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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
vergessen, durchaus historisch und kronologisch-
richtig zu erzälen und dann ihm, zu noch grös-
serm Staunen des leztern, seine künftigen Be-
gebenheiten zu weissagen, die theils noch sehr
unwahrscheinlich, theils auch schon sehr
wahrscheinlich waren.

Walter war ausser sich -- zweifelnd
stand er da, ob er den gütigen, freund-
schaftlichen Mann, welcher für ihn, als ei-
nen Unbekannten, so viel that, umarmen,
oder dem grossen unendlich weisen Mann vol-
ler Ehrfurcht zu Füssen fallen sollte.

"Flammel, Lulle und Trevisano haben
den Stein der Weisen, fuhr iener lächelnd
fort, nachdem sie über ein halbes Jahrhun-
dert vergebens darnach suchten, gefunden --
auch ich besizze das grosse Geheimnis, halte es
aber vor das geringste von allen denen, mit wel-
chen mich die hohen Unsterblichen begabten --
denn nur den Ungeweihten, den niedern Pö-
bel kann todtes Gold blenden, und der Wei-
se macht nur in so fern davon Gebrauch, als
er es bedarf, seine Absichten bei den Sterbli-

chen

Wilhelm Walter.
vergeſſen, durchaus hiſtoriſch und kronologiſch-
richtig zu erzaͤlen und dann ihm, zu noch groͤſ-
ſerm Staunen des leztern, ſeine kuͤnftigen Be-
gebenheiten zu weiſſagen, die theils noch ſehr
unwahrſcheinlich, theils auch ſchon ſehr
wahrſcheinlich waren.

Walter war auſſer ſich — zweifelnd
ſtand er da, ob er den guͤtigen, freund-
ſchaftlichen Mann, welcher fuͤr ihn, als ei-
nen Unbekannten, ſo viel that, umarmen,
oder dem groſſen unendlich weiſen Mann vol-
ler Ehrfurcht zu Fuͤſſen fallen ſollte.

Flammel, Lulle und Treviſano haben
den Stein der Weiſen, fuhr iener laͤchelnd
fort, nachdem ſie uͤber ein halbes Jahrhun-
dert vergebens darnach ſuchten, gefunden —
auch ich beſizze das groſſe Geheimnis, halte es
aber vor das geringſte von allen denen, mit wel-
chen mich die hohen Unſterblichen begabten —
denn nur den Ungeweihten, den niedern Poͤ-
bel kann todtes Gold blenden, und der Wei-
ſe macht nur in ſo fern davon Gebrauch, als
er es bedarf, ſeine Abſichten bei den Sterbli-

chen
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[27/0030] Wilhelm Walter. vergeſſen, durchaus hiſtoriſch und kronologiſch- richtig zu erzaͤlen und dann ihm, zu noch groͤſ- ſerm Staunen des leztern, ſeine kuͤnftigen Be- gebenheiten zu weiſſagen, die theils noch ſehr unwahrſcheinlich, theils auch ſchon ſehr wahrſcheinlich waren. Walter war auſſer ſich — zweifelnd ſtand er da, ob er den guͤtigen, freund- ſchaftlichen Mann, welcher fuͤr ihn, als ei- nen Unbekannten, ſo viel that, umarmen, oder dem groſſen unendlich weiſen Mann vol- ler Ehrfurcht zu Fuͤſſen fallen ſollte. „Flammel, Lulle und Treviſano haben den Stein der Weiſen, fuhr iener laͤchelnd fort, nachdem ſie uͤber ein halbes Jahrhun- dert vergebens darnach ſuchten, gefunden — auch ich beſizze das groſſe Geheimnis, halte es aber vor das geringſte von allen denen, mit wel- chen mich die hohen Unſterblichen begabten — denn nur den Ungeweihten, den niedern Poͤ- bel kann todtes Gold blenden, und der Wei- ſe macht nur in ſo fern davon Gebrauch, als er es bedarf, ſeine Abſichten bei den Sterbli- chen

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/30>, abgerufen am 21.11.2024.