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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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männin -- wahrlich, der Günstling des Glücks mußte blind sein, daß er nicht begriff, was ihm Papa Bantes begreiflich machen wollte.

Und ich glaube doch, sagte der Fabrikaufseher leise zum Kassierer, als man vom Tische aufstand, die Sache ist heute richtig gemacht. Was meinst du? Es giebt ein Paar.

Der Kassierer erwiderte eben so leise: Mir graut's. Ich denke an den todten Gast. Ich kann nicht anders.

Die Formalität des Geburtstagskusses begann. Man ging rings um den Tisch, sich gesegnete Mahlzeit wünschend, einander entgegen. Waldrich empfing von Jedem Umarmung und Kuß. Er traf auf Fräulein Bantes. Unbefangen höflich näherten sie sich einander und gaben sich einander den Kuß. Aber nachdem sie ihn gegeben hatten, sahen sie einander auf sonderbare Weise in die Augen, wie Personen, die sich ganz unerwartet als alte Freunde erkannt hätten. Beide schwiegen, sahen Aug' in Auge, wie in den Herzensgrund, neigten sich noch einmal mit den Lippen zusammen und wiederholten den Kuß, als wenn der erste gar nicht gegolten hätte. Ich weiß nicht, ob das Jemand bemerkt hatte; aber das weiß ich, Mama Bantes senkte bescheiden ihre Augen nieder auf den Brillantring an ihrem Finger. Und Waldrich ließ sich nach diesem vom Kassierer und Buchhalter u. s. w. küssen; er fühlte keinen andern Kuß mehr; verlangte

männin — wahrlich, der Günstling des Glücks mußte blind sein, daß er nicht begriff, was ihm Papa Bantes begreiflich machen wollte.

Und ich glaube doch, sagte der Fabrikaufseher leise zum Kassierer, als man vom Tische aufstand, die Sache ist heute richtig gemacht. Was meinst du? Es giebt ein Paar.

Der Kassierer erwiderte eben so leise: Mir graut's. Ich denke an den todten Gast. Ich kann nicht anders.

Die Formalität des Geburtstagskusses begann. Man ging rings um den Tisch, sich gesegnete Mahlzeit wünschend, einander entgegen. Waldrich empfing von Jedem Umarmung und Kuß. Er traf auf Fräulein Bantes. Unbefangen höflich näherten sie sich einander und gaben sich einander den Kuß. Aber nachdem sie ihn gegeben hatten, sahen sie einander auf sonderbare Weise in die Augen, wie Personen, die sich ganz unerwartet als alte Freunde erkannt hätten. Beide schwiegen, sahen Aug' in Auge, wie in den Herzensgrund, neigten sich noch einmal mit den Lippen zusammen und wiederholten den Kuß, als wenn der erste gar nicht gegolten hätte. Ich weiß nicht, ob das Jemand bemerkt hatte; aber das weiß ich, Mama Bantes senkte bescheiden ihre Augen nieder auf den Brillantring an ihrem Finger. Und Waldrich ließ sich nach diesem vom Kassierer und Buchhalter u. s. w. küssen; er fühlte keinen andern Kuß mehr; verlangte

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[0036] männin — wahrlich, der Günstling des Glücks mußte blind sein, daß er nicht begriff, was ihm Papa Bantes begreiflich machen wollte. Und ich glaube doch, sagte der Fabrikaufseher leise zum Kassierer, als man vom Tische aufstand, die Sache ist heute richtig gemacht. Was meinst du? Es giebt ein Paar. Der Kassierer erwiderte eben so leise: Mir graut's. Ich denke an den todten Gast. Ich kann nicht anders. Die Formalität des Geburtstagskusses begann. Man ging rings um den Tisch, sich gesegnete Mahlzeit wünschend, einander entgegen. Waldrich empfing von Jedem Umarmung und Kuß. Er traf auf Fräulein Bantes. Unbefangen höflich näherten sie sich einander und gaben sich einander den Kuß. Aber nachdem sie ihn gegeben hatten, sahen sie einander auf sonderbare Weise in die Augen, wie Personen, die sich ganz unerwartet als alte Freunde erkannt hätten. Beide schwiegen, sahen Aug' in Auge, wie in den Herzensgrund, neigten sich noch einmal mit den Lippen zusammen und wiederholten den Kuß, als wenn der erste gar nicht gegolten hätte. Ich weiß nicht, ob das Jemand bemerkt hatte; aber das weiß ich, Mama Bantes senkte bescheiden ihre Augen nieder auf den Brillantring an ihrem Finger. Und Waldrich ließ sich nach diesem vom Kassierer und Buchhalter u. s. w. küssen; er fühlte keinen andern Kuß mehr; verlangte

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/36>, abgerufen am 24.11.2024.