Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.auch dieser kam bald mit der vollen Bestätigung zurück. Frau Bantes lächelte befremdet zu Allem und wußte nichts mehr zu erwidern. Sie meinte nur, das müsse sich noch anders aufklären, denn ihren gesunden Verstand wolle sie doch nicht bei dieser Geschichte preisgeben. Plötzlich fuhr Vater Bantes mit wahrhaftem Todesschrecken auf, und er ward so blaß, daß Frau Bantes für ihn zu zittern anfing. Denn lange konnte oder wollte er nicht reden. Endlich rief er mit einer matten, ungewissen Stimme: Mutter, ist das Eine wahr, so könnte auch das Andere wahr sein. Was denn, um Gotteswillen? Glaubst du, Friederike schlafe noch? Wir sind doch schon lange wach gewesen in unsern Betten, hast du denn von ihr im Nebenzimmer auch nur den geringsten Ton, nur einen Fußtritt, nur das Rücken eines Stuhls gehört? Rede doch, Papa, du wirst doch nicht argwohnen, das Kind sei. . . Aber wenn das Eine wahr ist, kann auch das Andere -- es wäre doch entsetzlich! Mama, ich habe nicht den Muth, nachzusehen. Wie denn? Glaubst du, sie sei . . . Nun ja, den Kopf im Nacken! Mit diesen Worten sprang der Alte, von den schwersten Ahnungen gefoltert, zu Friederikens Schlaf- auch dieser kam bald mit der vollen Bestätigung zurück. Frau Bantes lächelte befremdet zu Allem und wußte nichts mehr zu erwidern. Sie meinte nur, das müsse sich noch anders aufklären, denn ihren gesunden Verstand wolle sie doch nicht bei dieser Geschichte preisgeben. Plötzlich fuhr Vater Bantes mit wahrhaftem Todesschrecken auf, und er ward so blaß, daß Frau Bantes für ihn zu zittern anfing. Denn lange konnte oder wollte er nicht reden. Endlich rief er mit einer matten, ungewissen Stimme: Mutter, ist das Eine wahr, so könnte auch das Andere wahr sein. Was denn, um Gotteswillen? Glaubst du, Friederike schlafe noch? Wir sind doch schon lange wach gewesen in unsern Betten, hast du denn von ihr im Nebenzimmer auch nur den geringsten Ton, nur einen Fußtritt, nur das Rücken eines Stuhls gehört? Rede doch, Papa, du wirst doch nicht argwohnen, das Kind sei. . . Aber wenn das Eine wahr ist, kann auch das Andere — es wäre doch entsetzlich! Mama, ich habe nicht den Muth, nachzusehen. Wie denn? Glaubst du, sie sei . . . Nun ja, den Kopf im Nacken! Mit diesen Worten sprang der Alte, von den schwersten Ahnungen gefoltert, zu Friederikens Schlaf- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="17"> <p><pb facs="#f0152"/> auch dieser kam bald mit der vollen Bestätigung zurück. Frau Bantes lächelte befremdet zu Allem und wußte nichts mehr zu erwidern. Sie meinte nur, das müsse sich noch anders aufklären, denn ihren gesunden Verstand wolle sie doch nicht bei dieser Geschichte preisgeben.</p><lb/> <p>Plötzlich fuhr Vater Bantes mit wahrhaftem Todesschrecken auf, und er ward so blaß, daß Frau Bantes für ihn zu zittern anfing. Denn lange konnte oder wollte er nicht reden.</p><lb/> <p>Endlich rief er mit einer matten, ungewissen Stimme: Mutter, ist das Eine wahr, so könnte auch das Andere wahr sein.</p><lb/> <p>Was denn, um Gotteswillen?</p><lb/> <p>Glaubst du, Friederike schlafe noch? Wir sind doch schon lange wach gewesen in unsern Betten, hast du denn von ihr im Nebenzimmer auch nur den geringsten Ton, nur einen Fußtritt, nur das Rücken eines Stuhls gehört?</p><lb/> <p>Rede doch, Papa, du wirst doch nicht argwohnen, das Kind sei. . .</p><lb/> <p>Aber wenn das Eine wahr ist, kann auch das Andere — es wäre doch entsetzlich! Mama, ich habe nicht den Muth, nachzusehen.</p><lb/> <p>Wie denn? Glaubst du, sie sei . . .</p><lb/> <p>Nun ja, den Kopf im Nacken!</p><lb/> <p>Mit diesen Worten sprang der Alte, von den schwersten Ahnungen gefoltert, zu Friederikens Schlaf-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0152]
auch dieser kam bald mit der vollen Bestätigung zurück. Frau Bantes lächelte befremdet zu Allem und wußte nichts mehr zu erwidern. Sie meinte nur, das müsse sich noch anders aufklären, denn ihren gesunden Verstand wolle sie doch nicht bei dieser Geschichte preisgeben.
Plötzlich fuhr Vater Bantes mit wahrhaftem Todesschrecken auf, und er ward so blaß, daß Frau Bantes für ihn zu zittern anfing. Denn lange konnte oder wollte er nicht reden.
Endlich rief er mit einer matten, ungewissen Stimme: Mutter, ist das Eine wahr, so könnte auch das Andere wahr sein.
Was denn, um Gotteswillen?
Glaubst du, Friederike schlafe noch? Wir sind doch schon lange wach gewesen in unsern Betten, hast du denn von ihr im Nebenzimmer auch nur den geringsten Ton, nur einen Fußtritt, nur das Rücken eines Stuhls gehört?
Rede doch, Papa, du wirst doch nicht argwohnen, das Kind sei. . .
Aber wenn das Eine wahr ist, kann auch das Andere — es wäre doch entsetzlich! Mama, ich habe nicht den Muth, nachzusehen.
Wie denn? Glaubst du, sie sei . . .
Nun ja, den Kopf im Nacken!
Mit diesen Worten sprang der Alte, von den schwersten Ahnungen gefoltert, zu Friederikens Schlaf-
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Zitationshilfe: | Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/152>, abgerufen am 21.07.2024. |