Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.Brands sein Narren-Schif/ als daß man ihre Thorheiten bewundern und daraus was sonderliches machen wil. Sothan Affen-Geschwätz also auf die Seite zu setzen/ so sind wir gewiß versichert/ daß unser Teutschland wahrhafte Helden erzielet habe/ und auch noch herfür bringe/ die denen Römern und andern ihren Feinden das Feld oft genug zu enge gemacht. Derjenige verlieret nicht gleich den Nahmen eines Helden/ der nicht allemahl mit behörigen Glück kämpfet / weil das unergründliche Schicksaal alles nach seinen Eigensinn zu ordnen pfleget. Unsere Teutschen Helden/ seind darinnen unglücklich gewesen/ daß ihre Kriege und Thaten bloß die Römer beschrieben/ die uns davon aufgezeignet/ was in ihren Kram dienete/ den die löbliche Regul: Etiam in hoste virtus laudanda, stack bey ihnen gantz unter der Banck. Hätten wir aber von unsern Vorfahren eine unpartheyische Nachricht/ wir würden in den Römischen Geschicht-Büchern/ wenn sie von Teutschland reden/ so viele Unwahrheiten antreffen/ als Buchstaben daselbst verhanden seyn. Solchergestalt/ weiß das hohe Haus Hessen ebenfals von einer Menge tapferer Fürsten/ deren Thaten aber schon von andern berühret worden: derohalben man jetzo nur von ein und anderen gedencken wil. Landgraf Friderich hat in denen Geschichten insgemein nur den Nahmen des eisern/ weil er seinen Feinden ein rechter Schrecken/ Furcht und Bändiger derselben war/ daher auch von ihm das gemeine Sprichwort gienge. Wer wil seyn gefressen. Der fange an mit den Landgrafen zu Hessen. Der unvergleichliche Landgraf Philipp, Stamm-Vater des jetzigen Durchl. Hauses Hessen/ heisset der Großmüthige: und gewiß mit dem allergrössesten Rechte. Denn bey dem unvergleichlichen Churfürsten zu Sachsen/ der um der Religion willen die Chur fahren liesse/ hielte er mit solcher Treu/ vornehmlich aber an der Vertheidigung der reinen Lehre/ daß er darüber ebenfalß in die Gefangenschaft geriethe. Alle diese Unglücke aber waren nicht vermögend/ seinen hohen Muth zu brechen/ sondern er wuste vielmehr mit der grösten Beständigkeit alles Toben des wiedrigen Glücks zu zernichten. Ob dieser grosse Fürst den bekannten Thaler schlagen lassen: Lieber Land und Leuth verlohren/ als einen falschen Eyd geschwohren/ mit dem er auf die/ von dem Kayder Carolo V. ihm gegebene/ aber nicht sattsam gehaltene Treue und Glauben gezihlet haben sol/ darüber wird von einigen heftig gestritten/ indem etliche/ diesen schlechterdings nicht vor ächt halten wollen welches sonderlich der Tentzel darzuthun sich bemühet hat. Doch wie dieser Mann in vielen Dingen gar sehr geschlägelt/ und eben nicht alles Gold ist / V. ej. Dissert. von diesen Thaler & ejusd. Monathliche Gespräche.
Brands sein Narren-Schif/ als daß man ihre Thorheiten bewundern und daraus was sonderliches machen wil. Sothan Affen-Geschwätz also auf die Seite zu setzen/ so sind wir gewiß versichert/ daß unser Teutschland wahrhafte Helden erzielet habe/ und auch noch herfür bringe/ die denen Römern und andern ihren Feinden das Feld oft genug zu enge gemacht. Derjenige verlieret nicht gleich den Nahmen eines Helden/ der nicht allemahl mit behörigen Glück kämpfet / weil das unergründliche Schicksaal alles nach seinen Eigensinn zu ordnen pfleget. Unsere Teutschen Helden/ seind darinnen unglücklich gewesen/ daß ihre Kriege und Thaten bloß die Römer beschrieben/ die uns davon aufgezeignet/ was in ihren Kram dienete/ den die löbliche Regul: Etiam in hoste virtus laudanda, stack bey ihnen gantz unter der Banck. Hätten wir aber von unsern Vorfahren eine unpartheyische Nachricht/ wir würden in den Römischen Geschicht-Büchern/ wenn sie von Teutschland reden/ so viele Unwahrheiten antreffen/ als Buchstaben daselbst verhanden seyn. Solchergestalt/ weiß das hohe Haus Hessen ebenfals von einer Menge tapferer Fürsten/ deren Thaten aber schon von andern berühret worden: derohalben man jetzo nur von ein und anderen gedencken wil. Landgraf Friderich hat in denen Geschichten insgemein nur den Nahmen des eisern/ weil er seinen Feinden ein rechter Schrecken/ Furcht und Bändiger derselben war/ daher auch von ihm das gemeine Sprichwort gienge. Wer wil seyn gefressen. Der fange an mit den Landgrafen zu Hessen. Der unvergleichliche Landgraf Philipp, Stamm-Vater des jetzigen Durchl. Hauses Hessen/ heisset der Großmüthige: und gewiß mit dem allergrössesten Rechte. Denn bey dem unvergleichlichen Churfürsten zu Sachsen/ der um der Religion willen die Chur fahren liesse/ hielte er mit solcher Treu/ vornehmlich aber an der Vertheidigung der reinen Lehre/ daß er darüber ebenfalß in die Gefangenschaft geriethe. Alle diese Unglücke aber waren nicht vermögend/ seinen hohen Muth zu brechen/ sondern er wuste vielmehr mit der grösten Beständigkeit alles Toben des wiedrigen Glücks zu zernichten. Ob dieser grosse Fürst den bekannten Thaler schlagen lassen: Lieber Land und Leuth verlohren/ als einen falschen Eyd geschwohren/ mit dem er auf die/ von dem Kayder Carolo V. ihm gegebene/ aber nicht sattsam gehaltene Treue und Glauben gezihlet haben sol/ darüber wird von einigen heftig gestritten/ indem etliche/ diesen schlechterdings nicht vor ächt halten wollen welches sonderlich der Tentzel darzuthun sich bemühet hat. Doch wie dieser Mann in vielen Dingen gar sehr geschlägelt/ und eben nicht alles Gold ist / V. ej. Dissert. von diesen Thaler & ejusd. Monathliche Gespräche.
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Brands sein Narren-Schif/ als daß man ihre Thorheiten bewundern und daraus was sonderliches machen wil. Sothan Affen-Geschwätz also auf die Seite zu setzen/ so sind wir gewiß versichert/ daß unser Teutschland wahrhafte Helden erzielet habe/ und auch noch herfür bringe/ die denen Römern und andern ihren Feinden das Feld oft genug zu enge gemacht. Derjenige verlieret nicht gleich den Nahmen eines Helden/ der nicht allemahl mit behörigen Glück kämpfet / weil das unergründliche Schicksaal alles nach seinen Eigensinn zu ordnen pfleget. Unsere Teutschen Helden/ seind darinnen unglücklich gewesen/ daß ihre Kriege und Thaten bloß die Römer beschrieben/ die uns davon aufgezeignet/ was in ihren Kram dienete/ den die löbliche Regul: Etiam in hoste virtus laudanda, stack bey ihnen gantz unter der Banck. Hätten wir aber von unsern Vorfahren eine unpartheyische Nachricht/ wir würden in den Römischen Geschicht-Büchern/ wenn sie von Teutschland reden/ so viele Unwahrheiten antreffen/ als Buchstaben daselbst verhanden seyn. Solchergestalt/ weiß das hohe Haus Hessen ebenfals von einer Menge tapferer Fürsten/ deren Thaten aber schon von andern berühret worden: derohalben man jetzo nur von ein und anderen gedencken wil. Landgraf Friderich hat in denen Geschichten insgemein nur den Nahmen des eisern/ weil er seinen Feinden ein rechter Schrecken/ Furcht und Bändiger derselben war/ daher auch von ihm das gemeine Sprichwort gienge.
Wer wil seyn gefressen.
Der fange an mit den Landgrafen zu Hessen.
Der unvergleichliche Landgraf Philipp, Stamm-Vater des jetzigen Durchl. Hauses Hessen/ heisset der Großmüthige: und gewiß mit dem allergrössesten Rechte. Denn bey dem unvergleichlichen Churfürsten zu Sachsen/ der um der Religion willen die Chur fahren liesse/ hielte er mit solcher Treu/ vornehmlich aber an der Vertheidigung der reinen Lehre/ daß er darüber ebenfalß in die Gefangenschaft geriethe. Alle diese Unglücke aber waren nicht vermögend/ seinen hohen Muth zu brechen/ sondern er wuste vielmehr mit der grösten Beständigkeit alles Toben des wiedrigen Glücks zu zernichten. Ob dieser grosse Fürst den bekannten Thaler schlagen lassen: Lieber Land und Leuth verlohren/ als einen falschen Eyd geschwohren/ mit dem er auf die/ von dem Kayder Carolo V. ihm gegebene/ aber nicht sattsam gehaltene Treue und Glauben gezihlet haben sol/ darüber wird von einigen heftig gestritten/ indem etliche/ diesen schlechterdings nicht vor ächt halten wollen welches sonderlich der Tentzel darzuthun sich bemühet hat. Doch wie dieser Mann in vielen Dingen gar sehr geschlägelt/ und eben nicht alles Gold ist /
V. ej. Dissert. von diesen Thaler & ejusd. Monathliche Gespräche.
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Zitationshilfe: | Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/519>, abgerufen am 16.07.2024. |