Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.während der Adventzeit nicht im mindesten zu lieben, und käme ein Engel vom Himmel, ihn nicht freundlicher anzusehen, als jeden Andern. Häusliches Glück. Es ist mir nicht genau bekannt, ob die schöne Friederike Bantes ungefähr etwas Aehnliches geschworen haben mochte, wie die übrigen Adventsnonnen zu Herbesheim. Doch so viel ist gewiß, sie sah Waldrichen nicht freundlicher an, als jeden Andern; denn sie war Jedem huldreich. Der Commandant lebte im Bantes'schen Hause einen wahrhaften Paradiessommer. Er stand wieder da wie der Sohn in der Familie. Die alten Verhältnisse seiner Kindheit, nur etwas behaglicher, stellten sich unerwartet so ganz wieder ein, daß er den Herrn und die Frau Bantes, wie ehemals, Vater und Mutter hieß; daß Herr Bantes ihn von Zeit zu Zeit abkanzelte (so nannte es Herr Bantes, wenn er seinem Verdrusse oder seiner übeln Laune in Sittensprüchen Luft machte); daß Frau Bantes jedesmal, wenn der Commandant einen Schritt aus dem Hause that, zuvor seinen Anzug musterte, für seine Kleider und Wäsche sorgte, ihm das Mangelnde gab, als wäre er noch Mündel, wie sonst; sogar Rechnung über sein Taschengeld hielt und ihm, wenn er sich schon Anfangs während der Adventzeit nicht im mindesten zu lieben, und käme ein Engel vom Himmel, ihn nicht freundlicher anzusehen, als jeden Andern. Häusliches Glück. Es ist mir nicht genau bekannt, ob die schöne Friederike Bantes ungefähr etwas Aehnliches geschworen haben mochte, wie die übrigen Adventsnonnen zu Herbesheim. Doch so viel ist gewiß, sie sah Waldrichen nicht freundlicher an, als jeden Andern; denn sie war Jedem huldreich. Der Commandant lebte im Bantes'schen Hause einen wahrhaften Paradiessommer. Er stand wieder da wie der Sohn in der Familie. Die alten Verhältnisse seiner Kindheit, nur etwas behaglicher, stellten sich unerwartet so ganz wieder ein, daß er den Herrn und die Frau Bantes, wie ehemals, Vater und Mutter hieß; daß Herr Bantes ihn von Zeit zu Zeit abkanzelte (so nannte es Herr Bantes, wenn er seinem Verdrusse oder seiner übeln Laune in Sittensprüchen Luft machte); daß Frau Bantes jedesmal, wenn der Commandant einen Schritt aus dem Hause that, zuvor seinen Anzug musterte, für seine Kleider und Wäsche sorgte, ihm das Mangelnde gab, als wäre er noch Mündel, wie sonst; sogar Rechnung über sein Taschengeld hielt und ihm, wenn er sich schon Anfangs <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0027"/> während der Adventzeit nicht im mindesten zu lieben, und käme ein Engel vom Himmel, ihn nicht freundlicher anzusehen, als jeden Andern.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="5"> <head>Häusliches Glück.</head> <p>Es ist mir nicht genau bekannt, ob die schöne Friederike Bantes ungefähr etwas Aehnliches geschworen haben mochte, wie die übrigen Adventsnonnen zu Herbesheim. Doch so viel ist gewiß, sie sah Waldrichen nicht freundlicher an, als jeden Andern; denn sie war Jedem huldreich.</p><lb/> <p>Der Commandant lebte im Bantes'schen Hause einen wahrhaften Paradiessommer. Er stand wieder da wie der Sohn in der Familie. Die alten Verhältnisse seiner Kindheit, nur etwas behaglicher, stellten sich unerwartet so ganz wieder ein, daß er den Herrn und die Frau Bantes, wie ehemals, Vater und Mutter hieß; daß Herr Bantes ihn von Zeit zu Zeit abkanzelte (so nannte es Herr Bantes, wenn er seinem Verdrusse oder seiner übeln Laune in Sittensprüchen Luft machte); daß Frau Bantes jedesmal, wenn der Commandant einen Schritt aus dem Hause that, zuvor seinen Anzug musterte, für seine Kleider und Wäsche sorgte, ihm das Mangelnde gab, als wäre er noch Mündel, wie sonst; sogar Rechnung über sein Taschengeld hielt und ihm, wenn er sich schon Anfangs<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
während der Adventzeit nicht im mindesten zu lieben, und käme ein Engel vom Himmel, ihn nicht freundlicher anzusehen, als jeden Andern.
Häusliches Glück. Es ist mir nicht genau bekannt, ob die schöne Friederike Bantes ungefähr etwas Aehnliches geschworen haben mochte, wie die übrigen Adventsnonnen zu Herbesheim. Doch so viel ist gewiß, sie sah Waldrichen nicht freundlicher an, als jeden Andern; denn sie war Jedem huldreich.
Der Commandant lebte im Bantes'schen Hause einen wahrhaften Paradiessommer. Er stand wieder da wie der Sohn in der Familie. Die alten Verhältnisse seiner Kindheit, nur etwas behaglicher, stellten sich unerwartet so ganz wieder ein, daß er den Herrn und die Frau Bantes, wie ehemals, Vater und Mutter hieß; daß Herr Bantes ihn von Zeit zu Zeit abkanzelte (so nannte es Herr Bantes, wenn er seinem Verdrusse oder seiner übeln Laune in Sittensprüchen Luft machte); daß Frau Bantes jedesmal, wenn der Commandant einen Schritt aus dem Hause that, zuvor seinen Anzug musterte, für seine Kleider und Wäsche sorgte, ihm das Mangelnde gab, als wäre er noch Mündel, wie sonst; sogar Rechnung über sein Taschengeld hielt und ihm, wenn er sich schon Anfangs
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