Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.an zehn Orten schon erzählt worden ist. Mag von dem tollen Zeug kein Wort hören; gehe an der Küchenthür vorbei; die Mägde drinnen lärmen. Ich stecke den Kopf hinein, zu sehen, was es giebt; schreien die dummen Dinger beim Anblick meiner schwarzen Perrücke laut auf und rennen die Närrinnen seitwärts, meinen, ich sei der todte Gast. Seid ihr Alle unklug? rief ich. -- Ach Gott! schrie die Käthe, ich will's nicht leugnen, Herr Bantes, ich bin abscheulich erschrocken. Mir zittern die Kniee. Und ich brauchte mich eigentlich gar nicht zu schämen, daß ich mich mit dem Schornsteinfeger Max eingelassen und versprochen habe. Aber nun es so kommt, wollte ich, ich hätte den Max in meinem Leben nicht gesehen. -- So schrie die Käthe, und wie sie sich die Angstthränen abtrocknen will, läßt sie die Pfanne mit den aufgeschlagenen Eiern aus der Hand fallen. Die Susanne sitzt hinter dem Feuerherd und weint hinter ihrer Schürze. Die alte unschuldige Lene mit ihren fünfzig Jahren sogar sieht ganz verstört drein und schneidet sich richtig mit dem Küchenmesser in die Finger, da sie es abwischen will. Hab' ich's nicht gesagt, Mama? rief Friederike, indem sie ausgelassen lachte. Stelle Ordnung in der Küche her, Mama! fuhr Herr Bantes fort, sonst ist die erste Teufelei des todten Gastes in Herbesheim, daß wir am lieben Sonntage verhungern müssen. an zehn Orten schon erzählt worden ist. Mag von dem tollen Zeug kein Wort hören; gehe an der Küchenthür vorbei; die Mägde drinnen lärmen. Ich stecke den Kopf hinein, zu sehen, was es giebt; schreien die dummen Dinger beim Anblick meiner schwarzen Perrücke laut auf und rennen die Närrinnen seitwärts, meinen, ich sei der todte Gast. Seid ihr Alle unklug? rief ich. — Ach Gott! schrie die Käthe, ich will's nicht leugnen, Herr Bantes, ich bin abscheulich erschrocken. Mir zittern die Kniee. Und ich brauchte mich eigentlich gar nicht zu schämen, daß ich mich mit dem Schornsteinfeger Max eingelassen und versprochen habe. Aber nun es so kommt, wollte ich, ich hätte den Max in meinem Leben nicht gesehen. — So schrie die Käthe, und wie sie sich die Angstthränen abtrocknen will, läßt sie die Pfanne mit den aufgeschlagenen Eiern aus der Hand fallen. Die Susanne sitzt hinter dem Feuerherd und weint hinter ihrer Schürze. Die alte unschuldige Lene mit ihren fünfzig Jahren sogar sieht ganz verstört drein und schneidet sich richtig mit dem Küchenmesser in die Finger, da sie es abwischen will. Hab' ich's nicht gesagt, Mama? rief Friederike, indem sie ausgelassen lachte. Stelle Ordnung in der Küche her, Mama! fuhr Herr Bantes fort, sonst ist die erste Teufelei des todten Gastes in Herbesheim, daß wir am lieben Sonntage verhungern müssen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="12"> <p><pb facs="#f0110"/> an zehn Orten schon erzählt worden ist. Mag von dem tollen Zeug kein Wort hören; gehe an der Küchenthür vorbei; die Mägde drinnen lärmen. Ich stecke den Kopf hinein, zu sehen, was es giebt; schreien die dummen Dinger beim Anblick meiner schwarzen Perrücke laut auf und rennen die Närrinnen seitwärts, meinen, ich sei der todte Gast. Seid ihr Alle unklug? rief ich. — Ach Gott! schrie die Käthe, ich will's nicht leugnen, Herr Bantes, ich bin abscheulich erschrocken. Mir zittern die Kniee. Und ich brauchte mich eigentlich gar nicht zu schämen, daß ich mich mit dem Schornsteinfeger Max eingelassen und versprochen habe. Aber nun es so kommt, wollte ich, ich hätte den Max in meinem Leben nicht gesehen. — So schrie die Käthe, und wie sie sich die Angstthränen abtrocknen will, läßt sie die Pfanne mit den aufgeschlagenen Eiern aus der Hand fallen. Die Susanne sitzt hinter dem Feuerherd und weint hinter ihrer Schürze. Die alte unschuldige Lene mit ihren fünfzig Jahren sogar sieht ganz verstört drein und schneidet sich richtig mit dem Küchenmesser in die Finger, da sie es abwischen will.</p><lb/> <p>Hab' ich's nicht gesagt, Mama? rief Friederike, indem sie ausgelassen lachte.</p><lb/> <p>Stelle Ordnung in der Küche her, Mama! fuhr Herr Bantes fort, sonst ist die erste Teufelei des todten Gastes in Herbesheim, daß wir am lieben Sonntage verhungern müssen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0110]
an zehn Orten schon erzählt worden ist. Mag von dem tollen Zeug kein Wort hören; gehe an der Küchenthür vorbei; die Mägde drinnen lärmen. Ich stecke den Kopf hinein, zu sehen, was es giebt; schreien die dummen Dinger beim Anblick meiner schwarzen Perrücke laut auf und rennen die Närrinnen seitwärts, meinen, ich sei der todte Gast. Seid ihr Alle unklug? rief ich. — Ach Gott! schrie die Käthe, ich will's nicht leugnen, Herr Bantes, ich bin abscheulich erschrocken. Mir zittern die Kniee. Und ich brauchte mich eigentlich gar nicht zu schämen, daß ich mich mit dem Schornsteinfeger Max eingelassen und versprochen habe. Aber nun es so kommt, wollte ich, ich hätte den Max in meinem Leben nicht gesehen. — So schrie die Käthe, und wie sie sich die Angstthränen abtrocknen will, läßt sie die Pfanne mit den aufgeschlagenen Eiern aus der Hand fallen. Die Susanne sitzt hinter dem Feuerherd und weint hinter ihrer Schürze. Die alte unschuldige Lene mit ihren fünfzig Jahren sogar sieht ganz verstört drein und schneidet sich richtig mit dem Küchenmesser in die Finger, da sie es abwischen will.
Hab' ich's nicht gesagt, Mama? rief Friederike, indem sie ausgelassen lachte.
Stelle Ordnung in der Küche her, Mama! fuhr Herr Bantes fort, sonst ist die erste Teufelei des todten Gastes in Herbesheim, daß wir am lieben Sonntage verhungern müssen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T14:15:44Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T14:15:44Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |