Ja, vor dir werfe ich mich in den Staub hin, und bete verstummend und schweigend an, was ich nicht fassen und begreifen kann. -- -- Ja, ich fühle deine unendliche Größe und mein Nichts; fühle den unermeßlichen Abstand, der zwischen dir und mir ist; und fühle mich von Gedanken und Empfindungen, von Ahndun- gen und Hoffnungen durchdrungen, die ich nicht auszudrücken vermag.
Gott, wer kann dich denken? Wer deine Größe und Herrlichkeit aussprechen? Was ist alles Licht und aller Glanz aller Sonnen und aller Sterne anders als ein schwacher Schatten von dir, der du im Lichte wohnest und lauter Licht bist! Was sind die größten, die erhaben- sten Gedanken, Gedanken, die ganze Welten umfaßten, gegen den Gedanken von dir, dem Schöpfer und Beherrscher aller Welten!
Doch, auch schon das Gefühl, daß du bist, daß du unendlich mehr bist, als wir denken und verstehen können, das erhebt meinen Geist über den Staub; läßt ihn seinen Ursprung von dir, dem Vater aller Geister, fühlen; und giebt und verspricht ihm mehr Freude und Seligkeit, als ihm die ganze sichtbare Welt zu geben ver- mag. Jst schon dein Thron mit einem unzu-
gängli-
F 4
Allgemeines Gebet.
Ja, vor dir werfe ich mich in den Staub hin, und bete verſtummend und ſchweigend an, was ich nicht faſſen und begreifen kann. — — Ja, ich fühle deine unendliche Größe und mein Nichts; fühle den unermeßlichen Abſtand, der zwiſchen dir und mir iſt; und fühle mich von Gedanken und Empfindungen, von Ahndun- gen und Hoffnungen durchdrungen, die ich nicht auszudrücken vermag.
Gott, wer kann dich denken? Wer deine Größe und Herrlichkeit ausſprechen? Was iſt alles Licht und aller Glanz aller Sonnen und aller Sterne anders als ein ſchwacher Schatten von dir, der du im Lichte wohneſt und lauter Licht biſt! Was ſind die größten, die erhaben- ſten Gedanken, Gedanken, die ganze Welten umfaßten, gegen den Gedanken von dir, dem Schöpfer und Beherrſcher aller Welten!
Doch, auch ſchon das Gefühl, daß du biſt, daß du unendlich mehr biſt, als wir denken und verſtehen können, das erhebt meinen Geiſt über den Staub; läßt ihn ſeinen Urſprung von dir, dem Vater aller Geiſter, fühlen; und giebt und verſpricht ihm mehr Freude und Seligkeit, als ihm die ganze ſichtbare Welt zu geben ver- mag. Jſt ſchon dein Thron mit einem unzu-
gängli-
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Allgemeines Gebet.
Ja, vor dir werfe ich mich in den Staub hin,
und bete verſtummend und ſchweigend an,
was ich nicht faſſen und begreifen kann. — —
Ja, ich fühle deine unendliche Größe und mein
Nichts; fühle den unermeßlichen Abſtand, der
zwiſchen dir und mir iſt; und fühle mich von
Gedanken und Empfindungen, von Ahndun-
gen und Hoffnungen durchdrungen, die ich
nicht auszudrücken vermag.
Gott, wer kann dich denken? Wer deine
Größe und Herrlichkeit ausſprechen? Was iſt
alles Licht und aller Glanz aller Sonnen und
aller Sterne anders als ein ſchwacher Schatten
von dir, der du im Lichte wohneſt und lauter
Licht biſt! Was ſind die größten, die erhaben-
ſten Gedanken, Gedanken, die ganze Welten
umfaßten, gegen den Gedanken von dir, dem
Schöpfer und Beherrſcher aller Welten!
Doch, auch ſchon das Gefühl, daß du biſt,
daß du unendlich mehr biſt, als wir denken
und verſtehen können, das erhebt meinen Geiſt
über den Staub; läßt ihn ſeinen Urſprung von
dir, dem Vater aller Geiſter, fühlen; und giebt
und verſpricht ihm mehr Freude und Seligkeit,
als ihm die ganze ſichtbare Welt zu geben ver-
mag. Jſt ſchon dein Thron mit einem unzu-
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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/109>, abgerufen am 22.07.2024.
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