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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
vorige Gefängnis und mit Brod und Bier
speisen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß er
nach diesem noch öftre, ähnliche Verhöre
überstehen, ia, wie ganz gewis aus seinen
Briefschaften hervorscheint, selbst Foltern
aushalten müssen
, nichts desto weniger lokte
man ein Geständnis aus ihm hervor. --

Ein ganzer Monat verstrich beinah, ohne
daß Walter ie nur Hoffnung zu einer Be-
freiung in sich nähren durfte. Er war ab-
geschnitten von allem menschlichen Umgange;
sas Tage und Nächte eingemauert in dem
Mittelpunkt der Erde, wo er vergeblich sich
im Rufen und Wehklagen ermüdete, denn
keines Menschen Gehör reichte so tief hinunter.
Und die Ursach, welche man vorgab, war,
daß er einen falschen Eid geschworen, und
ein unschuldiges Mädchen verführt habe. --
Seine Vorstellungen wurden ungehört ab-
gewiesen.

Eines Tages trat sein eisenvester Hüter
abermals zu ihm herein und führte ihn, wie
immer, mit wenigen Umständen zu dem obi-

gen

Wilhelm Walter.
vorige Gefaͤngnis und mit Brod und Bier
ſpeiſen. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß er
nach dieſem noch oͤftre, aͤhnliche Verhoͤre
uͤberſtehen, ia, wie ganz gewis aus ſeinen
Briefſchaften hervorſcheint, ſelbſt Foltern
aushalten muͤſſen
, nichts deſto weniger lokte
man ein Geſtaͤndnis aus ihm hervor. —

Ein ganzer Monat verſtrich beinah, ohne
daß Walter ie nur Hoffnung zu einer Be-
freiung in ſich naͤhren durfte. Er war ab-
geſchnitten von allem menſchlichen Umgange;
ſas Tage und Naͤchte eingemauert in dem
Mittelpunkt der Erde, wo er vergeblich ſich
im Rufen und Wehklagen ermuͤdete, denn
keines Menſchen Gehoͤr reichte ſo tief hinunter.
Und die Urſach, welche man vorgab, war,
daß er einen falſchen Eid geſchworen, und
ein unſchuldiges Maͤdchen verfuͤhrt habe. —
Seine Vorſtellungen wurden ungehoͤrt ab-
gewieſen.

Eines Tages trat ſein eiſenveſter Huͤter
abermals zu ihm herein und fuͤhrte ihn, wie
immer, mit wenigen Umſtaͤnden zu dem obi-

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[80/0083] Wilhelm Walter. vorige Gefaͤngnis und mit Brod und Bier ſpeiſen. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß er nach dieſem noch oͤftre, aͤhnliche Verhoͤre uͤberſtehen, ia, wie ganz gewis aus ſeinen Briefſchaften hervorſcheint, ſelbſt Foltern aushalten muͤſſen, nichts deſto weniger lokte man ein Geſtaͤndnis aus ihm hervor. — Ein ganzer Monat verſtrich beinah, ohne daß Walter ie nur Hoffnung zu einer Be- freiung in ſich naͤhren durfte. Er war ab- geſchnitten von allem menſchlichen Umgange; ſas Tage und Naͤchte eingemauert in dem Mittelpunkt der Erde, wo er vergeblich ſich im Rufen und Wehklagen ermuͤdete, denn keines Menſchen Gehoͤr reichte ſo tief hinunter. Und die Urſach, welche man vorgab, war, daß er einen falſchen Eid geſchworen, und ein unſchuldiges Maͤdchen verfuͤhrt habe. — Seine Vorſtellungen wurden ungehoͤrt ab- gewieſen. Eines Tages trat ſein eiſenveſter Huͤter abermals zu ihm herein und fuͤhrte ihn, wie immer, mit wenigen Umſtaͤnden zu dem obi- gen

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/83>, abgerufen am 04.12.2024.