[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.Wilhelm Walter. gen Stübchen. -- Hier sahe er -- Gott!wer schildert sein Erstaunen! -- den lieben Freund R** nebst seinen Jnquisitoren auf einem Sofa sizzen. Walter wollte schon schaamvoll nach einer Pause zurüktreten, aber R** ging lächelnd auf ihn zu, und zog ihn an seine Brust, an seinen Mund. -- Waltern traten Thränen in die Augen; mit stummer Wehmut drükt er des Freundes Hand, als flehte er, ein Vorwort für ihn einzulegen. -- "Jch werd es nicht mehr lange hinbringen können; die vielen Qualen haben meine Ge- sundheit getödtet -- machen Sie mich los von diesen; ich will dankbar sein und alles Jh- nen, wenn sie es noch nicht wissen, nachher erzälen," -- dies lispelte er ihm verstolen bei der Umarmung ins Ohr, allein R** erwiederte lachend: Jch weis mehr denn du, braver Junge! du bist frei, diese Herren sind deine Bluts- und Seelenfreunde, und zum Allerheiligsten der grossen Mystik, der ewigen, allumfassenden Weisheit hast du ei- nen Riesenschritt gethan! -- Ein F
Wilhelm Walter. gen Stuͤbchen. — Hier ſahe er — Gott!wer ſchildert ſein Erſtaunen! — den lieben Freund R** nebſt ſeinen Jnquiſitoren auf einem Sofa ſizzen. Walter wollte ſchon ſchaamvoll nach einer Pauſe zuruͤktreten, aber R** ging laͤchelnd auf ihn zu, und zog ihn an ſeine Bruſt, an ſeinen Mund. — Waltern traten Thraͤnen in die Augen; mit ſtummer Wehmut druͤkt er des Freundes Hand, als flehte er, ein Vorwort fuͤr ihn einzulegen. — „Jch werd es nicht mehr lange hinbringen koͤnnen; die vielen Qualen haben meine Ge- ſundheit getoͤdtet — machen Sie mich los von dieſen; ich will dankbar ſein und alles Jh- nen, wenn ſie es noch nicht wiſſen, nachher erzaͤlen,“ — dies lispelte er ihm verſtolen bei der Umarmung ins Ohr, allein R** erwiederte lachend: Jch weis mehr denn du, braver Junge! du biſt frei, dieſe Herren ſind deine Bluts- und Seelenfreunde, und zum Allerheiligſten der groſſen Myſtik, der ewigen, allumfaſſenden Weisheit haſt du ei- nen Rieſenſchritt gethan! — Ein F
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Wilhelm Walter.
gen Stuͤbchen. — Hier ſahe er — Gott!
wer ſchildert ſein Erſtaunen! — den lieben
Freund R** nebſt ſeinen Jnquiſitoren auf
einem Sofa ſizzen. Walter wollte ſchon
ſchaamvoll nach einer Pauſe zuruͤktreten, aber
R** ging laͤchelnd auf ihn zu, und zog ihn
an ſeine Bruſt, an ſeinen Mund. — Waltern
traten Thraͤnen in die Augen; mit ſtummer
Wehmut druͤkt er des Freundes Hand, als
flehte er, ein Vorwort fuͤr ihn einzulegen. —
„Jch werd es nicht mehr lange hinbringen
koͤnnen; die vielen Qualen haben meine Ge-
ſundheit getoͤdtet — machen Sie mich los von
dieſen; ich will dankbar ſein und alles Jh-
nen, wenn ſie es noch nicht wiſſen, nachher
erzaͤlen,“ — dies lispelte er ihm verſtolen
bei der Umarmung ins Ohr, allein R**
erwiederte lachend: Jch weis mehr denn du,
braver Junge! du biſt frei, dieſe Herren
ſind deine Bluts- und Seelenfreunde, und
zum Allerheiligſten der groſſen Myſtik, der
ewigen, allumfaſſenden Weisheit haſt du ei-
nen Rieſenſchritt gethan! —
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