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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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Exempel/ nur die Nachkommen des Caroli Magni an/ die/ als sie ein eintzig mahl einander tapffer geklopffet hatten/ ungeachtet noch lange keine 200000. Mann blieben/ ja nicht einmahl die Helfte davon aufgerieben ward/ sich nachher gantz nicht wieder erhohlen kunten. Zudem/ wann die Römer einen so gewaltigen Sieg befochten gehabt/ warum wehreten sie denn dem von neuen einbrechenden Feinde nicht? und wo hätte dieser so gleich neue Kräfte wieder hernehmen können? Sind denn etwa bey denen Wenden die Menschen aus der Erden/ als wie die Schwämme ausgeschossen? Warum findet man auch nicht/ daß durch diese verlohrnen 200000 Mann/ ihr Staat wäre geschwächet worden? und waren die Wenden so dumm und einfältig/ daß sie denjenigen als einen mächtigen Gott anruffen solten/ der ihrer auf einmahl 200000. Mann auf die Schlachtbanck hingeliefert hatte. Solte man glauben können/ daß Leute/ die auch nur einen vierthel Theil Verstand hätten/ einen so elenden Helden zu einen vierthel Theil Verstand hätten/ einen so elenden Helden zu einen Gott aufwerffen würden? Also mag das gantze Vorgeben von des Radegasten Niederlage/ ein Römisches Gedichte seyn und bleiben. Doch unser Teutschland ist in so weit dreyfach unglücklicher: Einmahl/ daß unsere Vorfahren und alten Innwohner/ (obschon die Wenden keine Teutschen waren /) Niemanden gehabt/ der ihre Helden-Verrichtung auf gezeichnet/ oder wann solches ja geschehen/ so haben die abergläubischen Münche/ alles auf die Seite geschafft; Hiernechst/ daß/ nachdem selbiges Historien-Schreiber bekommen / solches allermeistens lauter ungelehrte/ abergläusche Leute gewesen/ die an statt wichtige Dinge aufzuzeichnen/ ihre Wercke fast mit nichts/ als Mährgen / erdichteten Wunder-Wercken und dergleichen Dingen angefüllet/ die wichtigsten Sachen hingegen entweder übergangen/ oder kaum mit 2. Worten berühret haben; und dann/ daß die nachherigen Zeiten/ diesen Münchischen Geschichtschreibern immer gantz unbedachtsam nachgebethe und auch noch nachbethen/ woraus dann in der Historie allerley Vorurtheile und Irthümer entstanden/ deren wir uns gleichwohl billig schämen und eine mehrere Einsicht in die alten Begebenheiten bezeigen solten. Mistaevo war ein Printz/ der von der Weichsel bis an die Weser / und von der Oder bis an die Ost-See hin herrschete. Ob dieser Mistaevo auf seine alten Tage noch ein Christ geworden/ wie die Münche vorgeben/ ist gantz ungewiß/ indem sich gar keine Wahrscheinlichkeit findet/ die solches glaubend machen könnte/ daher man am sichersten gehet/ wann man dessen bekehrung unter die Fabeln mit rechnet/ welche die Münche deswegen gedichtet/ um dadurch denen andern weiß zu machen/ wie GOtt durch sie dergleichen Wunder und Zeichen zu verrichten pflegen. Hertzog Johannes der nur der Theologus heisset/ bringet diesem hohen Hause allerdings viele Ehre ohngeachtet es an dem/ daß unser HErr GOtt die Fürsten eben nicht deswegen zu Fürsten gemacht hat/ daß sie auf Universitäten ziehen/ und daselbst Do-

Exempel/ nur die Nachkommen des Caroli Magni an/ die/ als sie ein eintzig mahl einander tapffer geklopffet hatten/ ungeachtet noch lange keine 200000. Mann blieben/ ja nicht einmahl die Helfte davon aufgerieben ward/ sich nachher gantz nicht wieder erhohlen kunten. Zudem/ wann die Römer einen so gewaltigen Sieg befochten gehabt/ warum wehreten sie denn dem von neuen einbrechenden Feinde nicht? und wo hätte dieser so gleich neue Kräfte wieder hernehmen können? Sind denn etwa bey denen Wenden die Menschen aus der Erden/ als wie die Schwämme ausgeschossen? Warum findet man auch nicht/ daß durch diese verlohrnen 200000 Mann/ ihr Staat wäre geschwächet worden? und waren die Wenden so dumm und einfältig/ daß sie denjenigen als einen mächtigen Gott anruffen solten/ der ihrer auf einmahl 200000. Mann auf die Schlachtbanck hingeliefert hatte. Solte man glauben können/ daß Leute/ die auch nur einen vierthel Theil Verstand hätten/ einen so elenden Helden zu einen vierthel Theil Verstand hätten/ einen so elenden Helden zu einen Gott aufwerffen würden? Also mag das gantze Vorgeben von des Radegasten Niederlage/ ein Römisches Gedichte seyn und bleiben. Doch unser Teutschland ist in so weit dreyfach unglücklicher: Einmahl/ daß unsere Vorfahren und alten Innwohner/ (obschon die Wenden keine Teutschen waren /) Niemanden gehabt/ der ihre Helden-Verrichtung auf gezeichnet/ oder wann solches ja geschehen/ so haben die abergläubischen Münche/ alles auf die Seite geschafft; Hiernechst/ daß/ nachdem selbiges Historien-Schreiber bekommen / solches allermeistens lauter ungelehrte/ abergläusche Leute gewesen/ die an statt wichtige Dinge aufzuzeichnen/ ihre Wercke fast mit nichts/ als Mährgen / erdichteten Wunder-Wercken und dergleichen Dingen angefüllet/ die wichtigsten Sachen hingegen entweder übergangen/ oder kaum mit 2. Worten berühret haben; und dann/ daß die nachherigen Zeiten/ diesen Münchischen Geschichtschreibern immer gantz unbedachtsam nachgebethe und auch noch nachbethen/ woraus dann in der Historie allerley Vorurtheile und Irthümer entstanden/ deren wir uns gleichwohl billig schämen und eine mehrere Einsicht in die alten Begebenheiten bezeigen solten. Mistaevo war ein Printz/ der von der Weichsel bis an die Weser / und von der Oder bis an die Ost-See hin herrschete. Ob dieser Mistaevo auf seine alten Tage noch ein Christ geworden/ wie die Münche vorgeben/ ist gantz ungewiß/ indem sich gar keine Wahrscheinlichkeit findet/ die solches glaubend machen könnte/ daher man am sichersten gehet/ wann man dessen bekehrung unter die Fabeln mit rechnet/ welche die Münche deswegen gedichtet/ um dadurch denen andern weiß zu machen/ wie GOtt durch sie dergleichen Wunder und Zeichen zu verrichten pflegen. Hertzog Johannes der nur der Theologus heisset/ bringet diesem hohen Hause allerdings viele Ehre ohngeachtet es an dem/ daß unser HErr GOtt die Fürsten eben nicht deswegen zu Fürsten gemacht hat/ daß sie auf Universitäten ziehen/ und daselbst Do-

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[395/0443] Exempel/ nur die Nachkommen des Caroli Magni an/ die/ als sie ein eintzig mahl einander tapffer geklopffet hatten/ ungeachtet noch lange keine 200000. Mann blieben/ ja nicht einmahl die Helfte davon aufgerieben ward/ sich nachher gantz nicht wieder erhohlen kunten. Zudem/ wann die Römer einen so gewaltigen Sieg befochten gehabt/ warum wehreten sie denn dem von neuen einbrechenden Feinde nicht? und wo hätte dieser so gleich neue Kräfte wieder hernehmen können? Sind denn etwa bey denen Wenden die Menschen aus der Erden/ als wie die Schwämme ausgeschossen? Warum findet man auch nicht/ daß durch diese verlohrnen 200000 Mann/ ihr Staat wäre geschwächet worden? und waren die Wenden so dumm und einfältig/ daß sie denjenigen als einen mächtigen Gott anruffen solten/ der ihrer auf einmahl 200000. Mann auf die Schlachtbanck hingeliefert hatte. Solte man glauben können/ daß Leute/ die auch nur einen vierthel Theil Verstand hätten/ einen so elenden Helden zu einen vierthel Theil Verstand hätten/ einen so elenden Helden zu einen Gott aufwerffen würden? Also mag das gantze Vorgeben von des Radegasten Niederlage/ ein Römisches Gedichte seyn und bleiben. Doch unser Teutschland ist in so weit dreyfach unglücklicher: Einmahl/ daß unsere Vorfahren und alten Innwohner/ (obschon die Wenden keine Teutschen waren /) Niemanden gehabt/ der ihre Helden-Verrichtung auf gezeichnet/ oder wann solches ja geschehen/ so haben die abergläubischen Münche/ alles auf die Seite geschafft; Hiernechst/ daß/ nachdem selbiges Historien-Schreiber bekommen / solches allermeistens lauter ungelehrte/ abergläusche Leute gewesen/ die an statt wichtige Dinge aufzuzeichnen/ ihre Wercke fast mit nichts/ als Mährgen / erdichteten Wunder-Wercken und dergleichen Dingen angefüllet/ die wichtigsten Sachen hingegen entweder übergangen/ oder kaum mit 2. Worten berühret haben; und dann/ daß die nachherigen Zeiten/ diesen Münchischen Geschichtschreibern immer gantz unbedachtsam nachgebethe und auch noch nachbethen/ woraus dann in der Historie allerley Vorurtheile und Irthümer entstanden/ deren wir uns gleichwohl billig schämen und eine mehrere Einsicht in die alten Begebenheiten bezeigen solten. Mistaevo war ein Printz/ der von der Weichsel bis an die Weser / und von der Oder bis an die Ost-See hin herrschete. Ob dieser Mistaevo auf seine alten Tage noch ein Christ geworden/ wie die Münche vorgeben/ ist gantz ungewiß/ indem sich gar keine Wahrscheinlichkeit findet/ die solches glaubend machen könnte/ daher man am sichersten gehet/ wann man dessen bekehrung unter die Fabeln mit rechnet/ welche die Münche deswegen gedichtet/ um dadurch denen andern weiß zu machen/ wie GOtt durch sie dergleichen Wunder und Zeichen zu verrichten pflegen. Hertzog Johannes der nur der Theologus heisset/ bringet diesem hohen Hause allerdings viele Ehre ohngeachtet es an dem/ daß unser HErr GOtt die Fürsten eben nicht deswegen zu Fürsten gemacht hat/ daß sie auf Universitäten ziehen/ und daselbst Do-

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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/443>, abgerufen am 23.11.2024.