Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.Was heißt nachdenken? dieses alles stellen wir uns dunkler oder hellervor, und dieses alles trennen oder verbinden, billigen oder misbilligen wir in unsern Vorstel- lnngen. Und das thun wir wachend und schla- fend, wenn wir arbeiten und wenn wir ruhen, wenn wir allein und wenn wir in Gesellschaft mit andern sind. Wir denken also immer, so wie wir immer Odem hohlen, und unsre Ge- danken folgen eben so ununterbrochen auf ein- ander, als die innern uns unsichtbaren Bewe- gungen unsrer festen und flüssigen Theile. Aber gemeiniglich denken wir so geschwinde, so flüchtig, so unachtsam, daß wir es selbst kaum gewahr werden, daß wir uns dessen nicht recht bewußt sind, daß die Gedanken eben so leicht wieder verschwinden, als sie entstehen, und keine merkliche Spur von sich zurücklassen. Wir denken also sehr oft ohne nachzuden- warum
Was heißt nachdenken? dieſes alles ſtellen wir uns dunkler oder hellervor, und dieſes alles trennen oder verbinden, billigen oder misbilligen wir in unſern Vorſtel- lnngen. Und das thun wir wachend und ſchla- fend, wenn wir arbeiten und wenn wir ruhen, wenn wir allein und wenn wir in Geſellſchaft mit andern ſind. Wir denken alſo immer, ſo wie wir immer Odem hohlen, und unſre Ge- danken folgen eben ſo ununterbrochen auf ein- ander, als die innern uns unſichtbaren Bewe- gungen unſrer feſten und flüſſigen Theile. Aber gemeiniglich denken wir ſo geſchwinde, ſo flüchtig, ſo unachtſam, daß wir es ſelbſt kaum gewahr werden, daß wir uns deſſen nicht recht bewußt ſind, daß die Gedanken eben ſo leicht wieder verſchwinden, als ſie entſtehen, und keine merkliche Spur von ſich zurücklaſſen. Wir denken alſo ſehr oft ohne nachzuden- warum
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Was heißt nachdenken?
dieſes alles ſtellen wir uns dunkler oder heller
vor, und dieſes alles trennen oder verbinden,
billigen oder misbilligen wir in unſern Vorſtel-
lnngen. Und das thun wir wachend und ſchla-
fend, wenn wir arbeiten und wenn wir ruhen,
wenn wir allein und wenn wir in Geſellſchaft
mit andern ſind. Wir denken alſo immer, ſo
wie wir immer Odem hohlen, und unſre Ge-
danken folgen eben ſo ununterbrochen auf ein-
ander, als die innern uns unſichtbaren Bewe-
gungen unſrer feſten und flüſſigen Theile.
Aber gemeiniglich denken wir ſo geſchwinde, ſo
flüchtig, ſo unachtſam, daß wir es ſelbſt kaum
gewahr werden, daß wir uns deſſen nicht recht
bewußt ſind, daß die Gedanken eben ſo leicht
wieder verſchwinden, als ſie entſtehen, und
keine merkliche Spur von ſich zurücklaſſen.
Wir denken alſo ſehr oft ohne nachzuden-
ken: wir überlegen vergleichungsweiſe nur
ſelten das, was wir gedacht haben. Und eben
dieß iſt die Urſache, warum es unſern Gedan-
ken ſo oft an Licht und Leben, an Wahrheit
und Gewißheit, an Ordnung und Feſtigkeit,
und uns ſelbſt ſo oft an Ueberzeugung und
Kraft fehlet; warum wir ſo oft in unſern
Meynungen und Urtheilen ſchwanken; und
warum
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