Nacht und Finsterniß verbreiten sich wieder über einen beträchtlichen Theil der Be- wohner des Erdbodens; das Gedränge machet der Einsamkeit, das Geräusch der Stille, die Thätigkeit der Ruhe Platz. Millionen von Menschen werden in ihren Arbeiten, in ihren Geschäfften, in ihren Bestrebungen aufgehal- ten, stehen auf ihrem Wege stille, fühlen sich entkräftet und müde, und alles ladet sie zur größern Stille und Ruhe ein, oder nöthiget und zwingt sie dazu. Aber nicht alle, o Gott, genießen diese wohlthätige Ruhe, nicht alle sind ihres Genusses fähig. Nicht alle finden in der Stille der Nacht die Erquickung und Stär- kung, die sie dem Weisen und dem Guten ver- schaffet. Ach, der Ehrgeizige, der Rachsüch- tige, der Neidische, der Unzufriedene, der Hab- süchtige, der Eitele kennet keine Ruhe, und seine Leidenschaften martern ihn nur um so viel mehr, um so viel weniger er von äußern Din- gen zerstreuet und beschäfftiget wird. Und wie kann der, der heute Böses gethan, Gutes ge-
hindert,
H 5
Rückſicht auf den vergangenen Tag. Des Abends.
Nacht und Finſterniß verbreiten ſich wieder über einen beträchtlichen Theil der Be- wohner des Erdbodens; das Gedränge machet der Einſamkeit, das Geräuſch der Stille, die Thätigkeit der Ruhe Platz. Millionen von Menſchen werden in ihren Arbeiten, in ihren Geſchäfften, in ihren Beſtrebungen aufgehal- ten, ſtehen auf ihrem Wege ſtille, fühlen ſich entkräftet und müde, und alles ladet ſie zur größern Stille und Ruhe ein, oder nöthiget und zwingt ſie dazu. Aber nicht alle, o Gott, genießen dieſe wohlthätige Ruhe, nicht alle ſind ihres Genuſſes fähig. Nicht alle finden in der Stille der Nacht die Erquickung und Stär- kung, die ſie dem Weiſen und dem Guten ver- ſchaffet. Ach, der Ehrgeizige, der Rachſüch- tige, der Neidiſche, der Unzufriedene, der Hab- ſüchtige, der Eitele kennet keine Ruhe, und ſeine Leidenſchaften martern ihn nur um ſo viel mehr, um ſo viel weniger er von äußern Din- gen zerſtreuet und beſchäfftiget wird. Und wie kann der, der heute Böſes gethan, Gutes ge-
hindert,
H 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0143"n="121"/><divn="4"><head>Rückſicht auf den vergangenen Tag.<lb/><hirendition="#g">Des Abends.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">N</hi>acht und Finſterniß verbreiten ſich wieder<lb/>
über einen beträchtlichen Theil der Be-<lb/>
wohner des Erdbodens; das Gedränge machet<lb/>
der Einſamkeit, das Geräuſch der Stille, die<lb/>
Thätigkeit der Ruhe Platz. Millionen von<lb/>
Menſchen werden in ihren Arbeiten, in ihren<lb/>
Geſchäfften, in ihren Beſtrebungen aufgehal-<lb/>
ten, ſtehen auf ihrem Wege ſtille, fühlen ſich<lb/>
entkräftet und müde, und alles ladet ſie zur<lb/>
größern Stille und Ruhe ein, oder nöthiget<lb/>
und zwingt ſie dazu. Aber nicht alle, o Gott,<lb/>
genießen dieſe wohlthätige Ruhe, nicht alle ſind<lb/>
ihres Genuſſes fähig. Nicht alle finden in<lb/>
der Stille der Nacht die Erquickung und Stär-<lb/>
kung, die ſie dem Weiſen und dem Guten ver-<lb/>ſchaffet. Ach, der Ehrgeizige, der Rachſüch-<lb/>
tige, der Neidiſche, der Unzufriedene, der Hab-<lb/>ſüchtige, der Eitele kennet keine Ruhe, und<lb/>ſeine Leidenſchaften martern ihn nur um ſo viel<lb/>
mehr, um ſo viel weniger er von äußern Din-<lb/>
gen zerſtreuet und beſchäfftiget wird. Und wie<lb/>
kann der, der heute Böſes gethan, Gutes ge-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">hindert,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[121/0143]
Rückſicht auf den vergangenen Tag.
Des Abends.
Nacht und Finſterniß verbreiten ſich wieder
über einen beträchtlichen Theil der Be-
wohner des Erdbodens; das Gedränge machet
der Einſamkeit, das Geräuſch der Stille, die
Thätigkeit der Ruhe Platz. Millionen von
Menſchen werden in ihren Arbeiten, in ihren
Geſchäfften, in ihren Beſtrebungen aufgehal-
ten, ſtehen auf ihrem Wege ſtille, fühlen ſich
entkräftet und müde, und alles ladet ſie zur
größern Stille und Ruhe ein, oder nöthiget
und zwingt ſie dazu. Aber nicht alle, o Gott,
genießen dieſe wohlthätige Ruhe, nicht alle ſind
ihres Genuſſes fähig. Nicht alle finden in
der Stille der Nacht die Erquickung und Stär-
kung, die ſie dem Weiſen und dem Guten ver-
ſchaffet. Ach, der Ehrgeizige, der Rachſüch-
tige, der Neidiſche, der Unzufriedene, der Hab-
ſüchtige, der Eitele kennet keine Ruhe, und
ſeine Leidenſchaften martern ihn nur um ſo viel
mehr, um ſo viel weniger er von äußern Din-
gen zerſtreuet und beſchäfftiget wird. Und wie
kann der, der heute Böſes gethan, Gutes ge-
hindert,
H 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/143>, abgerufen am 22.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.