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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Solches that auch Jacobea; und da der Graf sagte, er wolle die leidtragenden Freundinnen selbst aufsuchen, um nach den Beschreibungen zu urtheilen, wer ihre Liebsten wären, dankte ihm das Mägdlein sehr. Auch that sie ihm schon gütiger, denn sie hatte Nachts bei sich selber Mancherlei überlegt und den kostbaren Ring viel betrachtet und gedacht: Da darf ich ja nur die Hand ausstrecken und die Grafschaft nehmen, ohne sie mit Veronika und Franziska theilen zu müssen. So hat mir doch die That des Ungetreuen zur Grafschaft geholfen. Und sie zeigte den Eltern das Juwel, welches der Herr auf dem Tische hatte liegen lassen, und von seinen ehrbaren Anträgen erzählte sie Alles, und von seinen weitläufigen Herrschaften, was sie wußte. Die Eltern erstaunten sehr und wollten lange nicht daran glauben. Wie aber der Graf wieder kam und die Eltern geziemend bat, ihrer Jungfrau Tochter eine Kleinigkeit zum Sonntagsschmuck verehren zu dürfen, und wie er aus kostbarem Kästlein ein Diamantenkreuz an siebenfacher Perlenschnur zog, bekamen sie den Glauben. Da beredeten sich Vater und Mutter und sprachen: Der Eidam steht uns wohl an. Den müssen wir fahen!

Nun redeten sie ihrer Tochter viel zu, ließen sie auch viel im Kämmerlein mit dem Grafen allein und bewirtheten ihn mit Leckerbissen und edeln Weinen oft noch spät in der Nacht. Er aber nahm nichts ohne Dank, und die Eltern erfreuten sich seiner schönen

Solches that auch Jacobea; und da der Graf sagte, er wolle die leidtragenden Freundinnen selbst aufsuchen, um nach den Beschreibungen zu urtheilen, wer ihre Liebsten wären, dankte ihm das Mägdlein sehr. Auch that sie ihm schon gütiger, denn sie hatte Nachts bei sich selber Mancherlei überlegt und den kostbaren Ring viel betrachtet und gedacht: Da darf ich ja nur die Hand ausstrecken und die Grafschaft nehmen, ohne sie mit Veronika und Franziska theilen zu müssen. So hat mir doch die That des Ungetreuen zur Grafschaft geholfen. Und sie zeigte den Eltern das Juwel, welches der Herr auf dem Tische hatte liegen lassen, und von seinen ehrbaren Anträgen erzählte sie Alles, und von seinen weitläufigen Herrschaften, was sie wußte. Die Eltern erstaunten sehr und wollten lange nicht daran glauben. Wie aber der Graf wieder kam und die Eltern geziemend bat, ihrer Jungfrau Tochter eine Kleinigkeit zum Sonntagsschmuck verehren zu dürfen, und wie er aus kostbarem Kästlein ein Diamantenkreuz an siebenfacher Perlenschnur zog, bekamen sie den Glauben. Da beredeten sich Vater und Mutter und sprachen: Der Eidam steht uns wohl an. Den müssen wir fahen!

Nun redeten sie ihrer Tochter viel zu, ließen sie auch viel im Kämmerlein mit dem Grafen allein und bewirtheten ihn mit Leckerbissen und edeln Weinen oft noch spät in der Nacht. Er aber nahm nichts ohne Dank, und die Eltern erfreuten sich seiner schönen

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[0071] Solches that auch Jacobea; und da der Graf sagte, er wolle die leidtragenden Freundinnen selbst aufsuchen, um nach den Beschreibungen zu urtheilen, wer ihre Liebsten wären, dankte ihm das Mägdlein sehr. Auch that sie ihm schon gütiger, denn sie hatte Nachts bei sich selber Mancherlei überlegt und den kostbaren Ring viel betrachtet und gedacht: Da darf ich ja nur die Hand ausstrecken und die Grafschaft nehmen, ohne sie mit Veronika und Franziska theilen zu müssen. So hat mir doch die That des Ungetreuen zur Grafschaft geholfen. Und sie zeigte den Eltern das Juwel, welches der Herr auf dem Tische hatte liegen lassen, und von seinen ehrbaren Anträgen erzählte sie Alles, und von seinen weitläufigen Herrschaften, was sie wußte. Die Eltern erstaunten sehr und wollten lange nicht daran glauben. Wie aber der Graf wieder kam und die Eltern geziemend bat, ihrer Jungfrau Tochter eine Kleinigkeit zum Sonntagsschmuck verehren zu dürfen, und wie er aus kostbarem Kästlein ein Diamantenkreuz an siebenfacher Perlenschnur zog, bekamen sie den Glauben. Da beredeten sich Vater und Mutter und sprachen: Der Eidam steht uns wohl an. Den müssen wir fahen! Nun redeten sie ihrer Tochter viel zu, ließen sie auch viel im Kämmerlein mit dem Grafen allein und bewirtheten ihn mit Leckerbissen und edeln Weinen oft noch spät in der Nacht. Er aber nahm nichts ohne Dank, und die Eltern erfreuten sich seiner schönen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/71>, abgerufen am 24.11.2024.