Das sehe ich wohl ein, daß ich mich als ein Christ nicht mit einem von groben Verbre- chen freyen Wandel, nicht mit einzelnen guten Handlungen, nicht mit dem, was bey den mei- sten Menschen Tugend heißt, befriedigen darf. Nein, ich soll als ein Christ besser als andre seyn, mehr als andre thun, mich von dem gros- sen Haufen der Menschen auszeichnen, und das Licht der Welt, das Salz der Erde seyn. Mein Herz soll so rein seyn als mein Wandel; meine Gesinnungen und Neigungen sollen mit meinen Verhalten übereinstimmen. Und das zu seyn, das zu thun, wünschet meine ganze Seele. Dazu entschließe und verpflichte ich mich aufs neue vor dir, dem [All]wissenden und Allgegenwärtigen. O laß mich meines Wun- sches gewähret, laß meinen Entschluß ausge- führt werden! Begünstige die Ausführung desselben durch deine weise, gütige Vorsehung, und unterstütze mich dabey durch deine allesver- mögende, stets wirksame Kraft. Das erhabne Beyspiel meines Herrn, und der herrliche Aus- gang seines tugendhaften, gemeinnützigen Le- bens müssen mir stets vor Augen seyn. Stets müsse ich mich selbst fragen: was würde er, unser Herr, hierüber gedacht, und hiervon ge-
urtheilet;
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oder die Nachahmung Chriſti.
Das ſehe ich wohl ein, daß ich mich als ein Chriſt nicht mit einem von groben Verbre- chen freyen Wandel, nicht mit einzelnen guten Handlungen, nicht mit dem, was bey den mei- ſten Menſchen Tugend heißt, befriedigen darf. Nein, ich ſoll als ein Chriſt beſſer als andre ſeyn, mehr als andre thun, mich von dem groſ- ſen Haufen der Menſchen auszeichnen, und das Licht der Welt, das Salz der Erde ſeyn. Mein Herz ſoll ſo rein ſeyn als mein Wandel; meine Geſinnungen und Neigungen ſollen mit meinen Verhalten übereinſtimmen. Und das zu ſeyn, das zu thun, wünſchet meine ganze Seele. Dazu entſchließe und verpflichte ich mich aufs neue vor dir, dem [All]wiſſenden und Allgegenwärtigen. O laß mich meines Wun- ſches gewähret, laß meinen Entſchluß ausge- führt werden! Begünſtige die Ausführung deſſelben durch deine weiſe, gütige Vorſehung, und unterſtütze mich dabey durch deine allesver- mögende, ſtets wirkſame Kraft. Das erhabne Beyſpiel meines Herrn, und der herrliche Aus- gang ſeines tugendhaften, gemeinnützigen Le- bens müſſen mir ſtets vor Augen ſeyn. Stets müſſe ich mich ſelbſt fragen: was würde er, unſer Herr, hierüber gedacht, und hiervon ge-
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oder die Nachahmung Chriſti.
Das ſehe ich wohl ein, daß ich mich als
ein Chriſt nicht mit einem von groben Verbre-
chen freyen Wandel, nicht mit einzelnen guten
Handlungen, nicht mit dem, was bey den mei-
ſten Menſchen Tugend heißt, befriedigen darf.
Nein, ich ſoll als ein Chriſt beſſer als andre
ſeyn, mehr als andre thun, mich von dem groſ-
ſen Haufen der Menſchen auszeichnen, und
das Licht der Welt, das Salz der Erde ſeyn.
Mein Herz ſoll ſo rein ſeyn als mein Wandel;
meine Geſinnungen und Neigungen ſollen mit
meinen Verhalten übereinſtimmen. Und das
zu ſeyn, das zu thun, wünſchet meine ganze
Seele. Dazu entſchließe und verpflichte ich
mich aufs neue vor dir, dem Allwiſſenden und
Allgegenwärtigen. O laß mich meines Wun-
ſches gewähret, laß meinen Entſchluß ausge-
führt werden! Begünſtige die Ausführung
deſſelben durch deine weiſe, gütige Vorſehung,
und unterſtütze mich dabey durch deine allesver-
mögende, ſtets wirkſame Kraft. Das erhabne
Beyſpiel meines Herrn, und der herrliche Aus-
gang ſeines tugendhaften, gemeinnützigen Le-
bens müſſen mir ſtets vor Augen ſeyn. Stets
müſſe ich mich ſelbſt fragen: was würde er,
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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/205>, abgerufen am 28.07.2024.
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