Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Friederike, horchend, sprang auf und rief: Waldrich! -- Er war's. Alles eilte ihm entgegen. Vater Bantes schloß ihn zum Willkommen herzlicher, denn jemals, in seine Arme. -- Da hatte man sich nun tausend Dinge zu fragen und zu antworten und wieder zu fragen. Vater Bantes machte endlich dem Lärmen ein Ende und Pflanzte den Commandanten auf den gewohnten Platz zu sich an den Tisch. Da aber ging das lebhafte, freudige Geschwätz von Neuem an. Und denken Sie nur, rief Herr Bantes, denken Sie nur, Schätzchen, Hauptmännchen, wir haben den Teufelskerl, den todten Gast und dergleichen leibhaftig in Herbesheim, leibhaftig im Hause hier gehabt. Was sagen Sie dazu? Ja, was sagen Sie dazu, er hatte schon wieder seine drei Bräute binnen kaum vierundzwanzig Stunden aufgefischt; da war voran das Mädchen Friederike dort, dann Bürgermeisters Minchen, und zum Dritten die Jungfer Wiesel bei der Putzmacherin. Wir haben uns hier Alle in der Stadt gefürchtet, wie die kleinen Kinder und dergleichen. Der Commandant lachte hell auf und sagte: Ich aber habe mit ihm heut im Posthause von Obernberg zu Mittag gespeiset. Sie werden doch den Herrn von Hahn meinen, denk' ich, und keinen Andern? Herr Bantes lächelte ärgerlich: Herr von Hahn hin, Herr von Hahn her! Sei er gewesen, wer er wolle, er war der todte Gast, wie er leibt und lebt, und der bekommt meine Friederike nicht, auch wenn's Friederike, horchend, sprang auf und rief: Waldrich! — Er war's. Alles eilte ihm entgegen. Vater Bantes schloß ihn zum Willkommen herzlicher, denn jemals, in seine Arme. — Da hatte man sich nun tausend Dinge zu fragen und zu antworten und wieder zu fragen. Vater Bantes machte endlich dem Lärmen ein Ende und Pflanzte den Commandanten auf den gewohnten Platz zu sich an den Tisch. Da aber ging das lebhafte, freudige Geschwätz von Neuem an. Und denken Sie nur, rief Herr Bantes, denken Sie nur, Schätzchen, Hauptmännchen, wir haben den Teufelskerl, den todten Gast und dergleichen leibhaftig in Herbesheim, leibhaftig im Hause hier gehabt. Was sagen Sie dazu? Ja, was sagen Sie dazu, er hatte schon wieder seine drei Bräute binnen kaum vierundzwanzig Stunden aufgefischt; da war voran das Mädchen Friederike dort, dann Bürgermeisters Minchen, und zum Dritten die Jungfer Wiesel bei der Putzmacherin. Wir haben uns hier Alle in der Stadt gefürchtet, wie die kleinen Kinder und dergleichen. Der Commandant lachte hell auf und sagte: Ich aber habe mit ihm heut im Posthause von Obernberg zu Mittag gespeiset. Sie werden doch den Herrn von Hahn meinen, denk' ich, und keinen Andern? Herr Bantes lächelte ärgerlich: Herr von Hahn hin, Herr von Hahn her! Sei er gewesen, wer er wolle, er war der todte Gast, wie er leibt und lebt, und der bekommt meine Friederike nicht, auch wenn's <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="18"> <p><pb facs="#f0154"/> Friederike, horchend, sprang auf und rief: Waldrich! — Er war's. Alles eilte ihm entgegen. Vater Bantes schloß ihn zum Willkommen herzlicher, denn jemals, in seine Arme. — Da hatte man sich nun tausend Dinge zu fragen und zu antworten und wieder zu fragen. Vater Bantes machte endlich dem Lärmen ein Ende und Pflanzte den Commandanten auf den gewohnten Platz zu sich an den Tisch. Da aber ging das lebhafte, freudige Geschwätz von Neuem an. Und denken Sie nur, rief Herr Bantes, denken Sie nur, Schätzchen, Hauptmännchen, wir haben den Teufelskerl, den todten Gast und dergleichen leibhaftig in Herbesheim, leibhaftig im Hause hier gehabt. Was sagen Sie dazu? Ja, was sagen Sie dazu, er hatte schon wieder seine drei Bräute binnen kaum vierundzwanzig Stunden aufgefischt; da war voran das Mädchen Friederike dort, dann Bürgermeisters Minchen, und zum Dritten die Jungfer Wiesel bei der Putzmacherin. Wir haben uns hier Alle in der Stadt gefürchtet, wie die kleinen Kinder und dergleichen.</p><lb/> <p>Der Commandant lachte hell auf und sagte: Ich aber habe mit ihm heut im Posthause von Obernberg zu Mittag gespeiset. Sie werden doch den Herrn von Hahn meinen, denk' ich, und keinen Andern?</p><lb/> <p>Herr Bantes lächelte ärgerlich: Herr von Hahn hin, Herr von Hahn her! Sei er gewesen, wer er wolle, er war der todte Gast, wie er leibt und lebt, und der bekommt meine Friederike nicht, auch wenn's<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0154]
Friederike, horchend, sprang auf und rief: Waldrich! — Er war's. Alles eilte ihm entgegen. Vater Bantes schloß ihn zum Willkommen herzlicher, denn jemals, in seine Arme. — Da hatte man sich nun tausend Dinge zu fragen und zu antworten und wieder zu fragen. Vater Bantes machte endlich dem Lärmen ein Ende und Pflanzte den Commandanten auf den gewohnten Platz zu sich an den Tisch. Da aber ging das lebhafte, freudige Geschwätz von Neuem an. Und denken Sie nur, rief Herr Bantes, denken Sie nur, Schätzchen, Hauptmännchen, wir haben den Teufelskerl, den todten Gast und dergleichen leibhaftig in Herbesheim, leibhaftig im Hause hier gehabt. Was sagen Sie dazu? Ja, was sagen Sie dazu, er hatte schon wieder seine drei Bräute binnen kaum vierundzwanzig Stunden aufgefischt; da war voran das Mädchen Friederike dort, dann Bürgermeisters Minchen, und zum Dritten die Jungfer Wiesel bei der Putzmacherin. Wir haben uns hier Alle in der Stadt gefürchtet, wie die kleinen Kinder und dergleichen.
Der Commandant lachte hell auf und sagte: Ich aber habe mit ihm heut im Posthause von Obernberg zu Mittag gespeiset. Sie werden doch den Herrn von Hahn meinen, denk' ich, und keinen Andern?
Herr Bantes lächelte ärgerlich: Herr von Hahn hin, Herr von Hahn her! Sei er gewesen, wer er wolle, er war der todte Gast, wie er leibt und lebt, und der bekommt meine Friederike nicht, auch wenn's
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Zitationshilfe: | Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/154>, abgerufen am 21.07.2024. |