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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
unendlichen Ewigkeit, wenn Sie falsch
schwuren!"

Pause! -- es war schreklich, was der
Mann so feierlich-ernst daher sprach; auch
Walter zitterte; sein Gewissen überredete ihn
fast Gott und dem Reiche diesen verlangten
Dienst zu leisten, aber doch blieb er störrig,
sobald er nur die Kräfte seines Geistes gesam-
melt, und an die grossen Geheimnisse seiner
Loge zurükgedacht hatte. Sie verlangte auch
Standhaftigkeit in der Prüfungsminute, und
diese Minute ist izt da, sprach er bei sich
selbst, ist izt da, und ich bin standhaft, um
mich der hohen, heiligen Weisheit ganz wür-
dig zu machen; verlache das Jrrdische, und
der Schwur der dienstwilligen Zunge, bei
dem das Herz schweigt, kann nur für den
Bigotten, für Ungeweihte der grossen Er-
kentnis zur Fessel werden. -- "Jch schwöre!"
sagte er gefasst und man entband ihn des
schreklichsten, ausgekünstelten Eides. -- --

Er glaubte nun frei zu sein von allem;
allein man lies ihn wieder zurükführen in das

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Wilhelm Walter.
unendlichen Ewigkeit, wenn Sie falſch
ſchwuren!“

Pauſe! — es war ſchreklich, was der
Mann ſo feierlich-ernſt daher ſprach; auch
Walter zitterte; ſein Gewiſſen uͤberredete ihn
faſt Gott und dem Reiche dieſen verlangten
Dienſt zu leiſten, aber doch blieb er ſtoͤrrig,
ſobald er nur die Kraͤfte ſeines Geiſtes geſam-
melt, und an die groſſen Geheimniſſe ſeiner
Loge zuruͤkgedacht hatte. Sie verlangte auch
Standhaftigkeit in der Pruͤfungsminute, und
dieſe Minute iſt izt da, ſprach er bei ſich
ſelbſt, iſt izt da, und ich bin ſtandhaft, um
mich der hohen, heiligen Weisheit ganz wuͤr-
dig zu machen; verlache das Jrrdiſche, und
der Schwur der dienſtwilligen Zunge, bei
dem das Herz ſchweigt, kann nur fuͤr den
Bigotten, fuͤr Ungeweihte der groſſen Er-
kentnis zur Feſſel werden. — „Jch ſchwoͤre!“
ſagte er gefaſſt und man entband ihn des
ſchreklichſten, ausgekuͤnſtelten Eides. — —

Er glaubte nun frei zu ſein von allem;
allein man lies ihn wieder zuruͤkfuͤhren in das

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[79/0082] Wilhelm Walter. unendlichen Ewigkeit, wenn Sie falſch ſchwuren!“ Pauſe! — es war ſchreklich, was der Mann ſo feierlich-ernſt daher ſprach; auch Walter zitterte; ſein Gewiſſen uͤberredete ihn faſt Gott und dem Reiche dieſen verlangten Dienſt zu leiſten, aber doch blieb er ſtoͤrrig, ſobald er nur die Kraͤfte ſeines Geiſtes geſam- melt, und an die groſſen Geheimniſſe ſeiner Loge zuruͤkgedacht hatte. Sie verlangte auch Standhaftigkeit in der Pruͤfungsminute, und dieſe Minute iſt izt da, ſprach er bei ſich ſelbſt, iſt izt da, und ich bin ſtandhaft, um mich der hohen, heiligen Weisheit ganz wuͤr- dig zu machen; verlache das Jrrdiſche, und der Schwur der dienſtwilligen Zunge, bei dem das Herz ſchweigt, kann nur fuͤr den Bigotten, fuͤr Ungeweihte der groſſen Er- kentnis zur Feſſel werden. — „Jch ſchwoͤre!“ ſagte er gefaſſt und man entband ihn des ſchreklichſten, ausgekuͤnſtelten Eides. — — Er glaubte nun frei zu ſein von allem; allein man lies ihn wieder zuruͤkfuͤhren in das vorige

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/82>, abgerufen am 04.12.2024.