Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

Wilhelm Walter.
nach W.... reisen und bei der dortigen Loge
gewisse Geschäfte gut und glüklich expediren."

"Nicht mehr?"

"Spielen Sie nicht, lieber Walter,
den Grospraler! -- mir graut schon izt!"

Mehr sagte er nicht, sondern brach schnell
das Gespräch ab und lenkte es auf andre
unbedeutende Dinge. -- Es verstrichen eini-
ge Wochen, ohne daß Walter mehr erfuhr;
indeß beschäftigte er sich ämsig mit seinem
Lieblingsstudium, und war bald eben so sehr
wieder darinnen versunken, als vor seiner
Krankheit. Er grübelte nach unerforschten
Geheimnissen, weihte sich täglich mehr ein
in den grossen Tempel der heiligen Magie,
schwebte mehr in der Geister- als Körper-
welt umher und wäre bei seinen spekulativen
Betrachtungen wieder zum ehmaligen, un-
empfindlichen Narren geworden, wenn die
Loge nicht bald ihre Hauptsizzung gehalten
und ihm darin gewisse geheime Aufträge an
eine Loge zu W... gegeben hätte, die man
von ihm aber niemals hat erfahren können.

Er

Wilhelm Walter.
nach W.... reiſen und bei der dortigen Loge
gewiſſe Geſchaͤfte gut und gluͤklich expediren.“

„Nicht mehr?“

„Spielen Sie nicht, lieber Walter,
den Grospraler! — mir graut ſchon izt!“

Mehr ſagte er nicht, ſondern brach ſchnell
das Geſpraͤch ab und lenkte es auf andre
unbedeutende Dinge. — Es verſtrichen eini-
ge Wochen, ohne daß Walter mehr erfuhr;
indeß beſchaͤftigte er ſich aͤmſig mit ſeinem
Lieblingsſtudium, und war bald eben ſo ſehr
wieder darinnen verſunken, als vor ſeiner
Krankheit. Er gruͤbelte nach unerforſchten
Geheimniſſen, weihte ſich taͤglich mehr ein
in den groſſen Tempel der heiligen Magie,
ſchwebte mehr in der Geiſter- als Koͤrper-
welt umher und waͤre bei ſeinen ſpekulativen
Betrachtungen wieder zum ehmaligen, un-
empfindlichen Narren geworden, wenn die
Loge nicht bald ihre Hauptſizzung gehalten
und ihm darin gewiſſe geheime Auftraͤge an
eine Loge zu W... gegeben haͤtte, die man
von ihm aber niemals hat erfahren koͤnnen.

Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wilhelm Walter</hi>.</fw><lb/>
nach W.... rei&#x017F;en und bei der dortigen Loge<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;cha&#x0364;fte gut und glu&#x0364;klich expediren.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nicht mehr?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Spielen Sie nicht, lieber Walter,<lb/>
den <hi rendition="#fr">Grospraler</hi>! &#x2014; mir graut &#x017F;chon izt!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mehr &#x017F;agte er nicht, &#x017F;ondern brach &#x017F;chnell<lb/>
das Ge&#x017F;pra&#x0364;ch ab und lenkte es auf andre<lb/>
unbedeutende Dinge. &#x2014; Es ver&#x017F;trichen eini-<lb/>
ge Wochen, ohne daß Walter mehr erfuhr;<lb/>
indeß be&#x017F;cha&#x0364;ftigte er &#x017F;ich a&#x0364;m&#x017F;ig mit &#x017F;einem<lb/>
Lieblings&#x017F;tudium, und war bald eben &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
wieder darinnen ver&#x017F;unken, als vor &#x017F;einer<lb/>
Krankheit. Er gru&#x0364;belte nach unerfor&#x017F;chten<lb/>
Geheimni&#x017F;&#x017F;en, weihte &#x017F;ich ta&#x0364;glich mehr ein<lb/>
in den gro&#x017F;&#x017F;en Tempel der heiligen Magie,<lb/>
&#x017F;chwebte mehr in der Gei&#x017F;ter- als Ko&#x0364;rper-<lb/>
welt umher und wa&#x0364;re bei &#x017F;einen &#x017F;pekulativen<lb/>
Betrachtungen wieder zum ehmaligen, un-<lb/>
empfindlichen Narren geworden, wenn die<lb/>
Loge nicht bald ihre Haupt&#x017F;izzung gehalten<lb/>
und ihm darin gewi&#x017F;&#x017F;e geheime Auftra&#x0364;ge an<lb/>
eine Loge zu W... gegeben ha&#x0364;tte, die man<lb/>
von ihm aber niemals hat erfahren ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0061] Wilhelm Walter. nach W.... reiſen und bei der dortigen Loge gewiſſe Geſchaͤfte gut und gluͤklich expediren.“ „Nicht mehr?“ „Spielen Sie nicht, lieber Walter, den Grospraler! — mir graut ſchon izt!“ Mehr ſagte er nicht, ſondern brach ſchnell das Geſpraͤch ab und lenkte es auf andre unbedeutende Dinge. — Es verſtrichen eini- ge Wochen, ohne daß Walter mehr erfuhr; indeß beſchaͤftigte er ſich aͤmſig mit ſeinem Lieblingsſtudium, und war bald eben ſo ſehr wieder darinnen verſunken, als vor ſeiner Krankheit. Er gruͤbelte nach unerforſchten Geheimniſſen, weihte ſich taͤglich mehr ein in den groſſen Tempel der heiligen Magie, ſchwebte mehr in der Geiſter- als Koͤrper- welt umher und waͤre bei ſeinen ſpekulativen Betrachtungen wieder zum ehmaligen, un- empfindlichen Narren geworden, wenn die Loge nicht bald ihre Hauptſizzung gehalten und ihm darin gewiſſe geheime Auftraͤge an eine Loge zu W... gegeben haͤtte, die man von ihm aber niemals hat erfahren koͤnnen. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/61
Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/61>, abgerufen am 04.12.2024.