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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.

Er wurde im Jahre 1759 in einer mit-
telmässigen Stadt im Reiche geboren; verlor
früh seinen Vater und behielt nur seine Mut-
ter noch, die ihn zum Studieren bestimmte.
Mit der Beihülfe einiger wolthätiger Gön-
ner, war er in seinem zwanzigsten Jahre nach
durchwanderten Schulen, für die Universität
geschikt; darum säumte er nicht länger, son-
dern verlies die Vaterstadt und reisete mit
geringer Baarschaft nach H**, wo er bald
neue Freunde, neue Unterstüzzung fand und
mit unermüdendem Eifer seine Studien fort-
sezte. -- Er gewann auch für schöne Wissen-
schaften und Lektüre neuerer Schriftsteller Ge-
schmack und Gefül, da er sich bisher auf
Schulen nur immer mit Sprachen beschäftigt
hatte und sich wenig oder gar nicht nach Er-
werbung anderer Kenntnisse bemühen konn-
te. Besonders gefielen ihm die Feenmärchen
Gallands, die Persischen Erzälungen u. s. w.
in denen wolthätige Feen die Menschen be-
glükken und der Weise durch anhaltendes For-
schen es dahin bringt, daß Wesen höherer

Art

Wilhelm Walter.

Er wurde im Jahre 1759 in einer mit-
telmaͤſſigen Stadt im Reiche geboren; verlor
fruͤh ſeinen Vater und behielt nur ſeine Mut-
ter noch, die ihn zum Studieren beſtimmte.
Mit der Beihuͤlfe einiger wolthaͤtiger Goͤn-
ner, war er in ſeinem zwanzigſten Jahre nach
durchwanderten Schulen, fuͤr die Univerſitaͤt
geſchikt; darum ſaͤumte er nicht laͤnger, ſon-
dern verlies die Vaterſtadt und reiſete mit
geringer Baarſchaft nach H**, wo er bald
neue Freunde, neue Unterſtuͤzzung fand und
mit unermuͤdendem Eifer ſeine Studien fort-
ſezte. — Er gewann auch fuͤr ſchoͤne Wiſſen-
ſchaften und Lektuͤre neuerer Schriftſteller Ge-
ſchmack und Gefuͤl, da er ſich bisher auf
Schulen nur immer mit Sprachen beſchaͤftigt
hatte und ſich wenig oder gar nicht nach Er-
werbung anderer Kenntniſſe bemuͤhen konn-
te. Beſonders gefielen ihm die Feenmaͤrchen
Gallands, die Perſiſchen Erzaͤlungen u. ſ. w.
in denen wolthaͤtige Feen die Menſchen be-
gluͤkken und der Weiſe durch anhaltendes For-
ſchen es dahin bringt, daß Weſen hoͤherer

Art
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[8/0011] Wilhelm Walter. Er wurde im Jahre 1759 in einer mit- telmaͤſſigen Stadt im Reiche geboren; verlor fruͤh ſeinen Vater und behielt nur ſeine Mut- ter noch, die ihn zum Studieren beſtimmte. Mit der Beihuͤlfe einiger wolthaͤtiger Goͤn- ner, war er in ſeinem zwanzigſten Jahre nach durchwanderten Schulen, fuͤr die Univerſitaͤt geſchikt; darum ſaͤumte er nicht laͤnger, ſon- dern verlies die Vaterſtadt und reiſete mit geringer Baarſchaft nach H**, wo er bald neue Freunde, neue Unterſtuͤzzung fand und mit unermuͤdendem Eifer ſeine Studien fort- ſezte. — Er gewann auch fuͤr ſchoͤne Wiſſen- ſchaften und Lektuͤre neuerer Schriftſteller Ge- ſchmack und Gefuͤl, da er ſich bisher auf Schulen nur immer mit Sprachen beſchaͤftigt hatte und ſich wenig oder gar nicht nach Er- werbung anderer Kenntniſſe bemuͤhen konn- te. Beſonders gefielen ihm die Feenmaͤrchen Gallands, die Perſiſchen Erzaͤlungen u. ſ. w. in denen wolthaͤtige Feen die Menſchen be- gluͤkken und der Weiſe durch anhaltendes For- ſchen es dahin bringt, daß Weſen hoͤherer Art

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/11>, abgerufen am 24.11.2024.