Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Jeder Tag eine Vorbereitung


XV.
Jeder Tag eine Vorbereitung auf
die Ewigkeit.
Des Morgens.

Ja, das sagt mir Vernunft und Schrift, das
lehret mich die Natur meiner Seele, und
die mannichfaltige, innige Verbindung aller
Dinge mit einander, daß das Gegenwärtige
unauflöslich mit dem Zukünftigen verknüpft ist;
daß alles, was ich itzt denke und thue, Folgen
hat, und daß diese Folgen sich in das Unendli-
che erstrecken; daß ich dereinst einerndten werde,
was ich itzt aussäe. In Rücksicht auf die
Zukunft, auf den Stand der Vergeltung, der
auf mich wartet, ist also eigentlich nichts ganz
gleichgültig. Der gute, oder der böse Gedanke,
dem ich itzt nachhänge, die gute, oder die böse
Neigung, die ich itzt unterhalte, die gute, oder
die böse That, die ich itzt begehe, können wie-
der verdunkelt, geschwächt, vergessen werden:
aber keine Zeit kann die Spuren, die sie in
meiner Seele zurückgelassen haben, ganz aus-
löschen. Sie können nach Jahren, nach Jahr-
hunderten wieder helle, lebhaft, wirksam werden,

und
Jeder Tag eine Vorbereitung


XV.
Jeder Tag eine Vorbereitung auf
die Ewigkeit.
Des Morgens.

Ja, das ſagt mir Vernunft und Schrift, das
lehret mich die Natur meiner Seele, und
die mannichfaltige, innige Verbindung aller
Dinge mit einander, daß das Gegenwärtige
unauflöslich mit dem Zukünftigen verknüpft iſt;
daß alles, was ich itzt denke und thue, Folgen
hat, und daß dieſe Folgen ſich in das Unendli-
che erſtrecken; daß ich dereinſt einerndten werde,
was ich itzt ausſäe. In Rückſicht auf die
Zukunft, auf den Stand der Vergeltung, der
auf mich wartet, iſt alſo eigentlich nichts ganz
gleichgültig. Der gute, oder der böſe Gedanke,
dem ich itzt nachhänge, die gute, oder die böſe
Neigung, die ich itzt unterhalte, die gute, oder
die böſe That, die ich itzt begehe, können wie-
der verdunkelt, geſchwächt, vergeſſen werden:
aber keine Zeit kann die Spuren, die ſie in
meiner Seele zurückgelaſſen haben, ganz aus-
löſchen. Sie können nach Jahren, nach Jahr-
hunderten wieder helle, lebhaft, wirkſam werden,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0262" n="240"/>
          <fw place="top" type="header">Jeder Tag eine Vorbereitung</fw><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">XV.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>Jeder Tag eine Vorbereitung auf<lb/>
die Ewigkeit.<lb/><hi rendition="#g">Des Morgens.</hi></head><lb/>
              <p><hi rendition="#in">J</hi>a, das &#x017F;agt mir Vernunft und Schrift, das<lb/>
lehret mich die Natur meiner Seele, und<lb/>
die mannichfaltige, innige Verbindung aller<lb/>
Dinge mit einander, daß das Gegenwärtige<lb/>
unauflöslich mit dem Zukünftigen verknüpft i&#x017F;t;<lb/>
daß alles, was ich itzt denke und thue, Folgen<lb/>
hat, und daß die&#x017F;e Folgen &#x017F;ich in das Unendli-<lb/>
che er&#x017F;trecken; daß ich derein&#x017F;t einerndten werde,<lb/>
was ich itzt aus&#x017F;äe. In Rück&#x017F;icht auf die<lb/>
Zukunft, auf den Stand der Vergeltung, der<lb/>
auf mich wartet, i&#x017F;t al&#x017F;o eigentlich nichts ganz<lb/>
gleichgültig. Der gute, oder der bö&#x017F;e Gedanke,<lb/>
dem ich itzt nachhänge, die gute, oder die bö&#x017F;e<lb/>
Neigung, die ich itzt unterhalte, die gute, oder<lb/>
die bö&#x017F;e That, die ich itzt begehe, können wie-<lb/>
der verdunkelt, ge&#x017F;chwächt, verge&#x017F;&#x017F;en werden:<lb/>
aber keine Zeit kann die Spuren, die &#x017F;ie in<lb/>
meiner Seele zurückgela&#x017F;&#x017F;en haben, ganz aus-<lb/>&#x017F;chen. Sie können nach Jahren, nach Jahr-<lb/>
hunderten wieder helle, lebhaft, wirk&#x017F;am werden,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0262] Jeder Tag eine Vorbereitung XV. Jeder Tag eine Vorbereitung auf die Ewigkeit. Des Morgens. Ja, das ſagt mir Vernunft und Schrift, das lehret mich die Natur meiner Seele, und die mannichfaltige, innige Verbindung aller Dinge mit einander, daß das Gegenwärtige unauflöslich mit dem Zukünftigen verknüpft iſt; daß alles, was ich itzt denke und thue, Folgen hat, und daß dieſe Folgen ſich in das Unendli- che erſtrecken; daß ich dereinſt einerndten werde, was ich itzt ausſäe. In Rückſicht auf die Zukunft, auf den Stand der Vergeltung, der auf mich wartet, iſt alſo eigentlich nichts ganz gleichgültig. Der gute, oder der böſe Gedanke, dem ich itzt nachhänge, die gute, oder die böſe Neigung, die ich itzt unterhalte, die gute, oder die böſe That, die ich itzt begehe, können wie- der verdunkelt, geſchwächt, vergeſſen werden: aber keine Zeit kann die Spuren, die ſie in meiner Seele zurückgelaſſen haben, ganz aus- löſchen. Sie können nach Jahren, nach Jahr- hunderten wieder helle, lebhaft, wirkſam werden, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/262
Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/262>, abgerufen am 22.11.2024.