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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] sansam gedient. Also kan ich Jhr Excellenz
nicht verhalten/ daß ich den Tabac-rauch/
nicht zwar auff unmäßige Schmeckscheid-
tierers manier/ sondern nach meiner Noth-
durfft/ doch fleißig/ und allerding täglich/
sonderbar bey und gegen der Nacht/ ge-
brauche/ und mich/ nächst des Höchsten Ge-
deyen/ dabey sehr wol/ auch diese Schluß-
folg unaußnehmlich befinde/ daß wir öff-
ters etwas außschelten/ und hassen/ welches
uns/ recht verstanden/ zu ersprießlichsten
Diensten taugen kan. Jch wil zwar mit
Peintema auß dem Tabac-kraut kein Panacea
oder Universal-Artzney machen/ denn die
andern Kräuter möchten mit AEsopo sagen:
Wenn der Tabac alles kan/ so können wir
andern nichts. Auch wil ich mit den Vir-
ginischen Heyden ihn nicht den Götteren
opffern/ noch darfür halten/ er stille in das
Wasser geworffen das Ungewitter: Ross. de
Rell. p.
180. Auch wurde ich vielleicht irren/
wenn ich beredt seyn wollte/ der Tabac wä-
re die rechte/ schon so lang verlohrene NE-
PENTHES
/
von dem Homero gepriesen:

- - - - [fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen]
[fremdsprachliches Material - 5 Wörter fehlen].

Jliad. D. Aber ich kan auch nicht beytretten
dem Wahn derjenigen/ die ein pestilentzisch-
höllisch Gifft darauß machen/ oder auß des-
sen gebrauch per se ein Laster formiren wollen.
Hinderet mich auch wenig/ daß dieser Mei-
nung auch Fürnehme und Hoch-verrühmte
Medici, und andere sonst verständigste Leuthe
beypflichten: denn auch sie wissen und mercken
nicht alles/ sind auch zuweilen durch ihre
affecten und eingewurtzelte Vorurtheil heß-
lich incantirt. Jch selbst habe vor Jahren
einen welt-beruffenen alten Medicum sagen
hören/ die Circulatio Sanguinis sey ein Diabo-
licum inventum:
ja meines entsinnens habe
eben diese Wort auch de Venaesectione bey
dem weitbekanten Georg Hornen gelesen.
Also ist kein wunder/ daß solchen auch der
Tabacs-gebrauch/ der mit seiner temperir-
ten Wärme des Geblüts Kreißlauff und die
Bewegung anderer Leibs-säfften mercklich
förderet/ als ein neue Invention, so die alte
Zeiten und Lehrsätze billich jaloux machen
kan/ höchlich mißfället; ich glaube vor ge-
wiß/ wenn der Tabac etwelchen Herren
Medicis so gewinnträchtig wäre/ als andere
simplicia, die bey ihrem Gebrauch etwas
mehreren Ceremonien anlaß/ und deßwegen
vortheilhafftige Bemühungen geben kön-
nen/ es solte weit milter davon geurtheilet
werden. Jch habe nicht allein von den nach-
theilen/ die sie ihm beymessen wollen/ keinen
verspüret/ sondern auch niemanden gekant/
der bey reguliertem Gebrauch etwas ohnge-
legenes verspürt habe. Man ladet dem Ta-
bac sonderlich auff/ er truckne hefftig auß/
und mache den Gebraucher dürr und hager;
welches ich wol glaube/ wo man den MO-
DUS IN REBUS
auß der acht läßt: Alß-
denn thut es nicht der Tabac/ sondern der
stete Rauch/ ob er schon von Stroh oder Pa-
pier wäre. Jtem/ wenn man gantze Krau-
sen des stärckest- und hitzigsten Weins dazu
außstürtzet: Sonst kan ich Jhr Excell. ver-
sichern/ daß ich erst angefangen etwas flei-
[Spaltenumbruch] schicht zu werden/ seit ich den Tabac orden-
lich gebrauche: werde es aber ihm gern dan-
cken/ so ich enthebt bin feist oder bewanstet
zu werden: wiewol man solcher Leuthe wol
so viel under den Tabac-schmauchern fin-
det/ als nicht under andern. Obbenantes
Becher-stürtzen bey dem Tabac/ kan viel-
leicht auch eine ursach seyn/ warumb bey
manchem unordenlichen Tabac-schmau-
cher sich übermäßige Galle zeuge/ das Ge-
blüt erhitzet/ die Pori außgestopffet/ ein ku-
pferichtes antlitz gemachet/ Gezitter in den
Gliedern verursacht/ Semen vitale minuirt,
die Däwungs-krafft samt dem Eßlust zer-
störet/ und ander beklagendes Unheil mit
Roß und Karch selbst geholet wird: und ist
beyneben keine von diesen Ungel genheiten/
die sich nicht ausser der Tabac-zunfft eben
so frequent einstelle. Jch/ der ich bey meinem
gemäßigten Tabac-schmauchen selben excess
weder begehen soll/ noch pflege/ habe/ Gott
lob/ dergleichen niemahl verspüret/ vielmehr
aber den Gegentheil/ sonderlich was die Dä-Mangel
der Däw-
ung und
Eßlusts.

wung und Estlust belangt/ da ich zuvor an
diesen beyden sonderlichen mangel gehabt.
Das verdrießlichste/ so man dem Tabac auf-
bürdet/ ist/ daß sein Gebrauch unter die
Sünden/ Aergerlich- oder üppigkeiten/ oder
doch schändliche Gewohnheiten gezehlet/
und von einigen Gassen-Englen/ mit weiß
nicht wie Theologischen Anathematen ange-
fochten wird/ die mit dem bekanten Scrive-
rio
sagen; wer Wein/ Bier und Tabaclieb
habe/ könne keine Geistes und Gottselig-
keits-funcken in seinem Gemüthe empfan-
gen. etc. Jch habe ohnlängst bey einer an-
sehenlichen Zusammenkunfft an anderm
ort/ ein ohngefehr umb den weg ligendes
Buch/ under dem stoltzen Titul/ Ehrenholds
zufällige Andachten/ auff geschlagen/ und er-
ster ansicht ein Histörgen gefunden/ von ei-
nem Mann/ der spaten Abends von dem
Gelach heimwollend/ in einen Weyer ge-
stürtzt und ersoffen: weil nun dieser an statt
des Habermanns eine Tabac-pfeiffen in
dem Schiebsack soll gehabt haben/ so ver-
dammt ihn der Author deßwegen in das höl-
lische Feur zu allen Teufften. Diesen Auff-
schlag hab ich/ ohne wortsprechen/ einem
beystehenden trefflichen Herren meines
Stands/ den seine Complexion auch zu ge-
brauch des Tabacs gemüssiget/ dargereicht;
ohnmöglich ist mir zu erzehlen/ mit was
vor ungedult und mißfallen er diesen Bla-
cker wider die Wand geschmissen: Jch hat-
te ihn gleichwol entschuldigt/ daß er viel-
leicht in dem Wahn gestanden/ man könte
ohne den Habermann so wenig betten/ alß
ohne die Tabacpfeiffen schmauchen. Dieses
habe zur kurtzweil erzehlen wollen. An sol-
chen Rhadamantischen urtheilen nun haben
sonder zweifel die einige Schuld/ die Miß-
braucher des Tabacks/ so darauß ein un-
underbrüchliches Passetemps, und truckne
Debauche machen/ wie jener die Schärstu-
ben also benamt/ ein heiloses/ oder wol üp-
piges Leben darzu führen/ allerhand garsti-
ge Zotten und unziemlichkeiten mit dem
Rauch außspeyen/ ja wol herrlich gar Hauß
und Hoff mit der entfallenden Glut in den
Brand stecken/ etc. Wie dergleichen/ ohn-

gelaug-
Kkk kkk

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] ſanſam gedient. Alſo kan ich Jhr Excellenz
nicht verhalten/ daß ich den Tabac-rauch/
nicht zwar auff unmaͤßige Schmeckſcheid-
tierers manier/ ſondern nach meiner Noth-
durfft/ doch fleißig/ und allerding taͤglich/
ſonderbar bey und gegen der Nacht/ ge-
brauche/ und mich/ naͤchſt des Hoͤchſten Ge-
deyen/ dabey ſehr wol/ auch dieſe Schluß-
folg unaußnehmlich befinde/ daß wir oͤff-
ters etwas außſchelten/ und haſſen/ welches
uns/ recht verſtanden/ zu erſprießlichſten
Dienſten taugen kan. Jch wil zwar mit
Peintema auß dem Tabac-kraut kein Panacea
oder Univerſal-Artzney machen/ denn die
andern Kraͤuter moͤchten mit Æſopo ſagen:
Wenn der Tabac alles kan/ ſo koͤnnen wir
andern nichts. Auch wil ich mit den Vir-
giniſchen Heyden ihn nicht den Goͤtteren
opffern/ noch darfuͤr halten/ er ſtille in das
Waſſer geworffen das Ungewitter: Roſſ. de
Rell. p.
180. Auch wurde ich vielleicht irꝛen/
wenn ich beredt ſeyn wollte/ der Tabac waͤ-
re die rechte/ ſchon ſo lang verlohrene NE-
PENTHES
/
von dem Homero geprieſen:

- - - - [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen]
[fremdsprachliches Material – 5 Wörter fehlen].

Jliad. Δ. Aber ich kan auch nicht beytretten
dem Wahn derjenigen/ die ein peſtilentziſch-
hoͤlliſch Gifft darauß machen/ oder auß deſ-
ſen gebrauch per ſe ein Laſter formiren wollen.
Hinderet mich auch wenig/ daß dieſer Mei-
nung auch Fuͤrnehme und Hoch-verruͤhmte
Medici, und andere ſonſt verſtaͤndigſte Leuthe
beypflichten: deñ auch ſie wiſſen und mercken
nicht alles/ ſind auch zuweilen durch ihre
affecten und eingewurtzelte Vorurtheil heß-
lich incantirt. Jch ſelbſt habe vor Jahren
einen welt-beruffenen alten Medicum ſagen
hoͤren/ die Circulatio Sanguinis ſey ein Diabo-
licum inventum:
ja meines entſinnens habe
eben dieſe Wort auch de Venæſectione bey
dem weitbekanten Georg Hornen geleſen.
Alſo iſt kein wunder/ daß ſolchen auch der
Tabacs-gebrauch/ der mit ſeiner temperir-
ten Waͤrme des Gebluͤts Kreißlauff und die
Bewegung anderer Leibs-ſaͤfften mercklich
foͤrderet/ als ein neue Invention, ſo die alte
Zeiten und Lehrſaͤtze billich jaloux machen
kan/ hoͤchlich mißfaͤllet; ich glaube vor ge-
wiß/ wenn der Tabac etwelchen Herꝛen
Medicis ſo gewinntraͤchtig waͤre/ als andere
ſimplicia, die bey ihrem Gebrauch etwas
mehreren Ceremonien anlaß/ und deßwegen
vortheilhafftige Bemuͤhungen geben koͤn-
nen/ es ſolte weit milter davon geurtheilet
werden. Jch habe nicht allein von den nach-
theilen/ die ſie ihm beymeſſen wollen/ keinen
verſpuͤret/ ſondern auch niemanden gekant/
der bey reguliertem Gebrauch etwas ohnge-
legenes verſpuͤrt habe. Man ladet dem Ta-
bac ſonderlich auff/ er truckne hefftig auß/
und mache den Gebraucher duͤrꝛ und hager;
welches ich wol glaube/ wo man den MO-
DUS IN REBUS
auß der acht laͤßt: Alß-
denn thut es nicht der Tabac/ ſondern der
ſtete Rauch/ ob er ſchon von Stroh oder Pa-
pier waͤre. Jtem/ wenn man gantze Krau-
ſen des ſtaͤrckeſt- und hitzigſten Weins dazu
außſtuͤrtzet: Sonſt kan ich Jhr Excell. ver-
ſichern/ daß ich erſt angefangen etwas flei-
[Spaltenumbruch] ſchicht zu werden/ ſeit ich den Tabac orden-
lich gebrauche: werde es aber ihm gern dan-
cken/ ſo ich enthebt bin feiſt oder bewanſtet
zu werden: wiewol man ſolcher Leuthe wol
ſo viel under den Tabac-ſchmauchern fin-
det/ als nicht under andern. Obbenantes
Becher-ſtuͤrtzen bey dem Tabac/ kan viel-
leicht auch eine urſach ſeyn/ warumb bey
manchem unordenlichen Tabac-ſchmau-
cher ſich uͤbermaͤßige Galle zeuge/ das Ge-
bluͤt erhitzet/ die Pori außgeſtopffet/ ein ku-
pferichtes antlitz gemachet/ Gezitter in den
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die Daͤwungs-krafft ſamt dem Eßluſt zer-
ſtoͤret/ und ander beklagendes Unheil mit
Roß und Karch ſelbſt geholet wird: und iſt
beyneben keine von dieſen Ungel genheiten/
die ſich nicht auſſer der Tabac-zunfft eben
ſo frequent einſtelle. Jch/ der ich bey meinem
gemaͤßigten Tabac-ſchmauchen ſelben exceſſ
weder begehen ſoll/ noch pflege/ habe/ Gott
lob/ dergleichen niemahl verſpuͤret/ vielmehr
aber den Gegentheil/ ſonderlich was die Daͤ-Mangel
der Daͤw-
ung und
Eßluſts.

wung und Eſtluſt belangt/ da ich zuvor an
dieſen beyden ſonderlichen mangel gehabt.
Das verdrießlichſte/ ſo man dem Tabac auf-
buͤrdet/ iſt/ daß ſein Gebrauch unter die
Suͤnden/ Aergerlich- oder üppigkeiten/ oder
doch ſchaͤndliche Gewohnheiten gezehlet/
und von einigen Gaſſen-Englen/ mit weiß
nicht wie Theologiſchen Anathematen ange-
fochten wird/ die mit dem bekanten Scrive-
rio
ſagen; wer Wein/ Bier und Tabaclieb
habe/ koͤnne keine Geiſtes und Gottſelig-
keits-funcken in ſeinem Gemuͤthe empfan-
gen. ꝛc. Jch habe ohnlaͤngſt bey einer an-
ſehenlichen Zuſammenkunfft an anderm
ort/ ein ohngefehr umb den weg ligendes
Buch/ under dem ſtoltzen Titul/ Ehrenholds
zufaͤllige Andachten/ auff geſchlagen/ und er-
ſter anſicht ein Hiſtoͤrgen gefunden/ von ei-
nem Mann/ der ſpaten Abends von dem
Gelach heimwollend/ in einen Weyer ge-
ſtuͤrtzt und erſoffen: weil nun dieſer an ſtatt
des Habermanns eine Tabac-pfeiffen in
dem Schiebſack ſoll gehabt haben/ ſo ver-
dammt ihn der Author deßwegen in das hoͤl-
liſche Feur zu allen Teufften. Dieſen Auff-
ſchlag hab ich/ ohne wortſprechen/ einem
beyſtehenden trefflichen Herꝛen meines
Stands/ den ſeine Complexion auch zu ge-
brauch des Tabacs gemuͤſſiget/ dargereicht;
ohnmoͤglich iſt mir zu erzehlen/ mit was
vor ungedult und mißfallen er dieſen Bla-
cker wider die Wand geſchmiſſen: Jch hat-
te ihn gleichwol entſchuldigt/ daß er viel-
leicht in dem Wahn geſtanden/ man koͤnte
ohne den Habermann ſo wenig betten/ alß
ohne die Tabacpfeiffen ſchmauchen. Dieſes
habe zur kurtzweil erzehlen wollen. An ſol-
chen Rhadamantiſchen urtheilen nun haben
ſonder zweifel die einige Schuld/ die Miß-
braucher des Tabacks/ ſo darauß ein un-
underbruͤchliches Paſſetemps, und truckne
Debauche machen/ wie jener die Schaͤrſtu-
ben alſo benamt/ ein heiloſes/ oder wol uͤp-
piges Leben darzu fuͤhren/ allerhand garſti-
ge Zotten und unziemlichkeiten mit dem
Rauch außſpeyen/ ja wol herꝛlich gar Hauß
und Hoff mit der entfallenden Glut in den
Brand ſtecken/ ꝛc. Wie dergleichen/ ohn-

gelaug-
Kkk kkk
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[993/1009] Von den Kraͤuteren. ſanſam gedient. Alſo kan ich Jhr Excellenz nicht verhalten/ daß ich den Tabac-rauch/ nicht zwar auff unmaͤßige Schmeckſcheid- tierers manier/ ſondern nach meiner Noth- durfft/ doch fleißig/ und allerding taͤglich/ ſonderbar bey und gegen der Nacht/ ge- brauche/ und mich/ naͤchſt des Hoͤchſten Ge- deyen/ dabey ſehr wol/ auch dieſe Schluß- folg unaußnehmlich befinde/ daß wir oͤff- ters etwas außſchelten/ und haſſen/ welches uns/ recht verſtanden/ zu erſprießlichſten Dienſten taugen kan. Jch wil zwar mit Peintema auß dem Tabac-kraut kein Panacea oder Univerſal-Artzney machen/ denn die andern Kraͤuter moͤchten mit Æſopo ſagen: Wenn der Tabac alles kan/ ſo koͤnnen wir andern nichts. Auch wil ich mit den Vir- giniſchen Heyden ihn nicht den Goͤtteren opffern/ noch darfuͤr halten/ er ſtille in das Waſſer geworffen das Ungewitter: Roſſ. de Rell. p. 180. Auch wurde ich vielleicht irꝛen/ wenn ich beredt ſeyn wollte/ der Tabac waͤ- re die rechte/ ſchon ſo lang verlohrene NE- PENTHES/ von dem Homero geprieſen: - - - - __ _____. Jliad. Δ. Aber ich kan auch nicht beytretten dem Wahn derjenigen/ die ein peſtilentziſch- hoͤlliſch Gifft darauß machen/ oder auß deſ- ſen gebrauch per ſe ein Laſter formiren wollen. Hinderet mich auch wenig/ daß dieſer Mei- nung auch Fuͤrnehme und Hoch-verruͤhmte Medici, und andere ſonſt verſtaͤndigſte Leuthe beypflichten: deñ auch ſie wiſſen und mercken nicht alles/ ſind auch zuweilen durch ihre affecten und eingewurtzelte Vorurtheil heß- lich incantirt. Jch ſelbſt habe vor Jahren einen welt-beruffenen alten Medicum ſagen hoͤren/ die Circulatio Sanguinis ſey ein Diabo- licum inventum: ja meines entſinnens habe eben dieſe Wort auch de Venæſectione bey dem weitbekanten Georg Hornen geleſen. Alſo iſt kein wunder/ daß ſolchen auch der Tabacs-gebrauch/ der mit ſeiner temperir- ten Waͤrme des Gebluͤts Kreißlauff und die Bewegung anderer Leibs-ſaͤfften mercklich foͤrderet/ als ein neue Invention, ſo die alte Zeiten und Lehrſaͤtze billich jaloux machen kan/ hoͤchlich mißfaͤllet; ich glaube vor ge- wiß/ wenn der Tabac etwelchen Herꝛen Medicis ſo gewinntraͤchtig waͤre/ als andere ſimplicia, die bey ihrem Gebrauch etwas mehreren Ceremonien anlaß/ und deßwegen vortheilhafftige Bemuͤhungen geben koͤn- nen/ es ſolte weit milter davon geurtheilet werden. Jch habe nicht allein von den nach- theilen/ die ſie ihm beymeſſen wollen/ keinen verſpuͤret/ ſondern auch niemanden gekant/ der bey reguliertem Gebrauch etwas ohnge- legenes verſpuͤrt habe. Man ladet dem Ta- bac ſonderlich auff/ er truckne hefftig auß/ und mache den Gebraucher duͤrꝛ und hager; welches ich wol glaube/ wo man den MO- DUS IN REBUS auß der acht laͤßt: Alß- denn thut es nicht der Tabac/ ſondern der ſtete Rauch/ ob er ſchon von Stroh oder Pa- pier waͤre. Jtem/ wenn man gantze Krau- ſen des ſtaͤrckeſt- und hitzigſten Weins dazu außſtuͤrtzet: Sonſt kan ich Jhr Excell. ver- ſichern/ daß ich erſt angefangen etwas flei- ſchicht zu werden/ ſeit ich den Tabac orden- lich gebrauche: werde es aber ihm gern dan- cken/ ſo ich enthebt bin feiſt oder bewanſtet zu werden: wiewol man ſolcher Leuthe wol ſo viel under den Tabac-ſchmauchern fin- det/ als nicht under andern. Obbenantes Becher-ſtuͤrtzen bey dem Tabac/ kan viel- leicht auch eine urſach ſeyn/ warumb bey manchem unordenlichen Tabac-ſchmau- cher ſich uͤbermaͤßige Galle zeuge/ das Ge- bluͤt erhitzet/ die Pori außgeſtopffet/ ein ku- pferichtes antlitz gemachet/ Gezitter in den Gliedern verurſacht/ Semen vitale minuirt, die Daͤwungs-krafft ſamt dem Eßluſt zer- ſtoͤret/ und ander beklagendes Unheil mit Roß und Karch ſelbſt geholet wird: und iſt beyneben keine von dieſen Ungel genheiten/ die ſich nicht auſſer der Tabac-zunfft eben ſo frequent einſtelle. Jch/ der ich bey meinem gemaͤßigten Tabac-ſchmauchen ſelben exceſſ weder begehen ſoll/ noch pflege/ habe/ Gott lob/ dergleichen niemahl verſpuͤret/ vielmehr aber den Gegentheil/ ſonderlich was die Daͤ- wung und Eſtluſt belangt/ da ich zuvor an dieſen beyden ſonderlichen mangel gehabt. Das verdrießlichſte/ ſo man dem Tabac auf- buͤrdet/ iſt/ daß ſein Gebrauch unter die Suͤnden/ Aergerlich- oder üppigkeiten/ oder doch ſchaͤndliche Gewohnheiten gezehlet/ und von einigen Gaſſen-Englen/ mit weiß nicht wie Theologiſchen Anathematen ange- fochten wird/ die mit dem bekanten Scrive- rio ſagen; wer Wein/ Bier und Tabaclieb habe/ koͤnne keine Geiſtes und Gottſelig- keits-funcken in ſeinem Gemuͤthe empfan- gen. ꝛc. Jch habe ohnlaͤngſt bey einer an- ſehenlichen Zuſammenkunfft an anderm ort/ ein ohngefehr umb den weg ligendes Buch/ under dem ſtoltzen Titul/ Ehrenholds zufaͤllige Andachten/ auff geſchlagen/ und er- ſter anſicht ein Hiſtoͤrgen gefunden/ von ei- nem Mann/ der ſpaten Abends von dem Gelach heimwollend/ in einen Weyer ge- ſtuͤrtzt und erſoffen: weil nun dieſer an ſtatt des Habermanns eine Tabac-pfeiffen in dem Schiebſack ſoll gehabt haben/ ſo ver- dammt ihn der Author deßwegen in das hoͤl- liſche Feur zu allen Teufften. Dieſen Auff- ſchlag hab ich/ ohne wortſprechen/ einem beyſtehenden trefflichen Herꝛen meines Stands/ den ſeine Complexion auch zu ge- brauch des Tabacs gemuͤſſiget/ dargereicht; ohnmoͤglich iſt mir zu erzehlen/ mit was vor ungedult und mißfallen er dieſen Bla- cker wider die Wand geſchmiſſen: Jch hat- te ihn gleichwol entſchuldigt/ daß er viel- leicht in dem Wahn geſtanden/ man koͤnte ohne den Habermann ſo wenig betten/ alß ohne die Tabacpfeiffen ſchmauchen. Dieſes habe zur kurtzweil erzehlen wollen. An ſol- chen Rhadamantiſchen urtheilen nun haben ſonder zweifel die einige Schuld/ die Miß- braucher des Tabacks/ ſo darauß ein un- underbruͤchliches Paſſetemps, und truckne Debauche machen/ wie jener die Schaͤrſtu- ben alſo benamt/ ein heiloſes/ oder wol uͤp- piges Leben darzu fuͤhren/ allerhand garſti- ge Zotten und unziemlichkeiten mit dem Rauch außſpeyen/ ja wol herꝛlich gar Hauß und Hoff mit der entfallenden Glut in den Brand ſtecken/ ꝛc. Wie dergleichen/ ohn- gelaug- Mangel der Daͤw- ung und Eßluſts. Kkk kkk

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 993. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/1009>, abgerufen am 23.11.2024.