Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

Wilhelm Walter.
andern seiner Aufsäzze war mir der über die
Genien merkwürdiger, als alle; denn er
führte mich auf ernstere Gedanken. Jch hatte
es mir einmal festgesezt dem Voltaire in al-
lem zu wiedersprechen; hier mußt' ich nun die
Schuzgeister vertheidigen; ich studierte des-
wegen alte Folianten von vorigen Jahrhun-
derten, um aus ihnen gültige Beweise und
Gründe zu saugen -- aber ich lernte unver-
mutet mehr aus ihnen; wurde eingenom-
men für nekromantische und alchemistische
Wissenschaften, und die zwölf Jahre, welche
ich auf ihr Studium verwandte, haben mich
noch nicht gereut, denn sie machten mich
zum Gebieter in der Region der Geister,
zum Eigenthümer des Lapis philosophorum,
zu mehr, als einem Fürsten. Sie werden
meinen Worten nicht glauben können und
doch ist es also; ich ziehe izt in Geschäften
des hohen Alhaazeel umher *), verkleide

mich
*) Da Kagliostro bei der verehrungswürdigen
Frau Gräfin von Medem sein Gaukelspiel trieb,
gab er vor, in Geschäften seiner Obern nach Nor-
den reisen zu müssen.
B 4

Wilhelm Walter.
andern ſeiner Aufſaͤzze war mir der uͤber die
Genien merkwuͤrdiger, als alle; denn er
fuͤhrte mich auf ernſtere Gedanken. Jch hatte
es mir einmal feſtgeſezt dem Voltaire in al-
lem zu wiederſprechen; hier mußt' ich nun die
Schuzgeiſter vertheidigen; ich ſtudierte des-
wegen alte Folianten von vorigen Jahrhun-
derten, um aus ihnen guͤltige Beweiſe und
Gruͤnde zu ſaugen — aber ich lernte unver-
mutet mehr aus ihnen; wurde eingenom-
men fuͤr nekromantiſche und alchemiſtiſche
Wiſſenſchaften, und die zwoͤlf Jahre, welche
ich auf ihr Studium verwandte, haben mich
noch nicht gereut, denn ſie machten mich
zum Gebieter in der Region der Geiſter,
zum Eigenthuͤmer des Lapis philoſophorum,
zu mehr, als einem Fuͤrſten. Sie werden
meinen Worten nicht glauben koͤnnen und
doch iſt es alſo; ich ziehe izt in Geſchaͤften
des hohen Alhaazeel umher *), verkleide

mich
*) Da Kaglioſtro bei der verehrungswuͤrdigen
Frau Graͤfin von Medem ſein Gaukelſpiel trieb,
gab er vor, in Geſchaͤften ſeiner Obern nach Nor-
den reiſen zu muͤſſen.
B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="23"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wilhelm Walter</hi>.</fw><lb/>
andern &#x017F;einer Auf&#x017F;a&#x0364;zze war mir der u&#x0364;ber die<lb/>
Genien merkwu&#x0364;rdiger, als alle; denn er<lb/>
fu&#x0364;hrte mich auf ern&#x017F;tere Gedanken. Jch hatte<lb/>
es mir einmal fe&#x017F;tge&#x017F;ezt dem Voltaire in al-<lb/>
lem zu wieder&#x017F;prechen; hier mußt' ich nun die<lb/>
Schuzgei&#x017F;ter vertheidigen; ich &#x017F;tudierte des-<lb/>
wegen alte Folianten von vorigen Jahrhun-<lb/>
derten, um aus ihnen gu&#x0364;ltige Bewei&#x017F;e und<lb/>
Gru&#x0364;nde zu &#x017F;augen &#x2014; aber ich lernte unver-<lb/>
mutet mehr aus ihnen; wurde eingenom-<lb/>
men fu&#x0364;r nekromanti&#x017F;che und alchemi&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, und die zwo&#x0364;lf Jahre, welche<lb/>
ich auf ihr Studium verwandte, haben mich<lb/>
noch nicht gereut, denn &#x017F;ie machten mich<lb/>
zum Gebieter in der Region der Gei&#x017F;ter,<lb/>
zum Eigenthu&#x0364;mer des <hi rendition="#aq">Lapis philo&#x017F;ophorum</hi>,<lb/>
zu mehr, als einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten. Sie werden<lb/>
meinen Worten nicht glauben ko&#x0364;nnen und<lb/>
doch i&#x017F;t es al&#x017F;o; ich ziehe izt in Ge&#x017F;cha&#x0364;ften<lb/>
des hohen <hi rendition="#fr">Alhaazeel</hi> umher <note place="foot" n="*)">Da <hi rendition="#fr">Kaglio&#x017F;tro</hi> bei der verehrungswu&#x0364;rdigen<lb/>
Frau <hi rendition="#fr">Gra&#x0364;fin von Medem</hi> &#x017F;ein Gaukel&#x017F;piel trieb,<lb/>
gab er vor, in Ge&#x017F;cha&#x0364;ften &#x017F;einer Obern nach Nor-<lb/>
den rei&#x017F;en zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</note>, verkleide<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><fw place="bottom" type="catch">mich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0026] Wilhelm Walter. andern ſeiner Aufſaͤzze war mir der uͤber die Genien merkwuͤrdiger, als alle; denn er fuͤhrte mich auf ernſtere Gedanken. Jch hatte es mir einmal feſtgeſezt dem Voltaire in al- lem zu wiederſprechen; hier mußt' ich nun die Schuzgeiſter vertheidigen; ich ſtudierte des- wegen alte Folianten von vorigen Jahrhun- derten, um aus ihnen guͤltige Beweiſe und Gruͤnde zu ſaugen — aber ich lernte unver- mutet mehr aus ihnen; wurde eingenom- men fuͤr nekromantiſche und alchemiſtiſche Wiſſenſchaften, und die zwoͤlf Jahre, welche ich auf ihr Studium verwandte, haben mich noch nicht gereut, denn ſie machten mich zum Gebieter in der Region der Geiſter, zum Eigenthuͤmer des Lapis philoſophorum, zu mehr, als einem Fuͤrſten. Sie werden meinen Worten nicht glauben koͤnnen und doch iſt es alſo; ich ziehe izt in Geſchaͤften des hohen Alhaazeel umher *), verkleide mich *) Da Kaglioſtro bei der verehrungswuͤrdigen Frau Graͤfin von Medem ſein Gaukelſpiel trieb, gab er vor, in Geſchaͤften ſeiner Obern nach Nor- den reiſen zu muͤſſen. B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/26
Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/26>, abgerufen am 21.11.2024.