſſe oder Meer-
rettich ſich vergleichenden Rinde umbgeben.
Seine Blaͤtter/ deren zwey allezeit an einem
Spannen-langen Stiel hangen/ ſind lang-
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Jndiſche Moringa. Moringa Indica.
licht/ duͤnn/ weich/ und fuͤllen die Elen-
lange Sproͤßlein biß zu auſſerſt an. Der
Baum aber hat nicht viel Aeſte/ und gibt
derowegen auch wenig Schatten/ iſt mit
vielen Glaͤichen begabt/ alſo daß ſo wohl die
Stauden als die Aeſtlein gar bald brechen.
Die Blaͤtter ſind ſatt-gruͤn/ am Geſchmack
aber wie die Staͤck-ruͤben-Blaͤtter. Die
Bluͤthe iſt weiß/ auß zehen Blaͤttlein beſte-
hend/ und hangen an krummen Stielen an
den aͤuſſerſten Aeſtlein: innert der Bluͤthe
ſtecket ein ablanges gruͤnlichtes Knoͤpfflein/
ſo ein weiſſes Haar von ſich gibet/ und das
Fundament der Frucht iſt. Nach der ab-
fallenden Bluͤthe folgen die Fruͤchte/ welche
eines Schuheslang/ in der Dicke eines
Rettichs/ die ſind achteckicht/ dunckel-
gruͤn/ inwendig weis/ voll Marcks/ und
in gewiſſe Huͤlßlein underſcheiden: in wel-
chen der runde mit einer bleichen harten Haut
umbgebene Samen ligt/ in welchem ein
weiſſer Kernen ſich findet/ ſo dem Geſchmack
nach ſchaͤrffer als die Blaͤtter. Dieſe Frucht
wird mit dem Fleiſch gekocht/ oder auff an-
dere Weiß zubereitet. Die Wurtzel dieſes
Baums gebrauchen die Einwohner an ſtatt
des Einhorns/ Bezoar und Theriacks wi-
der allerhand Gifft und Biß der gifftigen
Thieren/ inſonderheit der ſchaͤdlichen
Schlangen/ Cobras de Capellas genannt.
Jn Cholerâ oder ſchrecklicher Under-und
uͤberſich-gieſſung der Gallen iſt dieſe Wur-
tzel ſehr gut befunden worden. Man ver-
miſcht ſie auch under die Artzneyen/ ſo die
verbrannten Feuchtigkeiten außfuͤhren/ iſt
denjenigen wohl bekannt/ welche mit dem
Auſſatz behafftet/ deren viel durch fleißigen
Gebrauch dieſer Wurtzel/ von dieſer abſchew/

lichen
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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/104>, abgerufen am 21.11.2024.