Vollkommenheit. Jst Gott in mehrern Absich- ten ein verborgener Gott: so ist doch in andern Alles, was außer ihm ist, Wirkung von ihm, Offenbarung von ihm, Abdruck und Spiegel seiner Größe und Herrlichkeit.
Merke nur, o Seele, die du nach Erkennt- niß Gottes durstest, auf diese seine Offenba- rungen; horche auf die Stimme der Natur, die ihren Schöpfer verkündiget und preiset; geh den Spuren seiner Weisheit und Güte allenthalben nach; vergleiche sie mit einan- der; erhebe dich von der Wirkung zur Ur- sache, vom Werke zum Werkmeister, und schließe aus jenem auf diesen. Halte dich bey diesem Nachdenken fest an den Grundbegriff des ersten und vollkommensten Wesens, von welchem, durch welches und zu welchem alle Dinge sind; laß sich diesen Begriff immer mehr in deinem Verstande entwickeln; wende ihn auf alles, was ist und was geschieht, auf alles, was du von Gott denkest und weißt, immer sorgfältiger an; reinige dadurch deine Vorstel- lungen von diesem erhabensten Wesen immer mehr von allem, was in denselben schwach, ein- geschränkt, niedrig, menschlich ist, von allem, was Bedürfniß, Mangel, Veränderlichkeit,
Lei-
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Nachdenken über Gott ꝛc.
Vollkommenheit. Jſt Gott in mehrern Abſich- ten ein verborgener Gott: ſo iſt doch in andern Alles, was außer ihm iſt, Wirkung von ihm, Offenbarung von ihm, Abdruck und Spiegel ſeiner Größe und Herrlichkeit.
Merke nur, o Seele, die du nach Erkennt- niß Gottes durſteſt, auf dieſe ſeine Offenba- rungen; horche auf die Stimme der Natur, die ihren Schöpfer verkündiget und preiſet; geh den Spuren ſeiner Weisheit und Güte allenthalben nach; vergleiche ſie mit einan- der; erhebe dich von der Wirkung zur Ur- ſache, vom Werke zum Werkmeiſter, und ſchließe aus jenem auf dieſen. Halte dich bey dieſem Nachdenken feſt an den Grundbegriff des erſten und vollkommenſten Weſens, von welchem, durch welches und zu welchem alle Dinge ſind; laß ſich dieſen Begriff immer mehr in deinem Verſtande entwickeln; wende ihn auf alles, was iſt und was geſchieht, auf alles, was du von Gott denkeſt und weißt, immer ſorgfältiger an; reinige dadurch deine Vorſtel- lungen von dieſem erhabenſten Weſen immer mehr von allem, was in denſelben ſchwach, ein- geſchränkt, niedrig, menſchlich iſt, von allem, was Bedürfniß, Mangel, Veränderlichkeit,
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Nachdenken über Gott ꝛc.
Vollkommenheit. Jſt Gott in mehrern Abſich-
ten ein verborgener Gott: ſo iſt doch in andern
Alles, was außer ihm iſt, Wirkung von ihm,
Offenbarung von ihm, Abdruck und Spiegel
ſeiner Größe und Herrlichkeit.
Merke nur, o Seele, die du nach Erkennt-
niß Gottes durſteſt, auf dieſe ſeine Offenba-
rungen; horche auf die Stimme der Natur,
die ihren Schöpfer verkündiget und preiſet;
geh den Spuren ſeiner Weisheit und Güte
allenthalben nach; vergleiche ſie mit einan-
der; erhebe dich von der Wirkung zur Ur-
ſache, vom Werke zum Werkmeiſter, und
ſchließe aus jenem auf dieſen. Halte dich bey
dieſem Nachdenken feſt an den Grundbegriff
des erſten und vollkommenſten Weſens, von
welchem, durch welches und zu welchem alle
Dinge ſind; laß ſich dieſen Begriff immer mehr
in deinem Verſtande entwickeln; wende ihn auf
alles, was iſt und was geſchieht, auf alles,
was du von Gott denkeſt und weißt, immer
ſorgfältiger an; reinige dadurch deine Vorſtel-
lungen von dieſem erhabenſten Weſen immer
mehr von allem, was in denſelben ſchwach, ein-
geſchränkt, niedrig, menſchlich iſt, von allem,
was Bedürfniß, Mangel, Veränderlichkeit,
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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/59>, abgerufen am 23.07.2024.
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