[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.Wilhelm Walter. mich in ein schlechtes Gewand, um destounbelauschter die Falten des menschlichen Herzens erforschen zu können. Jch finde Sie hier -- ein geheimer, sympathetischer Zug reißt mich für Sie hin -- ich will Sie glüklich machen und einweihen in das dunkle Allerheiligste des Mystizismus, wozu Sie schon seit anderthalb Jahren den Grundstein gelegt haben. -- Sie staunen, woher ich dies weis? sehn Sie diesen Käfer im Glase, er ist ein ungezogner Dämon; der offenbart mir die tiefsten Geheimnisse des Königlichen Kabinets; auch Jhre Schiksale hat er mir kund gethan!"*) "Mei- *) Daß der Teufel, oder will man ihn feiner be-
nennen, der Dämon nicht selten das Schiksal hatte in Gläsern und Krügen logiren zu müssen, will ich meinen Lesern aus folgender, allerdings glaubwürdigen Legende beweisen. Der Teufel und der heil. Lupus waren einander erklärte Feinde, wo sie sich also einen Possen spielen konnten, geschah's, wie man denken kann, nur zu gern. Da einst der Heilige bis in später Nacht im Gebet verharrete, wurde er auf Anstel- lung des Teufels durstig, so daß er frisches Was- Wilhelm Walter. mich in ein ſchlechtes Gewand, um deſtounbelauſchter die Falten des menſchlichen Herzens erforſchen zu koͤnnen. Jch finde Sie hier — ein geheimer, ſympathetiſcher Zug reißt mich fuͤr Sie hin — ich will Sie gluͤklich machen und einweihen in das dunkle Allerheiligſte des Myſtizismus, wozu Sie ſchon ſeit anderthalb Jahren den Grundſtein gelegt haben. — Sie ſtaunen, woher ich dies weis? ſehn Sie dieſen Kaͤfer im Glaſe, er iſt ein ungezogner Daͤmon; der offenbart mir die tiefſten Geheimniſſe des Koͤniglichen Kabinets; auch Jhre Schikſale hat er mir kund gethan!“*) „Mei- *) Daß der Teufel, oder will man ihn feiner be-
nennen, der Daͤmon nicht ſelten das Schikſal hatte in Glaͤſern und Kruͤgen logiren zu muͤſſen, will ich meinen Leſern aus folgender, allerdings glaubwuͤrdigen Legende beweiſen. Der Teufel und der heil. Lupus waren einander erklaͤrte Feinde, wo ſie ſich alſo einen Poſſen ſpielen konnten, geſchah's, wie man denken kann, nur zu gern. Da einſt der Heilige bis in ſpaͤter Nacht im Gebet verharrete, wurde er auf Anſtel- lung des Teufels durſtig, ſo daß er friſches Waſ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wilhelm Walter</hi>.</fw><lb/> mich in ein ſchlechtes Gewand, um deſto<lb/> unbelauſchter die Falten des menſchlichen<lb/> Herzens erforſchen zu koͤnnen. Jch finde<lb/> Sie hier — ein geheimer, ſympathetiſcher<lb/> Zug reißt mich fuͤr Sie hin — ich will Sie<lb/> gluͤklich machen und einweihen in das dunkle<lb/> Allerheiligſte des Myſtizismus, wozu Sie<lb/> ſchon ſeit anderthalb Jahren den Grundſtein<lb/> gelegt haben. — Sie ſtaunen, woher ich<lb/> dies weis? ſehn Sie dieſen Kaͤfer im Glaſe,<lb/> er iſt ein ungezogner Daͤmon; der offenbart<lb/> mir die tiefſten Geheimniſſe des Koͤniglichen<lb/> Kabinets; auch <hi rendition="#fr">Jhre</hi> Schikſale hat er mir<lb/> kund gethan!“<note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="*)"><p>Daß der Teufel, oder will man ihn feiner be-<lb/> nennen, der <hi rendition="#fr">Daͤmon</hi> nicht ſelten das Schikſal<lb/> hatte in Glaͤſern und Kruͤgen logiren zu muͤſſen,<lb/> will ich meinen Leſern aus folgender, allerdings<lb/> glaubwuͤrdigen Legende beweiſen. Der Teufel<lb/> und der <hi rendition="#fr">heil. Lupus</hi> waren einander erklaͤrte<lb/> Feinde, wo ſie ſich alſo einen Poſſen ſpielen<lb/> konnten, geſchah's, wie man denken kann, nur<lb/> zu gern. Da einſt der Heilige bis in ſpaͤter<lb/> Nacht im Gebet verharrete, wurde er auf Anſtel-<lb/> lung des Teufels durſtig, ſo daß er friſches</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Waſ-</fw></note></p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">„Mei-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [24/0027]
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unbelauſchter die Falten des menſchlichen
Herzens erforſchen zu koͤnnen. Jch finde
Sie hier — ein geheimer, ſympathetiſcher
Zug reißt mich fuͤr Sie hin — ich will Sie
gluͤklich machen und einweihen in das dunkle
Allerheiligſte des Myſtizismus, wozu Sie
ſchon ſeit anderthalb Jahren den Grundſtein
gelegt haben. — Sie ſtaunen, woher ich
dies weis? ſehn Sie dieſen Kaͤfer im Glaſe,
er iſt ein ungezogner Daͤmon; der offenbart
mir die tiefſten Geheimniſſe des Koͤniglichen
Kabinets; auch Jhre Schikſale hat er mir
kund gethan!“ *)
„Mei-
*) Daß der Teufel, oder will man ihn feiner be-
nennen, der Daͤmon nicht ſelten das Schikſal
hatte in Glaͤſern und Kruͤgen logiren zu muͤſſen,
will ich meinen Leſern aus folgender, allerdings
glaubwuͤrdigen Legende beweiſen. Der Teufel
und der heil. Lupus waren einander erklaͤrte
Feinde, wo ſie ſich alſo einen Poſſen ſpielen
konnten, geſchah's, wie man denken kann, nur
zu gern. Da einſt der Heilige bis in ſpaͤter
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Zitationshilfe: | [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/27>, abgerufen am 23.07.2024. |