Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.noch/ und die in Pohlen können nicht anderst/ als durch die Wahl auf den Thron kommen; aber seind denn deswegen keine Könige in Franckreich gewesen/ und seind auch deren keine mehr in Engelland und in Pohlen? dieses aber ist gewiß/ daß die Sachsen niemahls Könige gehabt/ und man deren Heerführer irrig vor solche zuhalten pfleget. Jedoch / nachdem Hessen eine andere Gestalt an sich genommen hat/ so muß es auch nach diesem Wesen dermahln betrachtet werden. Wahr ists/ wann dieses hohe Haus bey dem einmahl eingeführten primo genitur Rechte geblieben wäre/ so würde es an Macht vielen Teutschen Häusern/ die Wage halten können/ alleine/ durch die vorgenommene Theilungen/ seind ihm die Kräfte nicht wenig geschwächet worden / nicht anderst/ als wann ein starcker Strohm in viele Arme verleitet wird. Immittelst ist es doch noch ein gar mächtiges Haus/ welches im 30. Jährigen Kriege seinem Feinde viel zu schaffen machte. Das Darmstädtische/ ist dem Erdreich nach etwas besser/ als das Hessen-Casselische/ wiewohl es beyden an Fruchtbarkeit nicht fehlet. Es bleibet aber eine unumstößliche Wahrheit/ daß alle und jede Teutsche Provinzien in einem weit bessern/ volckreichen / nahrhafftern und florisantern Stand gesetzet werden könnten. Des bekannten Bechers seine Anschläge/ seind nicht alle zu verachten/ es dürfften auch die allermeisten gar wohl angehen/ wann wir nur erst das schädliche praejudicium ablegeten: ob stünde eine Sache/ wann sie uns nicht gleich in die Augen fällt/ oder sich sonst alsobald von selbsten schicken will / deswegen auch nicht ins Werck zurichten. Wann aber die Teutschen ihr Vaterland in rechten florisanten Stand bringen wolten/ müssen sie vornehmlich einen Hauptfehler verlernen/ einen andern aber verbessern. Jener ist die unbegreiffliche Liebe zu ausländischen Dingen und Manufacturen/ welche Teutschland jährlich mit unendlichen vielen Millionen/ so die Frantzosen und Italäner hinweg schnappen/ verbüssen und gleichsam als Accise, vor diese seine Unarth zahlen muß. Doch vielleicht müsten die Teutschen gantz umgekehret werden / wann sie sich dieses abgewöhnen solten? Nein/ sondern die Fürsten dürften nur anfangen/ vor ihre Land-Wahren eine mehrere Hochachtung zu bezeigen/ die Fremden hingegen nicht selbst vor besser halten/ diese aber bey hoher Straf verbieten/ so wäre diese gefährlich scheinende metamorphosis auf einmahl geschehen. Es müsten aber auch die Teutschen die Manufacturen mit mehrern Fleiß / Munterkeit und Verstand zu treiben erlernen/ als bisher von ihnen geschehen: und das ist der andere Fehler/ den sie zu verbessern hätten. Wir sehen ein Ding offt besser: wir wissen daß es besser: wir haltens auch vor gut: doch Aberglauben/ Eigennutz und allerley nichts nützige Einstreuungen ziehen uns zurück/ daß wir soherrlichen Wegen nicht folgen wollen. Vid. ejusd. Scripta Varia das Commercien Wesen betreffend.
noch/ und die in Pohlen können nicht anderst/ als durch die Wahl auf den Thron kommen; aber seind denn deswegen keine Könige in Franckreich gewesen/ und seind auch deren keine mehr in Engelland und in Pohlen? dieses aber ist gewiß/ daß die Sachsen niemahls Könige gehabt/ und man deren Heerführer irrig vor solche zuhalten pfleget. Jedoch / nachdem Hessen eine andere Gestalt an sich genommen hat/ so muß es auch nach diesem Wesen dermahln betrachtet werden. Wahr ists/ wann dieses hohe Haus bey dem einmahl eingeführten primo genitur Rechte geblieben wäre/ so würde es an Macht vielen Teutschen Häusern/ die Wage halten können/ alleine/ durch die vorgenommene Theilungen/ seind ihm die Kräfte nicht wenig geschwächet worden / nicht anderst/ als wann ein starcker Strohm in viele Arme verleitet wird. Immittelst ist es doch noch ein gar mächtiges Haus/ welches im 30. Jährigen Kriege seinem Feinde viel zu schaffen machte. Das Darmstädtische/ ist dem Erdreich nach etwas besser/ als das Hessen-Casselische/ wiewohl es beyden an Fruchtbarkeit nicht fehlet. Es bleibet aber eine unumstößliche Wahrheit/ daß alle und jede Teutsche Provinzien in einem weit bessern/ volckreichen / nahrhafftern und florisantern Stand gesetzet werden könnten. Des bekannten Bechers seine Anschläge/ seind nicht alle zu verachten/ es dürfften auch die allermeisten gar wohl angehen/ wann wir nur erst das schädliche praejudicium ablegeten: ob stünde eine Sache/ wann sie uns nicht gleich in die Augen fällt/ oder sich sonst alsobald von selbsten schicken will / deswegen auch nicht ins Werck zurichten. Wann aber die Teutschen ihr Vaterland in rechten florisanten Stand bringen wolten/ müssen sie vornehmlich einen Hauptfehler verlernen/ einen andern aber verbessern. Jener ist die unbegreiffliche Liebe zu ausländischen Dingen und Manufacturen/ welche Teutschland jährlich mit unendlichen vielen Millionen/ so die Frantzosen und Italäner hinweg schnappen/ verbüssen und gleichsam als Accise, vor diese seine Unarth zahlen muß. Doch vielleicht müsten die Teutschen gantz umgekehret werden / wann sie sich dieses abgewöhnen solten? Nein/ sondern die Fürsten dürften nur anfangen/ vor ihre Land-Wahren eine mehrere Hochachtung zu bezeigen/ die Fremden hingegen nicht selbst vor besser halten/ diese aber bey hoher Straf verbieten/ so wäre diese gefährlich scheinende metamorphosis auf einmahl geschehen. Es müsten aber auch die Teutschen die Manufacturen mit mehrern Fleiß / Munterkeit und Verstand zu treiben erlernen/ als bisher von ihnen geschehen: und das ist der andere Fehler/ den sie zu verbessern hätten. Wir sehen ein Ding offt besser: wir wissen daß es besser: wir haltens auch vor gut: doch Aberglauben/ Eigennutz und allerley nichts nützige Einstreuungen ziehen uns zurück/ daß wir soherrlichen Wegen nicht folgen wollen. Vid. ejusd. Scripta Varia das Commercien Wesen betreffend.
<TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0517" n="469"/> noch/ und die in Pohlen können nicht anderst/ als durch die Wahl auf den Thron kommen; aber seind denn deswegen keine Könige in Franckreich gewesen/ und seind auch deren keine mehr in Engelland und in Pohlen? dieses aber ist gewiß/ daß die Sachsen niemahls Könige gehabt/ und man deren Heerführer irrig vor solche zuhalten pfleget. Jedoch / nachdem Hessen eine andere Gestalt an sich genommen hat/ so muß es auch nach diesem Wesen dermahln betrachtet werden. Wahr ists/ wann dieses hohe Haus bey dem einmahl eingeführten primo genitur Rechte geblieben wäre/ so würde es an Macht vielen Teutschen Häusern/ die Wage halten können/ alleine/ durch die vorgenommene Theilungen/ seind ihm die Kräfte nicht wenig geschwächet worden / nicht anderst/ als wann ein starcker Strohm in viele Arme verleitet wird. Immittelst ist es doch noch ein gar mächtiges Haus/ welches im 30. Jährigen Kriege seinem Feinde viel zu schaffen machte. Das Darmstädtische/ ist dem Erdreich nach etwas besser/ als das Hessen-Casselische/ wiewohl es beyden an Fruchtbarkeit nicht fehlet. Es bleibet aber eine unumstößliche Wahrheit/ daß alle und jede Teutsche Provinzien in einem weit bessern/ volckreichen / nahrhafftern und florisantern Stand gesetzet werden könnten. Des bekannten Bechers <note place="foot">Vid. ejusd. Scripta Varia das Commercien Wesen betreffend.</note> seine Anschläge/ seind nicht alle zu verachten/ es dürfften auch die allermeisten gar wohl angehen/ wann wir nur erst das schädliche praejudicium ablegeten: ob stünde eine Sache/ wann sie uns nicht gleich in die Augen fällt/ oder sich sonst alsobald von selbsten schicken will / deswegen auch nicht ins Werck zurichten. Wann aber die Teutschen ihr Vaterland in rechten florisanten Stand bringen wolten/ müssen sie vornehmlich einen Hauptfehler verlernen/ einen andern aber verbessern. Jener ist die unbegreiffliche Liebe zu ausländischen Dingen und Manufacturen/ welche Teutschland jährlich mit unendlichen vielen Millionen/ so die Frantzosen und Italäner hinweg schnappen/ verbüssen und gleichsam als Accise, vor diese seine Unarth zahlen muß. Doch vielleicht müsten die Teutschen gantz umgekehret werden / wann sie sich dieses abgewöhnen solten? Nein/ sondern die Fürsten dürften nur anfangen/ vor ihre Land-Wahren eine mehrere Hochachtung zu bezeigen/ die Fremden hingegen nicht selbst vor besser halten/ diese aber bey hoher Straf verbieten/ so wäre diese gefährlich scheinende metamorphosis auf einmahl geschehen. Es müsten aber auch die Teutschen die Manufacturen mit mehrern Fleiß / Munterkeit und Verstand zu treiben erlernen/ als bisher von ihnen geschehen: und das ist der andere Fehler/ den sie zu verbessern hätten. Wir sehen ein Ding offt besser: wir wissen daß es besser: wir haltens auch vor gut: doch Aberglauben/ Eigennutz und allerley nichts nützige Einstreuungen ziehen uns zurück/ daß wir soherrlichen Wegen nicht folgen wollen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [469/0517]
noch/ und die in Pohlen können nicht anderst/ als durch die Wahl auf den Thron kommen; aber seind denn deswegen keine Könige in Franckreich gewesen/ und seind auch deren keine mehr in Engelland und in Pohlen? dieses aber ist gewiß/ daß die Sachsen niemahls Könige gehabt/ und man deren Heerführer irrig vor solche zuhalten pfleget. Jedoch / nachdem Hessen eine andere Gestalt an sich genommen hat/ so muß es auch nach diesem Wesen dermahln betrachtet werden. Wahr ists/ wann dieses hohe Haus bey dem einmahl eingeführten primo genitur Rechte geblieben wäre/ so würde es an Macht vielen Teutschen Häusern/ die Wage halten können/ alleine/ durch die vorgenommene Theilungen/ seind ihm die Kräfte nicht wenig geschwächet worden / nicht anderst/ als wann ein starcker Strohm in viele Arme verleitet wird. Immittelst ist es doch noch ein gar mächtiges Haus/ welches im 30. Jährigen Kriege seinem Feinde viel zu schaffen machte. Das Darmstädtische/ ist dem Erdreich nach etwas besser/ als das Hessen-Casselische/ wiewohl es beyden an Fruchtbarkeit nicht fehlet. Es bleibet aber eine unumstößliche Wahrheit/ daß alle und jede Teutsche Provinzien in einem weit bessern/ volckreichen / nahrhafftern und florisantern Stand gesetzet werden könnten. Des bekannten Bechers seine Anschläge/ seind nicht alle zu verachten/ es dürfften auch die allermeisten gar wohl angehen/ wann wir nur erst das schädliche praejudicium ablegeten: ob stünde eine Sache/ wann sie uns nicht gleich in die Augen fällt/ oder sich sonst alsobald von selbsten schicken will / deswegen auch nicht ins Werck zurichten. Wann aber die Teutschen ihr Vaterland in rechten florisanten Stand bringen wolten/ müssen sie vornehmlich einen Hauptfehler verlernen/ einen andern aber verbessern. Jener ist die unbegreiffliche Liebe zu ausländischen Dingen und Manufacturen/ welche Teutschland jährlich mit unendlichen vielen Millionen/ so die Frantzosen und Italäner hinweg schnappen/ verbüssen und gleichsam als Accise, vor diese seine Unarth zahlen muß. Doch vielleicht müsten die Teutschen gantz umgekehret werden / wann sie sich dieses abgewöhnen solten? Nein/ sondern die Fürsten dürften nur anfangen/ vor ihre Land-Wahren eine mehrere Hochachtung zu bezeigen/ die Fremden hingegen nicht selbst vor besser halten/ diese aber bey hoher Straf verbieten/ so wäre diese gefährlich scheinende metamorphosis auf einmahl geschehen. Es müsten aber auch die Teutschen die Manufacturen mit mehrern Fleiß / Munterkeit und Verstand zu treiben erlernen/ als bisher von ihnen geschehen: und das ist der andere Fehler/ den sie zu verbessern hätten. Wir sehen ein Ding offt besser: wir wissen daß es besser: wir haltens auch vor gut: doch Aberglauben/ Eigennutz und allerley nichts nützige Einstreuungen ziehen uns zurück/ daß wir soherrlichen Wegen nicht folgen wollen.
Vid. ejusd. Scripta Varia das Commercien Wesen betreffend.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |